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Art Basel in Paris
40-Millionen-Bild zieht die Massen an – trotz Terrorangst

Der Eingang zur Paris+ ist im Vordergrund mit Betonklötzen und Absperrgittern gesichert.
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Da wir uns gerne an Superlativen ausrichten, habe ich mich kurz nach der Eröffnung der Kunstmesse Paris+ par Art Basel auf die Suche nach dem Stand Pace-Gallery gemacht. Mit Mark Rothkos «Olive over Red» aus dem Jahre 1956 präsentiert die New Yorker Galerie die mit Abstand teuerste Leinwand an der Messe. 40 Millionen Dollar kostet das Gemälde des 1970 in New York verstorbenen Malers russischer Herkunft. Ihm widmet die Fondation Louis Vuitton im Bois de Boulogne eine grossartige Retrospektive, die in diesen Tagen eröffnet worden ist.

Das Bild an der Messe wurde von neugierigen Besuchern förmlich belagert. Die Handys wurden gezückt. Es war eine Art Mona-Lisa-Moment, den man vom Louvre her kennt, wo an dem Gemälde von Leonardo da Vinci die Leute zu Tausenden vorbeiziehen und Erinnerungsfotos machen.

«Olive over Red» von Mark Rothko stammt aus dem Nachlass des US-amerikanischen Financiers Thomas H. Lee, der 2023 verstarb, und steht bei der Galerie Pace zum Verkauf.

«Olive over Red», das Bild zeigt nicht mehr und nicht weniger als ein olivfarbenes Rechteck im Hochformat über einem roten Rechteck im Querfomat, die sich beide auf einem braunen Untergrund befinden. Und wenn wir schon vorher den Leonardo-Vergleich bemüht haben, so kommt einem die Farb- und Formkomposition von Rothko fast ebenso, nein eher noch enigmatischer vor als das Lächeln der Mona Lisa. Jedenfalls meldet Pace am Schluss des ersten Handelstages, dass das Bild noch nicht verkauft sei. Wäre ja auch ein Wunder bei diesem Preis!

Dafür hat die Galerie, wie sie zufrieden meldet, mehr als ein Dutzend andere Bilder verkauft, die zwischen 65’000 und 450’000 Dollar einbrachten. Zufrieden äusserten sich am Ende des ersten Tages auch viele andere Galerien, die ihre Handelsergebnisse der Messeleitung freiwillig melden. Denn eine Pflicht dazu besteht nicht. Paris+ als Handelsplattform erhebt keine Gebühren auf die Umsätze der Galerien, die hier getätigt werden, und hat auch keine belastbaren Zahlen, welche Gelder umgesetzt werden. Sie hat auch keine Kenntnis über die Herkunft der Gelder, die von der geneigten Kundschaft ausgegeben werden, die wieder zu Tausenden die Halle des Grand Palais Éphémère besuchte.

Die Londoner Galerie Sadie Coles HQ präsentiert von Sarah Lucas die Skulptur «Six cent soixante six» mit zwei Bunny-Puppen auf einem Sportwagen der Marke Triumph.

Wer diese kaufkräftigen Kunstliebhaber sind, darüber weiss man sehr wenig. Oder gibt sehr wenig bekannt. Sicher ist jedenfalls, dass der Grossteil aus Paris und Frankreich kommt. Auch viel Deutsch, Spanisch und Englisch hört man auf den Gängen. Als ich von dem jungen Direktor der Paris+, Clément Delépin, erfahren will, ob denn die Besucher aus dem Nahen Osten oder aus Russland wegen der dortigen Kriege ausblieben, zuckt er mit den Schultern. Das wisse er nicht.

Routinierter Umgang mit der Gefahr

Als ich ihn frage, wie die Messe mit der Terrorgefahr umgehe, die schon zur vorübergehenden Evakuierung des Louvre, des Schlosses von Versailles oder der Gare de Lyon geführt hat, erwidert er mit der grössten Ruhe: «Wir haben alles Erforderliche getan, um die Sicherheit der Galeristen und Besucher zu gewährleisten.» So stehen schwarz bemalte Panzersperren rund um den Messepavillon, und die Besucher werden gescannt und auf Waffen untersucht wie bei einem Flughafen. Glücklicherweise musste der Messepavillon bis zum Erscheinen dieses Artikels nicht evakuiert werden.

Die Kunstmesse im Palais Éphémère ist vollgepackt mit Kojen, in denen die Galerien ihre Kunst feilbieten. Für einen grossen Stand von 60 Quadratmetern (das ist etwa halb so gross wie die grössten Stände an der Art Basel in Basel) zahlt man rund 50’000 Euro. Man muss mindestens das Dreifache an Kunst verkaufen, um diese Kosten reinzuholen. So meldet etwa am Schluss des ersten Tags die mittelgrosse Zürcher Galerie Mai 36 sechs verkaufte Bilder, mit denen sie rund 230’000 Euro erzielt habe.

Ein neues Haus für Hauser & Wirth

Die meisten Gewinne dürfte aber am ersten Tag die deutsch-amerikanische Galerie Zwirner gemacht haben, die ein Gemälde von Kerry James Marshall für 6 Millionen Dollar und je eines von Marlene Dumas und Alice Neel für 3 Millionen Dollar veräussert hat. Besonders erfolgreich war auch die Pariser Galerie von Cécile Fakhoury, die ihren Stand an der Paris+ fast ausschliesslich dem Maler Elladj Lincy Deloumeaux gewidmet hatte, dessen grossformatige, figürlichen Gemälde allesamt für 30’000 bis 40’000 Euro verkauft wurden.

Blick in einen der Ausstellungssäle der neuen Pariser Dépandance von Hauser & Wirth mit einem Bilderfries von Henry Taylor.

Gleichzeitig wie die Paris+ eröffnete die Zürcher Megagalerie Hauser & Wirth unweit der Champs-Élysée, neben Luxushäusern wie Dior, Louis Vuitton und Versace, ihre neue Pariser Dépendance: ein neoklassizistisches, aufs Feinste renoviertes «hôtel particulier», das rund 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche aufweist. Die Eröffnungsausstellung ist dem afroamerikanischen Maler Henry Taylor gewidmet.

Von der Paris+ meldete Hauser & Wirth am Schluss des ersten Tages, dass der ganze Stand ausverkauft sei: Unter anderem fand ein Frauenporträt von George Condo für 2,35 Millionen Dollar einen Käufer, auch ein abstraktes Gemälde von Mark Bradford wurde für 1,8 Millionen Dollar und eine Glasskulptur von Roni Horn für 1,5 Millionen Dollar veräussert. Die Geschäfte liefen für die Schweizer so blendend, dass sie am zweiten Tag ihren Stand mit neuen, noch unverkauften Werken völlig neu gestaltet haben.

Die Paris+ im Grand Palais Éphémère ist noch bis Sonntag für das Publikum geöffnet.