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Unterbesetzte Polizeikorps
Luzern schliesst alle Polizeiposten – wegen Fussballfans

Polizisten marschieren in die Swisspor-Arena Luzern: FCL-Spiele erfordern eine hohe Polizeipräsenz. 

Portemonnaie gestohlen oder Fahrrad kaputt geschlagen? Wer nächste Woche Hilfe bei der Luzerner Polizei sucht, steht ab Mittwoch im ganzen Kanton vor verschlossenen Türen. Bis und mit Freitag werden sämtliche Polizeiposten geschlossen. Der Grund: Fussball. Besser gesagt, der heimische FC Luzern (FCL).

«Um die Sicherheit an den Meisterschaftsspielen sowie zusätzlich bei den Spielen des FC Luzern in der Qualifikation zur Uefa Conference League zu gewährleisten, sind grosse Polizeiaufgebote notwendig», argumentiert die Polizei. Am Donnerstag nämlich findet das Spiel gegen den schottischen Club Hibernian statt.

Zwar wird die Luzerner Polizei bei internationalen Spielen vom Zentralschweizer Polizeikonkordat unterstützt. Über 30 Polizistinnen und Polizisten aus den umliegenden Kantonen werden die Luzerner verstärken. Und es findet an jenen drei Tagen lediglich ein einziges Spiel statt. Trotzdem hat das Polizeikorps zu wenig Leute, um die Polizeiposten zu bedienen.

«Für uns ist das die mildeste Massnahme mit den geringsten Auswirkungen auf die Sicherheit.»

Justiz- und Sicherheitsdirektorin Ylfete Fanaj

Nur am Mittwochvormittag bleiben noch ein paar wenige Posten geöffnet. Ab Nachmittag müssen sich die Luzernerinnen und Luzerner in einem Notfall per Telefon an die Polizei wenden.

Über 1000 Fans reisen nach Luzern

«Internationale Spiele bedeuten für uns das Dreifache an Aufwand, verglichen mit einem normalen Spiel», sagt Polizeikommandant Adi Achermann. Das Spiel gegen die Schotten wurde als Hochrisikospiel eingestuft. Über 1000 Fans sollen anreisen. Diese kommen schon am Vortag, sind abends unterwegs, Zusammenstösse mit heimischen Fans sind nicht selten. «Das ist extrem herausfordernd, wenn man schon eine angespannte Personaldecke hat.»

Wie auch anderen Schweizer Polizeikorps fehlt es den Luzernern an Personal. Deshalb hat der Kantonsrat vergangenen Herbst die Aufstockung um 118 Vollzeitstellen bis 2030 bewilligt. Doch bis diese gefunden und ausgebildet sind, dauert es. 

Die neue Justiz- und Sicherheitsdirektorin Ylfete Fanaj steht hinter dem Entscheid, wie sie an einer Medieninformation bekräftigte. «Für uns ist das die mildeste Massnahme mit den geringsten Auswirkungen auf die Sicherheit.»

Die Luzerner Regierungsrätin Ylfete Fanaj (SP) hat für September einen runden Tisch einberufen, um sich mit allen Akteuren über Fangewalt auszutauschen.

Denn auch wenn die Posten wichtig seien, «sie sind nicht das dringlichste Geschäft», so Achermann. Entscheidend sei, dass die Polizei keine Abstriche bei den Patrouillen mache. «Sie sind es, die in Not Hilfe leisten und jederzeit ausrücken können.»

Geschlossene Gästesektoren halten Fans nicht fern

Die Postenschliessung erfolgt zu einem Zeitpunkt, wo Fussballfans und Ausschreitungen sowieso schon schweizweit die Gemüter erhitzen: zuletzt am Sonntag, als Hunderte Fans des FC Luzern nach St. Gallen reisten, obwohl der Gästesektor wegen wiederholter Ausschreitungen geschlossen war. Das ist an sich nicht verboten. 

Doch sie zündeten Pyros – in unmittelbarer Nähe von Familien. Gemäss der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren (KKJPD) hatten sich die FCL-Fans schon während der Anreise unangenehm verhalten und Züge beschädigt.

Luzerner Fans am Sonntag, 6. August, neben dem gesperrten Gästesektor im Spiel zwischen dem FC St. Gallen und dem FC Luzern im Kybunpark.

Auf Konsequenzen verzichtete die KKJPD allerdings. Was der Konferenz Kritik einbrachte. Adrian Wüthrich, Präsident des Berner Polizeiverbands, nannte es im «Blick» unbegreiflich, «dass die KKJPD bei klaren Regelverstössen nicht die Gelbe Karte zückt». 

Auch der Verband Schweizerischer Polizei-Beamter fordert Sanktionen gegen gewalttätige Fans. Präsidentin Johanna Bundi Ryser sagt auf Anfrage: «Man muss die Probleme in den Fansektoren in den Griff bekommen. Dazu gehört, dass man sie eruiert und zur Rechenschaft zieht.» Es brauche harte Strafen. «Nur so lernen die das.»

Karin Kayser-Frutschi, Co-Präsidentin der KKJPD, kann die Rufe nach Sanktionen zwar verstehen. «Aber Massnahmen müssen stets auch umsetzbar und verhältnismässig sein.» Generell müssten die Behörden den Fans stets den Dialog zumindest anbieten. Und sich mit den Clubs und der Swiss Football League absprechen und möglichst gemeinsam vorgehen. «Wir müssen noch etwas durchhalten», sagt Kayser-Frutschi. Schliesslich will die KKJPD bis Ende Jahr etwa die Richtlinien für personalisierte Tickets vorlegen.

In Luzern will man nicht länger darauf warten. Die Mitte-Partei des Kantons Luzern hat eine kantonale Volksinitiative mit Massnahmen gegen Fangewalt lanciert. «Wir haben offensichtlich ein Problem mit der Sicherheit an Fussballspielen, und das ist gefährlich», sagt Mitte-Ständerätin und Sicherheitspolitikerin Andrea Gmür. Die Postenschliessung ist aus ihrer Sicht «ein extremes Alarmzeichen dafür, dass wir dringend handeln müssen».