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Luzern wählt Ylfete Fanaj
Erstmals ist eine Frau mit kosovarischen Wurzeln in einer Kantonsregierung

Ylfete Fanaj hat den Sprung in die Exekutive geschafft. Sie ist die Antithese zum bisherigen Männerclub in der Luzerner Regierung.
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Zwei Regierungsratssitze waren im Innerschweizer Kanton im zweiten Wahlgang vom 14. Mai noch zu besetzen. Erwartungsgemäss kann SVP-Kandidat Armin Hartmann den Sitz für die Bürgerlichen verteidigen. Er erzielt laut dem provisorischen Schlussresultat vom Sonntag Nachmittag 51’078 Stimmen. 

Den zweiten Sitz erobert Ylfete Fanaj mit 45’053 Stimmen und gewinnt damit den Kampf gegen ihre härteste Gegnerin Claudia Huser. Die Grünliberale liegt 5379 Stimmen zurück und kommt damit auf 39’674 Stimmen.

Die kleinste Fraktion im Kantonsparlament konnte nicht genügend Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager für ihre Kandidatin gewinnen. Mitgeholfen hat sicherlich auch, dass die wählerstärkste Luzerner Partei, die Mitte, neben dem SVP-Kandidaten auch Fanaj unterstützte. Damit zieht die SP nach acht Jahren Absenz wieder in die Regierung des Innerschweizer Kantons ein.

Ihr Vater arbeitete als Saisonnier

Wer ist Ylfete Fanaj, welche zusammen mit der am 2. April gewählten Mitte-Politikerin Michaela Tschuor die Zeit der Männerregentschaft in Luzern beendet und die Antithese zum bisherigen Männerclub ist? Sie ist jung und eine Seconda. In Kosovo geboren, kam sie mit 9 Jahren in die Schweiz, weil ihr Vater als Saisonnier hier arbeitete. «Das Einzige, was zählt, ist mein Leistungsausweis. Je weniger ich meine Herkunft thematisiere, desto selbstverständlicher wird sie», betonte sie während des Wahlkampfs. 

Parteimitglieder feiern die Wahl von Ylfete Fanaj in den Luzerner Regierungsrat.

Was nicht heisst, dass sie ihre Herkunft negiert. Im Gegenteil: Als ihre Ratskolleginnen und Ratskollegen sie vor drei Jahren zur höchsten Luzernerin wählten, sagte sie zum erreichten Glanzresultat: «Mit Ihrer Stimme haben Sie aus Ihrer Mitte eine Präsidentin gewählt, die nicht in der Schweiz geboren ist.» In dieser Zeit hat sie eine Gastreihe im Kantonsrat initiiert, bei der sich an jeder Session eine Person von aussen in einer kurzen Rede ans Plenum wendet. Menschen, die sonst selten in der Öffentlichkeit stehen, wie zum Beispiel ein Mann mit einer psychischen Erkrankung, ein Geflüchteter aus Syrien, eine Queer-Frau und ein 9-jähriges Kind.

Zum kantonalen Jubiläum des Frauenstimmrechts rief Fanaj einen überparteilichen Verein ins Leben, der rund ums Jubiläum 35 Veranstaltungen koordinierte. Und als der Strassenstrich in Luzern ins Industriequartier verschoben wurde, gründete sie einen Verein, der vor Ort die Sexarbeitenden berät und deren Interessen vertritt. 

«Unser Kanton ist modern und vielfältig, das muss auch in der Regierung sichtbar werden.»

Ylfete Fanaj

Was ist Fanajs Antrieb, Politik zu machen? Die 40-jährige Fanaj politisiert seit fünfzehn Jahren. Zuerst im Luzerner Stadtparlament, danach als Kantonsrätin und SP-Fraktionschefin, dann als Kantonalpräsidentin. «Ich will mitgestalten.» Ideen einbringen, mitreden, das Bild von Luzern verändern.

Die beiden neuen Mitglieder der Luzerner Kantonsregierung: Armin Hartmann (SVP) und Ylfete Fanaj (SP) feiern den Einzug in die Regierung nach dem zweiten Wahlgang.

Sie meint damit wohl das Bild des traditionellen konservativ-katholischen Luzern. «Unser Kanton ist modern und vielfältig, das muss auch in der Regierung sichtbar werden.» Sie, die in der Stadt wohnt, aber in Sursee aufgewachsen ist, schätzt die Kleinräumigkeit Luzerns. «Hier kennt man sich auf der Strasse.» Es ist offensichtlich: Die studierte Sozialarbeiterin liebt ihren Kanton.

Judith Stamm als Vorbild

Als Vorbild nennt Fanaj die frühere CVP-Nationalrätin Judith Stamm, die kürzlich im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Mit ihr habe sie sich regelmässig zum Kaffee getroffen. Nach dem Ende des Kantonsratspräsidiums habe sie Fanaj gefragt: «Und was machst du jetzt?» Fanaj erzählt, dass Stamm immer grossen Respekt vor den Meinungen anderer hatte, stets genau zuhörte und sie immer in ihren Vorhaben bestärkte, egal, was sie sich vorgenommen hatte. «Auf meinem Weg gab es viele Türöffnerinnen», sagt Fanaj. Und fügt an: «Ohne Unterstützung geht es nicht.»

Hört man sich bei ihren Freunden und Gegnerinnen um, erfährt man, dass Fanaj eine Macherin sei, eine Fleissige. Und eine, die sich viel zu oft zurücknehme. Als zu bescheiden wird sie beschrieben. Konziliant. Unaufgeregt. Typisch schweizerisch eben. «Wenn sie etwas verspricht, dann macht sie es», sagen einige.

Sie hat im Wahlkampf versprochen, sich für den Ausgleich einzusetzen. Fanaj versteht darunter die politische Balance zwischen Ressourcen und Lasten, zwischen Stadt und Land, zwischen den Gewalten, den Sprachregionen, den parteipolitischen Haltungen. Daran wird man ihre neue Tätigkeit in der Exekutive messen.