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TV-Kritik zur deutschen Talkshow
Markus Lanz und Robert Habeck sind wie füreinander geschaffen

Unterhaltungsglück: Markus Lanz (l.) befragt den müden Robert Habeck, der zur Bestform aufläuft. 
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Jenes höhere Wesen, das wir alle heimlich verehren, der Fernsehgott also, hat dem nachtaktiven Zuschauer endlich wieder ein Traumpaar beschert: Markus Lanz und Robert Habeck sind wie füreinander geschaffen. Der eine stellt gut vorbereitete Fragen, fasst aber auch gern an die Herznaht, der andere antwortet mit Ausführungen, wie sie nüchterner und staatsmännischer nicht sein könnten.

Beim jüngsten ihrer zunehmend vertraulicher werdenden Tête-à-Têtes hatte Lanz das Glück, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht etwas mehr als 24 Stunden zuvor die Verabschiedung des sogenannten Heizungsgesetzs untersagt hatte.

Teil des Glücks war, dass Habeck auf eine unheimlich dekorative Art müde war, aber gerade damit zur Habeckbestform auflief. Lanz konnte also klassisch-investigativ fragen: «Was macht das mit Ihnen?», und vom Wirtschaftsminister ganz klassisch keine Antwort bekommen.

Für Habeck war der Spruch aus Karlsruhe «kein Beinbruch» und «o-keh», schliesslich handele es sich um ein «tief durchdiskutiertes Gesetz», das von allen drei Koalitionsparteien getragen sei. Dann eben nach der Sommerpause. Lanz fasste unerschrocken nach, fragte, ob Habeck sich in dem endlosen Gestreite nicht allein gefühlt habe. Nein, hatte Habeck nicht. Lanz wies schelmisch darauf hin, dass er seinen liebsten Partner doch ein bisschen kenne, und wusste es besser: «Das glaube ich Ihnen nicht.» Habeck lächelte so sphingenhaft, wie das diesseits von Ägypten nur möglich ist. Als einziges Zugeständnis kam ein halbes Biermann-Zitat: Nur verhärten dürfe man sich nicht.

Lanz provozierte immer ein bisschen und beschwor aus Freude an dem Wort gleich zweimal das «Verhetzungspotenzial» bei Habecks Vorhaben.

Das Spiel ging weiter, und die beiden spielten es meisterhaft. Lanz provozierte immer ein bisschen, stellte Talkshowmoderatorenfragen wie «Haben Sie das Land überfordert?» oder «Haben Sie das falsch angefasst?» und beschwor aus Freude an dem Wort gleich zweimal das «Verhetzungspotenzial» bei Habecks Vorhaben. Der hatte ebenfalls einen Neologismus parat und wünschte sich nicht mehr Demokratie oder Zukunft oder sonst was Idealistisches, sondern «mehr Standortpatriotismus».

Je weiter sich die beiden bei ihrem Paartanz im Sitzen eingroovten, desto helmutschmidthafter wurde Habeck, wurde der Macher, der bereitwillig Einblick gibt in das, was er alles unternimmt, um die Stahlindustrie und die chemische Industrie und erst recht die Halbleiterindustrie zu fördern, Cluster und Wertschöpfungsketten aufzubauen, «um das Land und den Kontinent ein Stück robuster zu machen».

Man war ja schliesslich unter sich, deshalb liess Habeck schon auch durchblicken, dass er mindestens das Gewicht der Welt schultert.

Was draussen an Zumutungen an ihn heranbrandete, was musste es ihn scheren? «Jammern ohne Lösung» ist nichts für ihn. Friedrich Merz, der gerade die Grünen als Hauptgegner der Union bezeichnet hatte, bekam den subtilsten Magenschwinger seiner Laufbahn, als der Vizekanzler von diesem Brunftschrei meinte, der sei offensichtlich «in einem Moment intellektueller Schwäche» entstanden. Fast wäre dabei untergegangen, dass Habeck bei aller Liebe zum koalitionären Frieden mit der Begründung für Schwarz-Grün warb, die «unterschiedlichen Milieus» würden gesellschaftlich so viel abdecken.

Man war ja schliesslich unter sich, deshalb liess Habeck schon auch durchblicken, dass er mindestens das Gewicht der Welt schultert – unbedankt natürlich, aber wer nicht bereit sei, seine Popularität aufs Spiel zu setzen, könne auch zu Hause bleiben. Die vorliegenden Aufgaben seien «so ernst, dass man sich am liebsten davonstehlen» wolle. Das war der Einsatz für Lanz: Ob er, Habeck, vielleicht selber dran gedacht habe, «alles hinzuschmeissen»? Nein, hat er natürlich nie.