Corona-Situation in der SchweizBleibt der R-Wert bei 1,13, «verdoppelt sich die Fallzahl in etwa vier Wochen»
Expertinnen und Experten haben sich zur aktuellen Lage der Pandemie geäussert. Sie ist alles andere als günstig für Öffnungen, es gibt aber Hoffnung. Der Ticker zum Nachlesen.
Die Ausgangslage:
Seit Montag sind in der Schweiz alle Corona-Schnelltests gratis.
Ab dem 1. März konnten Geschäfte sowie einige Kultur- und Freizeitinstitutionen wieder öffnen.
Der Bundesrat plant ab dem 22. März weitere Lockerungen. Die definitive Entscheidung darüber fällt der Bundesrat am 19. März.
Ausführungen zur Situation:
Die Zahl der Infektionen steigt weiter.
Die Reproduktionswert liegt bei 1,13, bei diesem Wert «verdoppeln sich die Fallzahlen in etwa vier Wochen».
Der R-Wert ist nur noch in drei Kantonen (und Liechtenstein) unter 1: Jura, Glarus und Schwyz (zur Quelle).
80 Prozent der Neuinfektionen gehen auf Virus-Varianten zurück.
Das Bundesamt für Gesundheit will 40 Prozent der Bevölkerung wöchentlich testen.
Die Hospitalisierungen sind tief geblieben (die Situation in den Spitälern).
Öffnen oder nicht öffnen? Es sei nicht an ihnen Empfehlungen abzugeben, sagte Patrick Mathys (mehr dazu im Eintrag von 14:39 Uhr).
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Hier finden Sie die Übersicht der Impfquoten: So weit ist die Schweiz mit dem Impfen
Ende
Die Pressekonferenz ist beendet. Besten Dank für Ihr Interesse.
Frage: Weshalb die Obergrenze von 50 Personen bei Veranstaltungen?
«Aus epidemiologischer Sicht lässt sich die Zahl 50 für Veranstaltungen nicht herleiten», antwortet Patrick Mathys. «Sie ist etwas arbiträr.»
Es gehe bei dem Vorschlag jedoch um die Grössenordnung. «Es könnten auch 40 oder 60 Personen sein. Ich selbst kann mir 50 besser merken.»
Frage: Sind die neuen Varianten tödlicher?
«Es sind kürzlich neue Studien zu diesem Thema veröffentlicht worden», sagt Patrick Mathys: «Es besteht die Möglichkeit und es gibt Hinweise darauf, dass die britische Variante tödlicher ist.»
Laut Mathys brauche es aber noch weitere Publikationen diesbezüglich. «Die Erkenntnisse werden in den kommenden Wochen noch besser werden.»
Frage: Gibt es Schätzungen, wie viele bereits immun sind gegen das Virus?
«Der Schutz durch die Impfung ist gegeben», erläutert Mathys. «Die Frage, die noch nicht geklärt ist, ist inwiefern eine geimpfte Person das Virus weitergeben kann.»
Rudolf Hauri erzählt ergänzend von einem Fall, in dem bei dem es zwei Wochen nach der Impfung in einem Altersheim zu einem Ausbruch gekommen ist. «Davon waren vor allem die Heimbewohner betroffen», so Hauri. «Doch alle betroffenen Personen hatten einen milden Verlauf.»
Frage: Sollen auch unter 16-Jährige geimpft werden?
«Das ist eine Frage der Zulassung. Die Impfstoffe sind meines Wissens in der ganzen Welt für Kinder und Jugendliche nicht freigegeben», sagt Mathys.
Frage: Wird die Strategie beim Auftreten von neuen Varianten angepasst?
In Grossbritannien soll es neue Virus-Varianten geben, welche die Tests nicht erkennen. «Es wird immer wieder neue Mutationen geben», sagt Patrick Mathys. «Dabei kann es auch zu Immun-Evasionen kommen, welche eine Anpassung der Impfung nach sich ziehen würden.»
Laut Mathys habe der Bund ein Überwachungssystem aufgebaut, um die Situation im Überblick zu behalten und neue Varianten schnellstmöglich erkennen zu können. «In Schwellenländern ist es leider kaum möglich, eine wirkliche Überwachung und regelmässige Sequenzierungen sicherzustellen», erläutert Mathys. Die Schweiz sei sicher nicht unter den ersten Ländern gewesen, die Sequenzierungen durchgeführt haben. «Nun gehören wir aber zu den besten.»
Frage: Was sagen die Experten zum AstraZeneca-Impfstoff?
Zahlreiche Ländern haben Impfungen mit dem Vakzin ausgesetzt, was sagen die Experten zu den Berichten über Nebenwirkungen? «Swissmedic lässt die aktuellen Berichte über die Ereignisse in ihre Evaluation einfliessen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil das BAG nicht zuständig ist», antwortet Patrick Mathys.
Laut Rudolf Hauri gebe es bereits Anfragen aus der Bevölkerung zu den möglichen Nebenwirkungen des Vakzins. «Ich glaube nicht, dass die aktuellen Meldungen das Impfziel gefährden. Aber es braucht den Dialog mit der Bevölkerung — auch wenn kritische Fragen kommen.»
Italien, Deutschland, selbst Schweden pausiert: Warum die AstraZeneca-Impfung ausgesetzt wird
Frage: Wann kommt der Impfpass?
«Es gibt sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene Bemühungen für einen Impfpass», sagt Patrick Mathys.
Ziel sollte laut dem Experten des BAG ein möglichst umfassende Lösung sein — ähnlich wie beim Impfpass der WHO für Gelbfieber. «Wir werden auch auf nationaler Ebene die Frage eines Impfpasses voranzutreiben, mit einem Auge auf die internationale Lage.»
Frage: Wann gibt es die Selbsttests für zu Hause?
Laut Fosca Gattoni vom BAG werden die Selbsttests für zu Hause ab Anfang April in Apotheken erhältlich sein.
Frage: Wann ist die Herdenimmunität erreicht?
Mathys verwendet wiederholt den Begriff der ‹Herdenimmunität›. Ab wann könnte diese in der Schweiz gewährleistet sein? «Einen fixen Prozentsatz für eine Herdenimmunität möchte ich nicht nennen», antwortet Mathys auf die Frage. «Mit der ursprünglichen Variante steckte eine infizierte Person ungefähr drei weitere Menschen an. Die neuen Variante haben aber einen Übertragungsvorteil von 50 Prozent. Das heisst eine Person kann 4,5 Personen anstecken. Zwei Drittel — sei es durch Krankheit oder Impfung — der Bevölkerung müsste also immun sein. Wahrscheinlich sogar eher gegen die 80 Prozent.»
Bei der Frage nach der Anzahl Impfwilligen äussert sich Mathys nicht. «Hier kann ich keine Auskunft geben.»
Frage: Werden wir die Masken noch jahrelang tragen müssen?
Wie diese Zeitung berichtete, könnte uns die Maske trotz Corona-Impfung noch jahrelang begleiten. Was sagt Patrick Mathys dazu? «Es kommt drauf an, wie viele Leute aufgrund einer durchgemachten Erkrankung immun sind. Wenn die Herdeimmunität erreicht ist, kann man langsam die Massnahmen zurückziehen», sagt der BAG-Experte. Je grösser die Zahl der Nicht-Geschützten sei, umso grösser sei die Gefahr von erneuten Ausbrüchen.
Man könne natürlich sagen, dass irgendwann jeder selbst für seine Ansteckung verantwortlich sei. «Aber es wird wohl noch lange bei lokalen Ausbrüchen nötig sein, begleitende Massnahmen wie das Maskentragen anzuordnen, um das Gesundheitswesen nicht zu überlasten.»
Der Hintergrund zu dieser Frage: Bekommen wir unser altes Leben zurück, wenn erst einmal alle Impfwilligen geschützt sind? Ein Schreiben des Bundes lässt daran zweifeln
Frage: Ist das Impfziel noch realistisch?
«Ja, das Ziel erachten wir nach wie vor als realistisch und werden alles dafür tun, dass das erreicht werden kann», sagt Patrick Mathys. Die Rückkehr in eine halbwegs normale Realität könne nur durch die Impfung geschehen.
Rudolf Hauri ergänzt: «Wir setzen in den Kantonen alles daran, das Ziel zu erreichen. Die organisatorischen Herausforderungen sind aber riesig. Es braucht auch das Mitmachen der Bevölkerung. Wenn alle gleichzeitig kommen, schaffen wir das nicht.»
Laut Hauri sollen bis Ende Juni alle Risikopersonen bis Ende Juni geimpft werden. Bei den restlichen Impfwilligen hoffe man, dass das Ziel ebenfalls erreicht werde. «Ob das umgesetzt werden kann, ist nicht sicher, aber die Planungen laufen in diese Richtung.»
Frage: Wie viele Ausbrüche gab es in Bünder Hotels?
«Es ist schwierig zu sagen, wo beginnt der Ausbruch», sagt Martin Bühler. «Wir hatten einen sehr klaren Ausbruch in St. Moritz. Dabei war das Personal betroffen.» Als Rektion habe der Kanton grossflächig durchgetestet und dabei auch einen Flächentest in der Bevölkerung durchgeführt. «Dort hat man gesehen, dass der Ausbruch sich auf die Mitarbeiter beschränkte.»
Frage: Was würde Mathys dem Bundesrat am Freitag empfehlen?
«Die Lage ist fragil. Aber es liegt nicht an uns, hier etwas zu empfehlen», sagt Patrick Mathys.
Die Situation sei sicher nicht die günstigste, um jetzt grosse Öffnungsschritte umzusetzen. «Wir hätten uns eine andere Entwicklung gewünscht. Die Frage ist jetzt: Hat sich der Trend umgekehrt — und nehmen die Fallzahlen wieder zu?»
Frage: Kann man bereits von einer dritten Welle in der Schweiz sprechen?
Nun können die anwesenden Journalisten Fragen stellen. «Nein, man kann noch nicht eindeutig von einer dritten Welle sprechen», antwortet Patrick Mathys auf die erste Frage. Die Fallzahlen würden steigen, es sei aber möglich, dass der Weg in diese Richtung gehe.
«Vier der fünf wichtigsten Faktoren des Geschehens ändern sich im Moment. Einerseits sind das die Virusvarianten – es finden mehr Ansteckungen statt als mit der alten Variante. Ausserdem ist jeder Öffnungsschritt mit einem Risiko verbunden. Gleichzeitig sind wir am Impfen. Diese wird irgendwann zum Tragen kommen. Am Schluss – und das ist der wichtigste Faktor – kommt es auf die Bevölkerung an. Ist sie weiterhin bereit, die Massnahmen mitzutragen?»
«Belegung der Intensivstationen und die Hospitalisierung nicht angestiegen.»
Nun spricht Rudolf Hauri. Er beginnt mit einer erfreulichen Nachricht: «Bis jetzt ist die Belegung der Intensivstationen und die Hospitalisierung in den Kantonen nicht angestiegen.» Hauri hofft, dass sich die Impfungen positiv auf die Hospitalisierungen und insbesondere auf die Todesfälle auswirken.
Die Bevölkerung habe viele Fragen. Diese würden sich vor allem um Fragen der Impfstoff-Sicherheit, der Erhältlichkeit und den Zeitpunkt der eigenen Impfung drehen, sagt Hauri. «Für die Impfungen braucht es gute Planungen. Dabei sollen verzugslos Zweitimpfungen stattfinden. Die in Aussicht gestellten nächsten Lieferungen werden in die Planung mit einbezogen.»
Die Übersicht zum Thema: So ausgelastet sind die Spitäler in der Schweiz
«Wenn man aktiv diese Strategien vorantreiben will, braucht es einen Verbund»
Gemäss Bühler erkennt man aufgrund der Tests einen einen hohen Anteil der Neuinfektionen in den Schulen und Betrieben. Bühler präsentiert die Zahlen zu den Tests aus den Kantonen. «In Graubünden machen 100 Prozent aller Mittelschulen bei den Tests mit. Insgesamt sind 95 Prozent aller Schulen im Kanton dabei.» Zudem hätten sich seit Februar bereits über 1000 Firmen mit mehr als 42'000 Mitarbeitenden für Massentests angemeldet. «131 Personen konnten erfolgreich isoliert werden, die das Virus unwissentlich in sich trugen.»
Bühler sehe, dass ein grosser Teil der Bevölkerung einen Beitrag leisten möchte. «Die Zusammenarbeit funktioniert gut. Gemeinden, Schulen, Betriebe: alle unterstützen einander. Wenn man aktiv diese Strategien vorantreiben will, braucht es einen Verbund.»
«Die Projekte hatten Einfluss auf die Fallzahlen»
Erfahrungen mit Massentests hat bereits der Kanton Graubünden. Man habe erste Pilotprojekte in Südbünden durchgeführt, sagt Martin Bühler, Leiter des Amt für Militär und Zivilschutz und Chef des Kantonalen Führungsstabes des Kanton Graubünden. «Die Projekte hatten Einfluss auf die Fallzahlen.»
Im Kanton Graubünden leben laut Bühler rund 200'000 Einwohner. «Dazu kommen im Winter jeweils fast gleich viele Touristen.» Dementsprechend hätte es eine Zunahme der Fälle geben sollen. «Dies war nicht der Fall. Die Fallzahlen stagnieren in Graubünden», erklärt Bühler. Man habe die Ausbreitung «weggetestet».
«Wir haben die Teststrategie signifikant erweitert»
Nun übernimmt Fosca Gattoni das Wort. «Wir haben die Teststrategie signifikant erweitert», sagt Gattoni und erläutert die drei Säulen der Strategie:
Erstens sollen weiterhin alle Personen mit Symptomen testen lassen.
«Als zweiter Punkt fliessen die Massentests in die Strategie ein. Bis zu 40 Prozent der Bevölkerung sollen einmal pro Woche durchgetestet werden. Damit sollen vor allem asymptomatische Personen erkannt werden.» Bei diesen Test sollen laut Gattoni kostenlose Speicheltests eingesetzt werden. Diese sollen im sogenannten Pooling-Verfahren in Unternehmen, Schulen oder Altersheimen stattfinden.
«In einem nächsten Schritt soll man sich auch zu Hause selbst testen können.» Für die Organisation der Tests sind die Kantone zuständig.
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«Es könnte zur Belastung werden für das Gesundheitssystem»
Laut Mathys sind die Impfungen ein Schlüsselfaktor für die weitere Entwicklung dieser Pandemie. Ab Mai werden deutlich mehr Impfungen durchgeführt.
In der Schweiz sind aktuell 4,57 Menschen auf 100 Einwohner geimpft. «Der geringe Anteil der bis anhin Geimpften bei den Personen zwischen 50 bis 60 Jahren könnte zur Belastung werden für das Gesundheitssystem», warnt Mathys und erwähnt, dass die Corona-Massnahmen weiterhin unbedingt eingehalten werden müssen.
Hier finden Sie die Übersicht der Impfquoten: So weit ist die Schweiz mit dem Impfen
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