Verräterischer RostWarum der Mars rot ist – und was das über frühere Lebensbedingungen aussagt
Der Mars ist schon viel früher «verrostet» als bisher gedacht. Der Grund: Er war in jungen Jahren deutlich feuchter als angenommen, berichten Berner Forschende.

- Eine Studie stellt bisherige Annahmen über die rote Farbe des Mars infrage.
- Gemäss der Studie enthält die Mars-Oberfläche ein spezielles Eisenoxid, was auf frühere feuchte Bedingungen hinweist.
- Die Bedingungen würden sich auch für Leben eignen.
- Eine Bestätigung erhofft man sich von Marsproben des Perseverance-Rovers.
Der Mars funkelt rötlicher am Nachthimmel als die anderen Planeten unseres Sonnensystems, das ist sogar mit blossem Auge zu erkennen. Nun zeigt eine Studie, dass der Rote Planet seine charakteristische Farbe anders und schon viel früher in seiner Geschichte angenommen hat als bislang gedacht. Und das wirft ein neues Licht auf die Frage, ob der Mars einst lebensfreundliche Bedingungen geboten hat.
Machen die Ergebnisse einstiges Leben auf dem Mars wahrscheinlicher? «Das ist immer eine heikle Frage», sagt Nicolas Thomas, Planetenforscher an der Universität Bern und Co-Autor der Studie. Denn die Arbeit befasst sich nicht direkt mit dem Leben auf unserem Nachbarplaneten. «Unsere Studie deutet aber darauf hin, dass der Mars über zwei der wichtigsten Voraussetzungen für Leben verfügte: flüssiges Wasser und stabile Umweltbedingungen, die lange genug anhielten, um eine planetenweite chemische Signatur zu hinterlassen.»
Bekannt ist, dass in genau solch einer Umgebung auf der Erde Mikroben überleben und sogar gedeihen können. «Aber geeignete Bedingungen bedeuten nicht, dass es Leben gab», sagt Thomas.
Verrostetes, eisenhaltiges Gestein zerfiel auf dem Mars zu Staub
Grundsätzlich ist die rötliche bis ockerfarbene Oberfläche des Mars auf verrostete Eisenminerale zurückzuführen, die ganz ähnlich wie eisenhaltiges Gestein auf der Erde in Anwesenheit von Wasser und Sauerstoff oxidiert, also verrostet sind. Im Laufe von Milliarden von Jahren zerfiel das verrostete Gestein samt dem enthaltenen Eisenoxid zu Staub, den Winde über den ganzen Mars verteilten und ihn rot färbten.
Bisher nahmen die Expertinnen und Experten an, dass die rote Färbung durch einen Prozess ohne flüssiges Wasser zustande kam. Bei dieser sogenannten trockenen Oxidation entsteht das Eisenoxid Hämatit. Demnach hätte sich Hämatit im Laufe von Jahrmilliarden auf einer sehr trockenen Marsoberfläche durch Reaktionen mit der Marsatmosphäre gebildet, die nur geringe Mengen Wasser und Sauerstoff enthält.
Wie Forschende um Hauptautor Adomas Valantinas von der Brown University in Providence, USA, nun in Nature Communications zeigen, hat der Mars seine rote Farbe schon vor rund drei Milliarden Jahren angenommen, als es dort wahrscheinlich eine kalte, aber ausgesprochen feuchte Periode gab, mit Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt.
Feuchte Bedingungen weiter verbreitet als bisher gedacht
«Diese Studie verändert unser Bild vom alten Mars», sagt Valantinas, der zuvor an der Universität Bern tätig war. «Die wichtigste Erkenntnis ist das weitverbreitete Vorhandensein von Ferrihydrit, einer speziellen Art von Rost, die sich nur in Verbindung mit flüssigem Wasser bildet. Da dieses Material auf dem ganzen Mars im Marsstaub vorkommt, deutet es darauf hin, dass feuchte Bedingungen weiter verbreitet waren als bisher angenommen.»
Das Team hat die Daten mehrerer Marssonden ausgewertet, darunter der Mars Reconnaissance Orbiter der US-Weltraumbehörde Nasa und Exo Mars von der Europäischen Weltraumorganisation Esa mit der unter Leitung der Universität Bern entwickelten Kamera Cassis (Colour and Stereo Surface Imaging System). Die Daten aus der Marsumlaufbahn ergänzten die Forschenden mit Messungen mehrerer Marsrover vor Ort und mit Laboranalysen von synthetischen, marsähnlichen Materialien.
Nachbildung des Marsstaubs im Labor
«Wir haben versucht, im Labor eine Nachbildung des Marsstaubs mit verschiedenen Arten von Eisenoxid herzustellen», sagt Valantinas. «Wir fanden heraus, dass Ferrihydrit gemischt mit Basalt, einem vulkanischen Gestein, am besten zu den Mineralien passt, die von Raumfahrzeugen auf dem Mars gesehen wurden.»

Diese Arbeit zur Bedeutung von Ferrihydrit sei wichtig, «da der feinkörnige Staub, der dem Mars seine rote bis ockerfarbene Färbung verleiht, auf seiner Oberfläche nahezu allgegenwärtig und gut durchmischt ist», sagt Paolo Angelo Sossi, Assistenzprofessor am Departement für Erd- und Planetenwissenschaften der ETH Zürich, der nicht an der Studie beteiligt ist. Dafür liefert die Studie eine plausible Erklärung, aber noch mehr: «Da die Bedingungen, unter denen sich Ferrihydrit bilden kann, bezüglich Temperatur, Wasseraktivität, pH-Wert und weiteren Faktoren genau festgelegt sind, gibt dies Aufschluss über die Art der Flüssigkeiten, die auf dem frühen Mars vorhanden waren.»
Zu den Stärken der Studie gehört laut Sossi eine experimentelle Überprüfung, warum Ferrihydrit unter den heutigen trockenen Bedingungen für Milliarden Jahre auf dem Mars stabil war und sich nicht etwa in Hämatit umgewandelt hat. Die Interpretation der im Labor und mit den Raumsonden gewonnenen Spektraldaten der Eisenoxide sei aber nicht ganz eindeutig, was einen gewissen Interpretationsspielraum offenlasse.
Rückführung von Marsproben soll Studie bestätigen
«So aufregend die neuen Erkenntnisse auch sind: Wir sind uns bewusst, dass unsere Ergebnisse erst durch Proben vom Mars, die derzeit vom Perseverance-Rover der Nasa gesammelt werden, verifiziert werden können», sagt Co-Autor Jack Mustard von der Brown University. «Wenn wir diese Proben zurückbekommen, werden wir definitiv überprüfen können, ob unsere Theorie vom Ferrihydrit stimmt.»
Ob, wie genau und wann die vom Perseverance-Rover auf der Marsoberfläche abgelegten Probenbehälter eingesammelt und zur Erde gebracht werden sollen, ist wegen Finanzierungsproblemen der Mission «Mars Sample Return» allerdings unklar.
Es muss also noch bestätigt werden, ob die rötliche Farbe des Mars nun definitiv eine neue Bedeutung hat. Nichtsdestotrotz lohnt sich aktuell ein Blick in den dunklen Abendhimmel. Denn dort ist nicht nur der Rote Planet gut am südwestlichen Himmel zu sehen. Er wird sogar von allen restlichen sechs Planeten begleitet – so lässt sich vor allem im Vergleich zu Venus und Jupiter sehr gut sehen, wie rötlich der Mars funkelt.

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