Leonardo da Vincis Meisterwerk Umweltaktivistinnen besprühen «Mona Lisa» im Louvre
Das wohl berühmteste Bild der Welt ist ins Visier von Umweltschützern geraten. Als Wurfgeschoss diente Suppe.
Sonntagmorgen im Louvre, noch ist das Museum nicht voll. Das liegt vielleicht auch daran, dass sie gerade die Eintrittspreise erhöht haben – und nicht zu knapp: von 15 auf 22 Euro. Doch in der Salle des États, wo das berühmteste Bild der Welt hängt, Leonardo da Vincis «Mona Lisa» aus dem 16. Jahrhundert, die «Gioconda», wie es die Italiener nennen, kommt bald viel Aufregung auf.
Zwei Aktivistinnen werfen orangefarbene Suppe auf das Bild, das seit 2005 von einem Panzerglas geschützt wird, die Suppe tropft am Glas ab. Dann bauen sich die Frauen hinter der Absperrung auf, die rechte Hand erhoben, eine skandiert mit nervös zitternder Stimme: «Was ist wichtiger – die Kunst oder das Recht auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung? Unser Landwirtschaftssystem ist krank. Die Bauern sind krank.»
Der Auftritt dauert nur eine Minute. Mit viel Routine und Ruhe schirmen Bedienstete des Louvre die Szene mit mehreren schwarzen Paravents ab, um den Umweltbewegten keine allzu grosse Bühne zu gewähren. Doch viel bringt das nicht: Beisteher filmen, die Bilder gehen schnell viral in den sozialen Medien, und das war ja wohl auch das Ziel. Einen materiellen Schaden haben sie nach ersten Erkenntnissen nicht angerichtet.
Die zwei Frauen trugen T-Shirts mit der Aufschrift «Riposte alimentaire», «Gegenschlag mit Nahrungsmitteln» – so nennt sich ein Kollektiv, das sich auch gegen den Hunger starkmacht. Eine der Frauen rief in den Saal, jeder dritte Franzose, jede dritte Französin habe nicht genug zu essen. Kurz nach dem Intermezzo meldete sich die Vereinigung mit einem Communiqué. Darin hiess es, man starte eine Kampagne, Ziel sei es, dass die Lebensmittelsicherheit in Zukunft fest zu den Garantien des Sozialstaates gehöre.
Bauern- vor Umweltschutz
Es ist dies nicht das erste Mal, dass die «Mona Lisa» ins Zentrum einer Protestaktion geriet. Im Mai 2022 hatte ein 24-jähriger Mann, der als alte Frau verkleidet war und in einem Rollstuhl sass, sich plötzlich erhoben und versucht, die Glasscheibe zu zertrümmern. Als ihm das nicht gelang, beschmierte er das Glas mit einer Rahmtorte, die er mitgebracht hatte. Auch er berief sich auf seine Sorge um die Umwelt.
Die Suppenwerferinnen haben ihre Sorge um die Umwelt also mit dem Protest der Bauern verknüpft, der sich seit ein paar Tagen auch in Frankreich zu einer breiten, engagierten Bewegung auswächst, vor allem mit Strassenblockaden. Und zwar polemisch. Sie werfen den Bauern und der Lebensmittelindustrie vor, sie würden ihre wirtschaftlichen Anliegen jenen der Umwelt voranstellen.
Regierung will Bauern helfen
Wie in anderen Ländern Europas auch richtet sich der Protest der Bauern in Frankreich wesentlich gegen höhere Dieselpreise und gegen den Green Deal der EU, der ihnen, wie sie finden, viel zu viele Opfer abverlangt. Sie fordern eine Lockerung der Auflagen und Normen. Der französische Premierminister Gabriel Attal versucht frenetisch, diese erste grosse politische Krise seiner Amtszeit möglichst schnell zu lösen – und stellt deshalb den Bauern eine Reihe von bürokratischen Vereinfachungen und von Zuschüssen in Aussicht. Die Umwelt? Soll mal ein bisschen warten. Ob das ausreicht, um die Protestierenden zu besänftigen, ist nicht klar.
Es ist sogar eher anzunehmen, dass sie noch etwas mehr einfordern werden, jetzt, da sich die Regierung schon etwas verbiegt. Und das bewegte sie wohl auch, die Suppenwerferinnen des Louvre.
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