Leitartikel zu Olympia in der SchweizGeben wir diesen Plänen eine Chance
Endlich rückt das Internationale Olympische Komitee vom Gigantismus ab. Für die Schweiz ist damit die Zeit reif, eine Olympiakandidatur zu lancieren.
Grasgrüne Olympische Spiele wird es nie geben. Diesbezüglich muss man sich keinen Illusionen hingeben. Aber sie können, müssen und werden ökologischer sein. Darauf hat sich das Internationale Olympische Komitee (IOK) mit Sitz in Lausanne längst verständigt. So verlangt das IOK von Organisatoren nicht mehr, auf ein paar wenigen Quadratkilometern nigelnagelneue Bobbahnen, Eishockeystadien und ein Olympiadorf hochzuziehen und dafür Hunderte Millionen Franken auszugeben. Olympia soll jetzt auch in verschiedenen Regionen, also grossflächig, über die Landesgrenzen hinaus, und vor allem auf bestehenden Anlagen stattfinden. Das wiederum bedeutet, dass Gastgeber für die Organisation der Spiele keine Milliardensummen ausgeben müssen, die sie mit der Austragung nie und nimmer erwirtschaften. An den kommenden Spielen in Paris 2024 werden diese Entscheide erstmals sichtbar sein.
Diese Entwicklung ist die einzig richtige. Auf diesen Sinnes- und Kulturwandel hat man auch in diesem Land seit langem gewartet. Dabei schien es so, als würde sich beim IOK rein gar nichts ändern, solange sich China, Russland und andere autokratisch regierte Staaten um die Austragung der Spiele bemühen. Staaten, denen die eigene Machtdemonstration und Propaganda wichtiger sind als der Schutz von Ressourcen und international koordiniertes Handeln gegen den Klimawandel.
Autokraten stehen heute nicht mehr Schlange für die Ausrichtung Olympischer Spiele.
Doch heute stehen selbst Autokraten nicht mehr Schlange für die Ausrichtung Olympischer Spiele. Gleichzeitig ist die auch in der Schweiz erhobene Kritik nicht verstummt, wonach die olympische Bewegung an Gigantismus leidet und Ressourcenverschwendung betreibt.
Das alles führt dazu, dass sich derzeit für die Winterolympiade 2030 kein Organisator aufdrängt. Das IOK will die Winterspiele jedoch bereits an einem Kongress im kommenden Sommer vergeben. Swiss Olympic sieht in dieser Situation völlig zu Recht eine immense Chance und treibt Pläne für Olympische Winterspiele im Jahr 2030 voran. Die Idee ist, Spiele zu organisieren, die in der gesamten Schweiz stattfinden und nicht lokal in St. Moritz, Zermatt, Zürich oder Bern. Solche Spiele passen auch zum föderalistischen Geist unseres Landes. (Lesen Sie hier: Das sind die Pläne für die Olympischen Spiele 2030 in der Schweiz.)
Die Schweiz würde sich mit der Organisation von «Olympia 2.0» auch selbst Gutes tun.
Die Initiative von Swiss Olympic hat die Unterstützung dieses Landes, seiner Bevölkerung und seiner Politikerinnen und Politiker verdient. Bei den Zeichen, die das IOK derzeit aussendet, ist der Moment gekommen, Winterspiele völlig neu zu denken und zu planen. Eine einzigartige Herausforderung, die unseren Ehrgeiz wecken sollte, einen Beitrag an diese Entwicklung zu leisten. Die Schweiz würde sich mit der Organisation von «Olympia 2.0» auch selbst Gutes tun, prägen für einen Grossanlass entwickelte Innovationen ein Land doch noch für viele Jahre nach dem grossen Fest. Sowieso finden in der Schweiz in den nächsten Jahren diverse Wintersportgrossanlässe statt, von der Eishockey-WM über die Ski-WM bis zur Biathlon-WM in der Lenzerheide. Olympische Spiele würden auf diesen Anlässen aufbauen und würden damit auch kostengünstig organisierbar.
Keine Rolle spielen darf dabei, dass das Stimmvolk Olympiakandidaturen in den letzten Jahren Mal für Mal abgelehnt hat. Auch die Kandidatur «Sion 2026» war zu erheblichen Teilen gemäss jenen Parametern entworfen worden, die das IOK hinter sich lassen will. Die in Abstimmungskämpfen geäusserte Kritik am IOK hatte auch eine unschöne Seite. Dank dem internationalen Sportdachverband mit Sitz in Lausanne fliesst sehr viel Geld in die Schweiz und notabene die Waadtländer Wirtschaft. Gerade die Waadt rechnet regelmässig vor, wie viele Millionen Franken die Sportverbände abwerfen. Für Anwälte, Treuhänder, Banken, die Hotellerie, die Gastronomie und auch den Fiskus ist das IOK eine willkommene Geldquelle. Das Dilemma, dass dieses Geld auch aus den Portemonnaies von Autokraten stammte, wird dabei allerdings gern verschwiegen.
Eine Machbarkeitsstudie soll nun aufzeigen, ob und wie Olympische Winterspiele 2030 in der Schweiz möglich sind. Resultate werden bald folgen. Schon heute sendet das IOK in Lausanne Signale aus, wonach die Pläne für Olympia in der Schweiz nach helvetischer Art sehr realistisch sind und genau zur Neuausrichtung passen. Die Schweiz sollte diese Chance packen. Gleichzeitig ist jetzt der Moment da, rote Linien aufzuzeigen, vor allem in Finanzfragen: Das Risiko, dass die Schweiz durch Olympia auf enormen Kosten sitzen bleibt, muss ausgeschlossen werden.
Es ist einfach, das IOK und seine Spiele stets zu kritisieren, wenn man seine eigenen Sportlerinnen und Sportler an Olympiaden schickt, wohin auch immer, zu Hause deren Medaillen feiert und dann gern auch IOK-Gelder kassiert. Stattdessen sollte sich die Schweiz nun daranmachen, gemeinsam mit dem IOK die Spiele der Zukunft zu organisieren, ohne Gigantismus und ohne sich finanziell zu ruinieren. Wie es zur Kultur dieses Landes passt.
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