Luzerner KriminalgerichtKnapp 9 Jahre Haft und Verwahrung für 74-Jährigen wegen sexueller Handlungen mit Kindern
Der Mann soll mehrere minderjährige Knaben über Jahre hinweg sexuell ausgebeutet sowie Menschenhandel betrieben haben.
Das Luzerner Kriminalgericht hat am Mittwochabend einen 74-jährigen Schweizer zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 11 Monaten verurteilt. Zusätzlich ordnete das Gericht eine Verwahrung an, da beim Beschuldigten eine hohe Rückfallgefahr besteht.
«Die Rückfallgefahr ist sehr hoch, da der Beschuldigte bis heute nicht einsieht, welches Leid er verursacht hat», sagte die Richterin bei der Urteilsverkündung. Er sehe sich selbst als Opfer, das in die Fänge der Justiz geraten sei.
Bereits 2006 war der Beschuldigte wegen sexueller Nötigung zweier Kindern straffällig geworden. Damals wurde von einer Verwahrung abgesehen im Sinne einer «allerletzten Chance», so die Richterin. «Diese Chance hat er nicht genutzt.» Nur die Verwahrung sei eine angemessene Sanktion.
Der Beschuldigte muss auch die Opfer für seine Taten entschädigen. Dem Jungen, den er laut Richterin am meisten missbraucht hat, muss er 20’000 Franken bezahlen. Zwei weitere Jungen sollen jeweils 15’000 Franken erhalten. Für die restlichen Betroffenen, die er über Videoanrufe sexuell ausbeutete, wurde eine Entschädigung von je 2000 Franken festgelegt.
Beschuldigter am «System» beteiligt
Der Beschuldigte gestand am Prozess vom Dienstag ein, mit zwei der insgesamt acht Kinder sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Den Tatbestand des Menschenhandels bestritt er, denn «er könne schliesslich nicht mit sich selber handeln». Weiter wehrte er sich gegen den Vorwurf der sexuellen Nötigung.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn, die Kinder aus der Slowakei über Facebook-Messenger «bestellt» zu haben. Diese seien dann zu ihm nachhause «geliefert» worden, wo er sie zwischen ein bis drei Wochen beherbergte.
Das Gericht sah den Tatbestand des Menschenhandels als erfüllt an. Der Beschuldigte habe ein System ausgenutzt, das darauf ausgelegt sei, Familien aus prekären Verhältnissen auszubeuten, sagte die Richterin. Er habe sich mit den «Vermittlern» über die Dauer der Aufenthalte sowie die Bezahlung ausgetauscht.
Auch die sexuelle Nötigung sah das Gericht als gegeben an. Die Kinder, die kein Deutsch sprachen, befanden sich in einem fremden Land und waren massivem psychischen Druck ausgesetzt, sagte die Richterin. Diese Drucksituation nutze der Beschuldigte aus. Er drohte damit, die Kinder aus der Wohnung zu werfen oder ihnen das Handy wegzunehmen, wenn sie nicht gehorchten.
«Keine Reue feststellbar»
Neben dem Menschenhandel und der sexuellen Nötigung sprach das Gericht den Beschuldigten auch in den restlichen Tatbeständen schuldig: der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen, der Erstellung von Pornografie sowie der Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Daraus ergibt sich ein Strafmass von 8 Jahren und 11 Monaten unter Anrechnung der bereits geleisteten Untersuchungshaft seit 2022.
Der Beschuldigte sei nicht von Beginn weg geständig gewesen, sagte die Richterin weiter. Er gestand erst, als sich die Beweislage zuspitzte. Es sei keine Reue feststellbar gewesen und manchmal habe es so gewirkt, als wolle er die Opfer mitverantwortlich machen.
Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren mit Verwahrung gefordert. Der Verteidiger eine Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren sowie eine ambulante antiandrogene Therapie. Bei der Therapie werden mittels einer Spritze die männlichen Sexualhormone unterdrückt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.