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Papablog: Sexualisierte Gewalt
Manche Gespräche müssen sein

Aufklären, um zu beschützen: Denn Gewalt zu tabuisieren, ist keine Lösung.
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Jetzt ist meine grosse Tochter also genau in dem Alter, vor dem mich alle immer gewarnt haben. Kino, Fernsehen, Zeitschriften, Bekannte und Verwandte – von vielen Seiten wurde ich immer wieder darauf hingewiesen, wie schlimm es insbesondere für einen Vater sei, eine pubertierende Tochter zu haben. Mit «so einer jungen Frau» wegen «du weisst schon», gefolgt von bedeutungsschweren Blicken. Mein Kollege Markus Tschannen hat im letzten Jahr schon sehr deutlich darauf hingewiesen, wie uncool, um nicht zu sagen frauenverachtend es ist, heranwachsende Jungen zu ihrer Geschlechtsreife zu gratulieren, während man die von Mädchen problematisiert.

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Und auch ich bin schon seit geraumer Zeit überhaupt kein Fan davon, wenn sich Väter als die Türsteher der Sexualität ihrer Töchter aufspielen beziehungsweise die Gesellschaft das von ihnen verlangt. Die «Regeln für ein Date mit meiner Tochter», die im Internet und auf T-Shirts kursieren, das Bild des bewaffneten, gewaltbereiten Vaters, der die potentiellen Verehrer seiner Tochter mit Drohungen überzieht, das alles repräsentiert mich nicht. Hier gelten andere Regeln:
Ihre Regeln.

Eklige Täter-Opfer-Umkehr

Insbesondere von Männern fällt die Reaktion darauf in Gesprächen und Kommentaren oft fassungslos bis feindselig aus: Die Welt sei kein Wunschkonzert. Ich würde schon sehen, was ich davon hätte. Auf der einen Seite entspricht diese Reaktion einer ebenso vorhersehbaren wie abstossenden Täter-Opfer-Umkehr. Einmal mehr geht es ihr darum, bei Frauen und Mädchen ein Verhalten anzumahnen, das sie vor sexualisierter Gewalt schützen soll. Tu dies nicht, tu das nicht, zieh dich nicht so an, geh nicht so spät raus, verhalte dich nicht so aufreizend.

Anstatt also daran zu arbeiten, wirklich allen unmissverständlich klarzumachen, dass man(n) so etwas nicht tut, wird wieder darüber geredet, dass und wie man so etwas nicht mit sich tun lässt. Auf der anderen Seite sind die Warnungen sehr berechtigt. Die Welt ist tatsächlich kein Wunschkonzert, sexualisierte Gewalt insbesondere gegen Frauen und Mädchen ist ein ubiquitäres, globales Problem.

Niemand hat das Recht, dich gegen deinen Willen anzufassen.

Das nicht zu thematisieren, ist auch keine Lösung. Die Herausforderung besteht also darin, die Fakten auf den Tisch zu legen, ohne Panik und den Eindruck zu verbreiten, es sei die Aufgabe von Frauen und Mädchen, sich besonders zu schützen. Mir geht es da wie vermutlich den meisten von Ihnen: Ich hab da überhaupt keinen Bock drauf. Am liebsten wäre mir, es gäbe das Problem gar nicht. Aber so weit sind wir leider noch lange nicht. Unter anderem auch deshalb, weil nachvollziehbarerweise kaum jemand darüber sprechen will. Mir persönlich hat es geholfen, eine Konversation über diese Themen schon sehr viel früher zu etablieren. Und zwar unter Einbeziehung meiner Jungs. Nicht zuletzt deshalb, weil auch Jungen viel zu häufig Opfer (sexualisierter) Gewalt werden. Deswegen lautet die wichtigste Regel schon von Kindesbeinen an:

Niemand hat das Recht, dich gegen deinen Willen anzufassen. Niemand. Ja, auch Mama und Papa nicht. Und weil die Regel für alle gilt, hast du auch nicht das Recht, andere gegen ihren Willen anzufassen.

Für mich war und ist das eine gute Grundlage für spätere, sehr viel komplizierte Gespräche, die ich am liebsten gar nicht hätte, aber eben doch führen muss. Weil man für Gewalt niemals die Schuld bei den Opfern suchen sollte, und trotzdem darüber reden und davor warnen muss, dass es sie gibt.