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Meinung

Kolumne Katja Früh
Träume sind zum Träumen da

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Es gibt Begriffe und Redewendungen, die mich regelrecht abstossen, die ich wirklich schrecklich finde. Zum Beispiel: «die Seele baumeln lassen», das Wort «lichtdurchflutet» oder die Aufforderung «Lebe deinen Traum».

Wie kann man eine Seele baumeln lassen? Hängt man sie dann an eine Schnur und bindet die Schnur irgendwo dran, an einen Olivenbaum oder an eine Palme? Denn die Seele baumelt immer irgendwo im Süden, nahe dem Meer, so künden das die Reiseprospekte jedenfalls an. Der Satz mit der Seele soll mich verführen, soll eine Sehnsucht wecken, aber wonach? Was soll das für ein Bedürfnis sein, seine Seele baumeln zu lassen? Gesetzt den Fall, dass man überhaupt eine Seele hat, warum soll sie baumeln? Wird ihr da nicht übel? Warum benutzt man solche Redewendungen, ohne zu überlegen, was sie bedeuten?

Oder das Wort «lichtdurchflutet». Das soll diese ungemütlichen Wohnungen mit den bodentiefen Fenstern anpreisen, wo das Licht durch die Zimmer flutet, die du kaum schön ausleuchten kannst, keine Ecke bleibt verschont vor der Flut. Im Sommer flutet das Sonnenlicht, im Winter das eisgraue Licht des kurzen Tages, und gnädig gegen Abend wird es dunkel. Du zündest Lampen an und Kerzen und bist für ein Weilchen verschont. Ich verstehe nicht, dass in Tausenden Wohnungsinseraten immer der gleiche Begriff steht: lichtdurchflutet. Und dass das offenbar ein guter Grund ist, eine horrende Miete zu verlangen.

Und nun mein Liebling: «Lebe deinen Traum». Eine anmassende Aufforderung. Und eine, die gar nicht möglich ist. Denn einen Traum kann man nicht leben, er ist dann nämlich keiner mehr, sondern die Realität. Natürlich, ich weiss schon, gemeint ist, du sollst nach deinen innigsten Wünschen leben. Aber du wirst, spätestens wenn deine Wünsche wahr werden, deine Enttäuschung realisieren, vielleicht nicht sofort, aber bald. Angenommen, du träumst von einem Haus in Italien. Wer tut das nicht. Du sparst und sparst und sparst. In deinen Träumen wird das Haus schöner und schöner. Dein Umfeld ermuntert dich, du sollst deinen Traum leben. Irgendwann ist es so weit. Und dann ist es einfach nur ein Haus. Nicht schlecht, aber eben nur ein Haus.

Mit einem Traum hat es nichts mehr zu tun. Deine Sehnsucht ist merkwürdigerweise nicht wirklich gestillt. So ist das mit den Träumen, sie sind nicht unbedingt dafür da, verwirklicht zu werden. Vielleicht sollte man Träume einfach als eine Kategorie für sich betrachten, Träume sind zum Träumen da, man sollte sie nicht der Härte der Wirklichkeit aussetzen.