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Meinung

Kolumne Katja Früh
Sie offen für alles, er schlapp

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In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass die meisten Filme, die sich um Ehen im fortgeschrittenen Alter drehen, seien es zuckrig-klebrige TV-Komödien, seien es ernsthaftere Kinoproduktionen, ungefähr so funktionieren: Frau, circa fünfundsechzig Jahre, versucht Mann, auch circa fünfundsechzig Jahre, dazu zu bewegen, mehr Leben in ihr Leben zu bringen. Zuerst einmal möchte sie, dass es zwischen ihm und ihr wieder funkt, knistert, wieder spannend wird. Dann verlangt sie von ihm, dass er ihre Abenteuerlust mit ihr teilt. Sie ist offen für alles, Vorträge, Kurse, Vernissagen, Theater, Reisen. Er hat zu alldem nicht die geringste Lust. Er ist etwas schlapp (wahrscheinlich vom Berufsleben), ein bisschen müde, aber eigentlich ganz zufrieden und möchte, dass alles bleibt, wie es ist. Sie möchte, dass er sich öffnet, wenn nötig auch in einer Therapie, ihm ist das ein Graus.

Diese Konstellation ist schon fast ein Klassiker oder ein Klischee, wie immer man es betrachten will. In einer Komödie wendet sich alles zum Guten, meist finden sich die beiden in einer neuen Art von Beziehung wieder, der Mann hat sich wundersam gewandelt; in einem Drama verlässt sie ihn am Schluss und geht allein einer ungewissen Zukunft entgegen.

Interessant daran finde ich, dass dieser Frauentyp wahrscheinlich nur in einer gewissen Generation anzutreffen ist, nämlich in meiner. Frauen, die einmal für die Emanzipation gekämpft haben, die alles anders machen wollten als ihre Mütter, aber schliesslich doch ihren Beruf aufgaben für Kinder, Haushalt und Mann. In der Zeit, in der wir heute leben, ist das verpönt. Dadurch haben Frauen, wenn sie älter werden, das Gefühl, etwas oder vieles verpasst zu haben, und das muss jetzt alles rein, in die noch kurze Lebenszeit. Das stresst die Männer, denn dieses Problem haben sie nicht.

Heute, in einer Zeit, in der Frauen vor lauter Perfektionsstreben ins Burnout rutschen, haben sie gar nichts verpasst, sie machen Karriere, haben Kinder, arbeiten an ihrer Erscheinung, pflegen ihr Sozialleben, schmeissen den Haushalt, gehen mit dem Mann in die Paartherapie, bleiben immer sexy für ihn mit Diäten und Fitness, und ihr Zuhause ist gepflegt und durchgestylt, denn man hat viele Gäste, mit denen man über Kultur und Politik diskutiert, über die man bestens informiert ist. Was es wohl einst, wenn diese Frauen älter sind, für TV-Komödien und Kinodramen über sie geben wird? Frische, fitte Männer, die ihre Frauen in Kliniken, Erholungs- und Pflegeheimen besuchen? Aber was für einen Schluss findet da ein Komödienschreiber, der unbedingt ein Happy End will?