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EU bestraft Weissrussland
Lukaschenko sieht sich als Opfer einer Verschwörung

Sieht sich als Opfer einer Verschwörung: Der weissrussische Diktator Alexander Lukaschenko. 
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Alexander Lukaschenko spricht jetzt ständig über die EU-Sanktionen gegen sein Regime. Der weissrussische Diktator nennt sie «Erpressung», vergleicht sie mit einer militärischen «Strafoperation». Wenn er dieser Tage auftritt, erzählt er den Zuhörern davon, wie der Westen ihn stürzen wolle. Es sei ein Krieg im Gange, sagte Lukaschenko bei einem dieser Auftritte vergangene Woche. Niemand hatte erwartet, dass ihn die Sanktionen vernünftig machen würden. Seine Rhetorik verrät aber, wie sehr sie ihn treffen.

Die Massnahmen, die die EU vor knapp zwei Wochen beschlossen hat, unterscheiden sich von früheren Sanktionen gegen das Regime. Sie betreffen diesmal ganze Branchen, die Herstellung von Tabakwaren etwa, die Ölindustrie, die für Weissrussland so wichtige Kali-Düngemittel-Produktion. Diese Sanktionen werden Lukaschenko zwar noch nicht so bald in Schwierigkeiten bringen. Aber sie nagen langfristig an den wirtschaftlichen Stützen seines Regimes.

Die Schweiz hat die EU-Sanktionen jeweils mit Verspätung nachvollzogen. Erst gestern hat sie 78 Personen und sieben Unternehmen der Sanktionsliste hinzugefügt, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft mitteilte. Unter den Betroffenen ist auch der Sohn von Machthaber Alexander Lukaschenko, Dmitri Alexandrowitsch Lukaschenko. Damit folgt die Schweiz den EU-Staaten, die sich am Montag vergangener Woche auf ähnliche Sanktionen geeinigt hatten

Lukaschenko will ein Opfer sein

Lukaschenko wird wegen der Sanktionen nicht einlenken, politische Gefangene freilassen oder Neuwahlen ansetzen. «Es gibt praktisch keine europäischen Sanktionen, die Lukaschenkos Verhalten direkt beeinflussen können», hatte der weissrussische Politologe Artjom Schraibman dem europäischen Carnegie-Zentrum gesagt, bevor sie beschlossen waren. Lukaschenko werde eher versuchen, den Westen für jede wirtschaftliche Krise in Weissrussland verantwortlich zu machen und darauf hoffen, dass Moskau ihn wieder einmal herauskauft.

Es ist gekommen, wie es der Experte vorhergesagt hat. Lukaschenko setzt auf volle Konfrontation mit der EU und auf Schulterschluss mit Moskau. Er drohte mit Gegensanktionen gegen westliche Firmen, ohne konkret zu werden. Das Aussenministerium in Minsk, so sagte der Diktator, «müsse aktiver auf alle unfreundlichen Aktionen gegen Weissrussland reagieren». Viele Mittel hat sein Regime dafür nicht mehr, die meisten Verbindungen in den Westen hat er bereits abgerissen.

Das Gerede von der Verschwörung

Lukaschenko behauptete seit Monaten, dass westliche Mächte ihn stürzen wollten. Diese Rhetorik hat sich seit dem Sanktionsbeschluss verschärft: Ende voriger Woche sagte Lukaschenko, sein Geheimdienst habe eine Terrorzelle aufgedeckt, die von Deutschland, Litauen, Polen, der Ukraine und den USA unterstützt werde. Genau von jenen Ländern also, die derzeit am lautesten Kritik an seinem Regime üben.

Das EU-Abkommen «Östliche Partnerschaft» setzte Minsk aus – und damit den gemeinsamen Kampf gegen illegale Migration. Vor allem Litauen klagt darüber, dass die weissrussischen Behörden Migranten nach Litauen schleusten. Am Freitag rief Vilnius den Notstand aus, weil die Flüchtlingszahlen auf etwa 150 am Tag gestiegen waren. Er werde «keine Migranten mehr vor der Grenze aufhalten», sagte Lukaschenko, «wir haben weder das Geld noch die Kraft dazu – wegen eurer Sanktionen».

Er teilt in alle Richtungen aus

Beinahe zeitgleich ordnete der Machthaber an, die weissrussische Grenze Richtung Ukraine zu schliessen. Von dort sei eine «unglaubliche Menge an Waffen» nach Belarus gelangt. Waffen, die laut Lukaschenko angeblich auch gegen sein Regime eingesetzt werden sollen. Das ukrainische Aussenministerium nannte die Vorwürfe «haltlos». Es scheint, als teile der Diktator nun einfach in alle Richtungen aus.

Sein wichtigster Adressat dürfte dabei in Moskau sitzen. Lukaschenko stellt sich gegenüber dem Kreml als Bollwerk gegen den Westen dar – und bekommt dafür Schützenhilfe. Als Lukaschenko vor drei Monaten behauptete, der US-Geheimdienst CIA habe einen Anschlag auf ihn geplant, nahm der russische Geheimdienst FSB zwei weissrussische Oppositionelle beim Mittagessen in Moskau fest, die dahinterstecken sollten. Am Mittwoch wurde bekannt, wer sie sind: Alexander Fetuda war in den Neunzigerjahren Sprecher Lukaschenkos, fiel aber in Ungnade. Der mit ihm festgenommene Jurist Juras Siankowitsch hat neben dem weissrussischen auch einen US-amerikanischen Pass.

Die EU-Sanktionen hat Präsident Wladimir Putin als «einseitig» und «illegitim» verdammt, Lukaschenko sicherte er seine Solidarität zu. Von ihr hängt letztlich ab, wie lange sich Lukaschenko noch an der Macht halten kann.