Die andere Seite des SportsFederers freudscher Versprecher
Der Sport liefert viele Geschichten – vor und hinter den Kulissen. Hier schauen wir über das Fussballfeld, den Tennisplatz und das Schwimmbecken hinaus.
Das Kopfballungeheuer ist mit 73 nochmals der Held
Er war einst Dachdecker und schaffte es ohne Ausbildung in den Profifussball. Besonders talentiert war er beim Kopfballspiel, weshalb ihm Fussball-Deutschland den Übernamen Kopfballungeheuer verpasste. Einmal schoss Horst Hrubesch 41 Tore in einer Saison und später den Hamburger SV zum Meistertitel.
Heute ist Hrubesch 73 und darf sich seit dem späten Freitagnachmittag Gedanken über seine Rente machen. Als Trainer des deutschen Nationalteams der Frauen stand er ein letztes Mal an der Seitenlinie und sah, wie seine Fussballerinnen Bronze gewannen dank eines 1:0-Sieges über die Weltmeisterinnen aus Spanien. Es war sein letztes Spiel. Endgültig.
Hrubesch blickt auf eine lange und vielfältige Trainerkarriere zurück. Er ist seit über zwei Jahrzehnten beim Deutschen Fussball-Bund beschäftigt und war als Coach für die Silbermedaille verantwortlich, die die deutsche U-23-Auswahl an den Olympischen Spielen 2016 gewann.
Doch Coach des Frauen-Nationalteams wurde er zufällig. Hrubesch übernahm im vergangenen Herbst notgedrungen, nachdem die eigentliche Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, einst auch in der Schweiz beschäftigt, erkrankte und um eine Auszeit bat. Weil Voss-Tecklenburg trotzdem zu jener Zeit Vorträge hielt, kam es zum Zerwürfnis und zur Vertragsauflösung. Aus dem Interimstrainer im Rentenalter wurde die Trainerhoffnung für Paris 2024.
Und an diesen Spielen zeigte Hrubesch noch einmal sein magisches Händchen. Etwas überraschend hatte er vor dem Turnier die Torhüterin zu wechseln. Statt Merle Frohms machte er Ann-Katrin Berger zur Nummer 1. Ein wegweisender Schritt. Im Viertelfinal gegen Kanada hielt Berger im Penaltyschiessen zwei Elfmeter – und verwandelte einen selbst. Gegen Spanien nun galt es, einen Penalty in der Nachspielzeit zu halten. Berger parierte und sicherte ihrem Team Bronze.
Ein schöneres Märchen hätten Hrubesch und seine Fussballerinnen kaum schreiben können: Berger war einst an Schilddrüsenkrebs erkrankt und kehrte nach der Heilung auf den Fussballplatz zurück. (wie)
Warum die Seine den Ungarn nichts anhaben kann
Es eilt nicht. Und doch macht sich der Helfer schon einmal bereit für die Medaillenfeier der Freiwasserschwimmer über 10 Kilometer. Mit dem Staubsauger reinigt er den blauen Teppich peinlich genau, damit ja kein Stäubchen zu sehen ist. Dann geht der Blick ein paar Meter weiter Richtung Seine, in welcher sich die Schwimmer abmühen. Auch an diesem Morgen glänzt sie in den schönsten Brauntönen. Viel grösser könnte der Kontrast nicht sein.
Seit Wochen gibt die Qualität des Wassers zu reden, wird über Grenzwerte von E.-coli-Bakterien und Enterokokken debattiert. Training um Training musste deswegen verschoben werden. Und doch springen nach den Triathleten auch die Freiwasserschwimmer in die Seine. Nach dem Wettkampf der Frauen am Donnerstag liess die Deutsche Leonie Märtens ausrichten: «Mir war zwischendurch ordentlich schlecht. Ich habe immer wieder mein Frühstück gespürt, das hochkam.» Schliesslich habe sie ordentlich Wasser geschluckt. «Ich hoffe, dass wir nichts davontragen.» Erst in der Nacht vor dem Rennen hatten die Schwimmerinnen grünes Licht für den Start bekommen – und mussten dann erkennen, dass die Brühe an sich nicht das einzige Problem ist.
Mindestens so herausfordernd ist die Strömung. Die ersten 800 Meter auf dem rund 1,67 km langen Rundkurs geht es zwar flussabwärts von der Pont Alexandre III zur Pont de l’Alma. Doch auf dem Rückweg muss gegen die Strömung angekämpft werden, die aktuell bis zu 0,7 m pro Sekunde betragen soll.
Am besten zurecht mit der Seine kommen übrigens die Ungarn. Kristof Rasovszky gewinnt, David Betlehem holt Bronze. Zur Vorbereitung trainierten sie in Budapest in der Donau, weil die Strömung da noch stärker ist. Allerdings nie zu lange, wie Rasovszky schmunzelnd sagt, «weil man in der Donau nie weiss, was so angeschwommen kommt». Nicht nur deswegen hat er sich vor dem Wettkampf in der Seine keine Sorgen gemacht. Ein ungarischer Triathlet habe ihm erzählt, er habe sehr viel Wasser getrunken. «Da wusste ich: Sie wird viel sauberer sein, er hat einen richtig guten Job gemacht.» (mob)
Hilfe! Ich brauche jemanden!
Die erste Botschaft auf Social Media war: «Gut angekommen in Paris!» Das ist ja nicht immer selbstverständlich, darum schätzte es Matthias Kyburz auch. Und wäre anders auch doof gewesen, denn seine Geschichte ist ja ohnehin speziell: Der erfolgreichste OL-Läufer der Schweiz sagt von sich: «Von Olympischen Spielen habe ich nie geträumt.» Jetzt ist er aber genau da: in Paris, an den Olympischen Spielen, als Marathonläufer. Und lustigerweise schon mitten in einer Funktionärs-Karriere: Kyburz sitzt auch in der Exekutive von Swiss Olympic. Jenes Komitee, das über die Olympiateilnehmer bestimmt.
Also: Gut angekommen – aber damit war dann auch gleich fertig. Denn in seinem nächsten Post berichtet er aus der Enge eines Lifts. Ups. Und spricht vom «ersten Abenteuer». Das zweite ist sein Lauf über 42 Kilometer, und ja, auf dem Weg dorthin gibt es immer einiges zu überstehen. Für Kyburz waren es 30 Minuten der Ungewissheit. Das Ganze hat er mit dem Beatles-Hilferuf «Help!» unterlegt, «I need somebody, help, not just anybody!» Nicht irgend jemanden, einen Liftmonteur brauchte er, denn das Ding steckte fest. Und wir lernen: Ein Marathonläufer, dem kein Weg zu weit ist, fährt Lift. Ob rauf oder runter ist nicht überliefert. Der Grund aber: Das Rauf und Runter am Samstagmorgen durch Paris. Nur jetzt nicht unnötig Energie verschwenden. (mos)
«Dieser Sport stinkt», motzt der beleidigte Amerikaner
Es geht rassig hin und her. Dribbling, Wurf, Dribbling, Wurf. Punkt für Punkt. 3x3-Basketball nennt sich das Spiel, und es ist seit 2020 olympisch. Wie unschwer zu erraten sein dürfte, spielen je 3 Spielerinnen oder Spieler gegeneinander, ein Team besteht aus 4 Mitgliedern. 3x3 ist stark an Streetball angelehnt, das in den Neunzigerjahren in den Parks in New York und Los Angeles entstanden ist und sich zur Subkultur entwickelt hat. In den USA gab es auch die erste 3x3-Profiliga der Welt.
Die Olympiasieger in diesem Jahr heissen aber Deutschland bei den Frauen und Niederlande bei den Männern. Den Amerikanern bleibt Bronze im Frauen-Bewerb. Was in der Zeitung «USA Today» einen Kolumnisten zur Weissglut treibt: «Wieso zur Hölle holt Amerika nicht alle Medaillen in diesem Sport? Wir haben Basketball erfunden. Völlig egal, welche Form. Wir verfügen über den grössten Talentpool der Welt, wir sind zum Siegen verpflichtet. Bei uns feiert man keine Bronzemedaille.»
Was zunächst wie eine Abrechnung mit den teilnehmenden US-Teams klingt, wird ein paar Sätze weiter zum Schmähruf aufs 3x3-Basketball. Das, übrigens, auch 2028 olympisch sein wird – in Los Angeles. Denn, so die krude Logik des Journalisten: «Wäre das ein ernstzunehmender Sport, würde die USA Medaillen gewinnen. Sorry, wenn ich einen auf Spielverderber mache, aber dieser Sport stinkt. Es ist wie eine gefälschte Rolex, die man an der Strassenecke kauft.»
Detail am Rande: Ja, Basketball wurde in den USA erfunden. Von einem Kanadier. (wie)
Fast wie Quasimodo
Kling, Glöckchen, klingelingeling, kling, Glöckchen, kling. Keine Sorge, es ist noch lange nicht Weihnachten. Damit wollen wir bei solch tollem Sommerwetter gar nicht erst konfrontiert werden. Aber eine Glocke schafft es in Paris auch so, einen festlichen Rahmen aufkommen zu lassen. Sie ist der heimliche Star im Stade de France, und ihren bisher grössten Auftritt hat sie am späten Montagabend.
Auf 6,25 Meter lässt Stabhochspringer Armand Duplantis die Latte legen – einen Zentimeter über seinem eigenen Weltrekord. Zweimal scheitert er, ein letzter Versuch bleibt. Der in den USA geborene Schwede läuft an, hebt ab und schafft es tatsächlich. Über 70’000 drehen durch, der Lärmpegel ist für einige Sekunden ohrenbetäubend. Doch irgendwann wird es wieder leise. Dann nämlich, als sich Duplantis zur Glocke am Rand der Laufbahn begibt und diese zur Freude des Publikums zum Läuten bringt. Es ist ein Ritual, das die Rugby-Mannschaft Frankreichs nach ihrem sensationellen Final-Sieg über das bis dahin ungeschlagene Fidschi am ersten Olympia-Wochenende eingeführt hat. Seither gilt: Wer im Stade de France Gold gewinnt, darf Glöckner oder Glöcknerin spielen.
Wer nun an Quasimodo denkt, die Hauptfigur in Victor Hugos Roman «Der Glöckner von Notre-Dame», liegt nicht falsch. Denn: Bis zum Ende der Olympischen Spiele und der anschliessenden Paralympics bleibt die aus Bronze gefertigte Glocke im Stade de France, dann wird sie – versehen mit dem Schriftzug «Paris 2024» – zu ihren «Schwestern» in die Türme der Kathedrale Notre-Dame ziehen. Denn: Die Giesserei Cornille Havard in Villedieu-les-Poêles-Rouffigny hat diese nach dem Brand des Wahrzeichens 2019 nicht nur restauriert, sondern auch die «Olympia-Glocke» gefertigt. «Im Geiste der Kathedralenbauer wurden sie für mehrere Jahrhunderte gemacht», berichtet Paul Bergamo, der Leiter der Glockengiesserei aus der Normandie, stolz in der Zeitung «Le Parisien». Am 8. Dezember soll die Kathedrale wiedereröffnet werden. Bis dahin aber wird die Glocke noch einige Male im Stade de France erklingen. (mob)
Die Wiederauferstehung der Taylor Knibb
Mitleid schwingt in der Stimme des Interviewers mit, als er nach dem Zeitfahren der Frauen Taylor Knibb fragt: «Wie geht es Ihnen?» Blut läuft vom Knie der Amerikanerin, die als 19. das Rennen beendet. Die Spuren ihres desolaten Rennens sind unübersehbar. Dreimal ist sie auf der regennassen Strasse gestürzt – oder waren es vier? Sie weiss es in diesem Moment selbst nicht so genau.
Viral geht jedenfalls einer ihrer Ausrutscher. Oder besser jener ihres Mechaniker, der als sie stürzt, in Windeseile aus dem Begleitauto steigt, ein Rad von dessen Dach hievt, zum Sprint zur wartenden Athletin ansetzt – und vor laufender Kamera mitsamt Rennvelo auf den Boden knallt. Innert Sekundenschnelle rappelt er sich wieder auf und reicht Knibb das Velo. Stilnote der Aktion: 10.
Das Blatt wendet sich für die US-Amerikanerin auch nicht zum Guten, als sie wenige Tage später als Medaillenhoffnung im Triathlon am Start steht, als Goldanwärterin gar. Auch dieses Rennen beendet sie als 19. – wenn auch sturzfrei.
Edelmetall nimmt Taylor Knibb trotzdem mit nach Hause: Sie gewinnt mit der amerikanischen Triathlon-Staffel Silber, vor allem dank einer der schnellsten Radrunden bei den Frauen.
Auf Olympiagold folgt der Ausschluss aller Frauen
Treffer, Treffer und wieder ein Treffer. 200 von 200 Tontauben schoss Zhang Shan bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona vom Himmel. Sie dominierte im gemischten Skeet-Wettbewerb alle ihre 40 männlichen Kontrahenten und gewann sensationell Olympiagold. Ein Sieg für die Geschichtsbücher. Und der bisher letzte Auftritt an einem olympischen Mixed-Wettbewerb im Skeet.
Der Verband beschliesst danach, bei den nächsten Spielen 1996 keine Mixed-Wettbewerbe im Tontaubenschiessen mehr durchzuführen. Eine eigene Klasse für Frauen wird ebenfalls nicht angeboten. Es ist gleichbedeutend mit dem Ausschluss der Siegerin von 1992. Jahre später sagt die Chinesin dem Magazin “Sport des Südens” mit einem Lachen: “Das hatten die schon vorher vor, ich bin daran nicht Schuld.”
Erst im Jahr 2000 erhalten die Frauen ihren eigenen Wettbewerb. Zhang wird bei diesen Spielen Achte. Sie kann ihren Coup von 1992 nie mehr wiederholen. Das Mixed im Einzel wird an Olympia bis heute nicht mehr durchgeführt. Dafür feiert am Montag der Mixed-Team-Wettkampf sein olympisches Debüt. Quasi eine Annäherung an die alten Tage. (lob)
Die wunderbare WC-Pause des Nils
Einen bekannteren Ort für eine dringend benötigte Toilettenpause hätte sich Nils Politt nicht aussuchen können. Der deutsche Radprofi bekam im olympischen Strassenrennen am Samstag plötzlich Magenprobleme, benötigte recht dringend ein stilles Örtchen. Da sein Rennen sowieso gelaufen war, stoppte der 30-Jährige einfach auf der Schlussrunde in Paris am Streckenrand – und landete im berühmten «Café des 2 moulins» aus dem Film «Die wunderbare Welt der Amélie».
Auf der Plattform X kursieren diverse Videos, die Politt in dem von Fans überfüllten Café direkt an der Strecke zeigen. Offenbar erleichtert lächelnd bahnt sich der Klassiker-Spezialist seinen Weg durch die Menge, klettert über die Absperrung und steigt wieder auf sein Rad. Das Ziel erreicht Politt abgeschlagen auf Platz 70 mit fast 20 Minuten Rückstand.
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«Von jetzt auf gleich bekam ich Magenprobleme und musste das Rennen unterbrechen. Ich habe keine Ahnung, was die Ursache war, aber damit war das Rennen für mich gelaufen», sagte Politt. Der wohl schwache Trost für Politt: virale Berühmtheit – und er hat eines der bekanntesten Cafés der Filmgeschichte von innen gesehen. (DPA/tzi)
Farewell-Schwumm für den Schweizer Vorkämpfer
Die Tränen waren schon am Donnerstagabend geflossen, gut kaschiert, was bei einem Schwimmer, bei dem sowieso alles nass ist, nicht schwierig ist. Der Genfer Jérémy Desplanches hatte sein letztes Einzelrennen in seiner grossen Karriere bestritten, es war ein Moment der Wehmut, aber ohne Reue.
Es war ein Abend der gegensätzlichen Gefühle. Denn kurz vorher hatte er sein Aufwärmprogramm ganz einfach unterbrechen, aus dem Pool steigen und hinüber stürmen müssen in den anderen Teil der Halle. Dort stand Roman Mityukov und sprach über seinen Bronze-Coup. Desplanches sprang ihn an, herzte ihn, sie lachten beide und freuten sich.
Am Samstag hat sich Mityukov nun revanchiert. Er legte, im wirklich letzten Olympiarennen Desplanches’, als Startschwimmer der Schweizer Lagenstaffel in einer Badekappe mit der Aufschrift «Desplanches» los. Es wurde zum Farewell-Schwumm für seinen Genfer Clubkollegen, seinen Freund. Danken wollte er ihm für gemeinsame harte Trainingsstunden, ganz allgemein dafür, dass er in den letzten Jahren die Vorkämpfer- und Beraterrolle übernommen hatte. Und dass sie trotz aller Mühsal sehr viel lachen konnten. (mos)
«Ich habe Tennis nie gemocht»: Andy Murray geht mit Humor
Der Vorhang fällt am späten Nachmittag in der Pariser Bullenhitze. Nach letzten 117 Minuten als Profi auf dem Tenniscourt. An der Seite seines Landsmanns Dan Evans unterliegt Andy Murray im Viertelfinal des olympischen Turniers am Donnerstag dem US-Doppel Taylor Fritz/Tommy Paul 2:6, 4:6 und beendet mit dem Match seine Karriere. Was sich schon länger abgezeichnet hat, ist jetzt Tatsache: Auch der Doppel-Olympiasieger, einst Mitglied der «Big Four», ist wie Roger Federer ab sofort Ex-Profi.
In seiner Twitter-Bio wurde aus «spielt Tennis» schlicht «spielte Tennis».
So war er, der Schotte, der sich selbst nie ganz so wichtig nahm: Humorvoll und schalkhaft, aber auch kratzbürstig und widerborstig. «Ich kann heulen wie Federer», sagte er einmal. «Zu blöd, kann ich nicht auch Tennis spielen wie er.» Es ging aber auch ernsthaft, Murray setzte sich für die Gleichstellung von Tennisspielern und Tennisspielerinnen ein wie kein anderer auf der Tour. Legendär, wie er einmal einen Journalisten korrigierte, als dieser in einer Frage zu US-Profi Sam Querrey die Leistungen von dessen Landsfrauen Venus und Serena Williams nicht berücksichtigt hatte.
So hat Murray auch nach seinem letzten Spiel eine letzte Pointe parat. Kurz und knapp meldete er sich spät am Donnerstagabend auf Twitter: «Ich habe Tennis ohnehin nie gemocht.» (wie)
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Der Beizer will schon schliessen – da kommt ein ganzes Rugby-Team
Wer draussen im 18. Arrondissement in Paris eine Kneipe führt, der rechnet weniger mit hohem Besuch. Wie Amar. Ihm gehört The Kop Bar, ein kleiner, ruhiger Pub mit Fussballschals an den Wänden, einer einzigen Toilette und nicht sehr vielen Sitzplätzen. Immerhin: Mohamed Mbougar Sarr, Träger des französischen Literaturpreises Prix Goncourt, hat hier einmal eine Lesung abgehalten.
Amar steht jeden Tag hinter dem Tresen, seit fünf Jahren gehört ihm die Bar. Frei gibts nicht, geöffnet ist von 13 Uhr bis 2 Uhr morgens. Am besten brummt der Laden, wenn der FC Liverpool spielt. Sein Pub ist die offizielle Bar eines Pariser Liverpool-Fanclubs, sagt Amar. Nicht ganz zufällig: Er ist selbst Fan des Clubs. Schrifsteller Sarr übrigens auch
An diesem Dienstagabend will Amar etwas früher schliessen. Die paar Stammgäste sind schon alle weg, und dann beginnt es auch noch zu regnen zum Ende eines jener Hitzetage, wie sie gerade in Paris kaum zu ertragen sind. Die ersten Tische und Stühle hat er schon weggestellt.
Dann aber fahren plötzlich ein Dutzend Autos vor auf dem Boulevard des Maréchaux und stoppen direkt vor der Beiz. Um die 40 Leute steigen aus und kommen in Amars Pub. Stellt sich heraus: Es ist das US-amerikanische Rugby-Team der Frauen, das sich auf der Suche nach einem Ort, um den Gewinn der Bronzemedaille zu feiern, ausgerechnet The Kop ausgesucht hat. Die Bar ist sogleich gerammelt voll.
Der überrumpelte Amar gerät schnell in den Mittelpunkt und darf mit der Bronzemedaille aufs Foto. Sammy Sullivan, eine der Spielerinnen, prostet ihm auf einem Video zu, das er stolz auf seinem Handy zeigt. «Auf die Kop Bar!», ruft Sullivan mit Pint-Glas in der Hand, die anderen Spielerinnen johlen. Für Amar ist klar: Die Fotos bekommen demnächst einen Ehrenplatz in der Bar. (wie)
Kiffer Snoop Dogg gewinnt Gold
Die Tradition ist bei den Olympischen Spielen so etwas wie die 33. Sportart. So alt wie die Spiele selbst. Wurden als Erinnerung an die Teilnahme 1896 noch Holzstückchen getauscht, so sind es heute Pins. Die Sportlerinnen tun es, die freiwilligen Helfer und die Fans. Immer wieder sieht man an den Sportstätten jemanden sitzen, der Pins mit den unterschiedlichsten Sujets zum Tauschen ausgebreitet hat.
Tennis-Olympiasieger Andy Murray ist ein eifriger Sammler und hat nach drei Olympiateilnahmen eine riesige Kollektion. Sein vielleicht wertvollstes Stück ist eine Eigenkreation von Simone Biles: Die Ausnahmeturnerin hat für die Paris-Spiele eigene Pins designt, um sie zu tauschen. Nicht mit jedermann oder jederfrau, es sind schon Beziehungen nötig. Murray liess seine zur britischen Turnerin Rebecca Downie spielen, um an einen Biles-Anstecker heranzukommen.
Gold an diesen Pin-Spielen geht aber für einmal nicht an die Superturnerin. Gold gewinnt Snoop Dogg. Auch der US-Rapper, ein grosser Sportfan und Co-Kommentator beim US-Sender NBC, hat für Paris 2024 ein spezielles Modell geschaffen. Es zeigt den Musiker selbst, wie er fünf olympische Ringe über den Eiffelturm bläst. Dazu muss man wissen: Snoop ist bekennender Kiffer, es ist sein Markenzeichen. Er rauche 80 Joints pro Tag, verriet er einmal.
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Sein Kiff-Pin ist natürlich der grosse Renner, Simone Biles hat einen erhalten. Auch US-Tennisspielerin Coco Gauff liess Snoop einen zukommen, Videobotschaft inklusive. «Der beste Pin, den ich je erhalten habe», jubelte Gauff zurück. (wie)
Wer ist der Mann mit der Blümchen-Hose?
Nicht alle Helden tragen einen Umhang, heisst es. Nun wissen wir: Manche tragen dafür eine Speedo-Badehose mit bunten Blümchen. Und: Gewisse Jobs an den Olympischen Spielen sind doch eher speziell.
Wie der nicht restlos austrainierte Mann heisst, der beim Schwimm-Wettbewerb unvermittelt ins TV-Bild stürmt und zu 45 Sekunden Fame kommt, ist leider nicht bekannt. Ein Flitzer wars aber nicht, sondern ein freiwilliger Helfer auf einer Mission: US-Schwimmerin Emma Weber hat ihre Badekappe verloren, und es gibt bei solchen Wettbewerben tatsächlich jemanden, der hilflos umhertreibendes Material aufsammelt. In diesem Fall eben unseren Helden mit Blümchen-Hose. Er reagiert sofort, rennt zum Becken, springt hinein und rettet die frauenlose Kopfbedeckung. Die Leute im Schwimmstadion johlen und klatschen.
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Die Szene sorgt auch bei den Fernseh-Kommentatoren für Erheiterung. Im US-TV verpassen sie dem Mann schnell einen Übernamen: «Bob, the cap catcher.»
Im deutschen Sender ZDF sagt Kommentator Tom Bartels ironisch: «Das ist natürlich ein spektakulärer Auftritt vor 17’000 Zuschauern, wenn du derjenige bist, der in Topform die Badekappe rausfischen darfst.» Der TV-Mann kriegt sich kaum noch ein vor Amüsiertheit: «Das ist wirklich genial. Er hat sich wohl lange überlegt, was er trägt, wenn er hier vor die Masse tritt.» (wie)
Sie schreit vor Verzweiflung
Wie ein Märchen war es damals an den Spielen in Tokio gewesen, als Japan schon am zweiten Tag das Unwahrscheinliche erlebte. Innerhalb von nur einer halben Stunde ereignete sich vor leeren Tribünen eine Premiere: Hifumi Abe und Uta Abe wurden beide Olympiasieger im Judo. Gold für den Bruder, Gold für die zwei Jahre jüngere Schwester – was war das für ein Fest. Nie zuvor hatten Geschwister an den Spielen an einem Tag triumphiert.
Uta Abe, die Schwester, sank damals auf die Matte und weinte hemmungslos vor sich hin. Dafür entschuldigte sie sich später: Vielleicht sei eine solche Reaktion nicht angemessen gewesen, vielleicht hätte sie in ihren Emotionen zurückhaltender sein sollen.
In Paris nun ging es um das Ziel Doppel-Doppel-Gold. Nichts sprach dagegen, denn 2022 und 2023 waren die Geschwister beide Weltmeister geworden. Und wieder sank Uta Abe auf die Matte in der Champ-de-Mars-Arena – und weinte erneut hemmungslos. Doch diesmal waren es bittere Tränen. Gold war weg, Uta Abe hatte eben ihre erste Niederlage seit fünf Jahren (!) erlitten. Es wuchs sich fast zum Drama aus, denn neben der Matte brach die junge Frau richtiggehend zusammen.
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Antrieb genug für den Bruder, jetzt erst recht standhaft zu bleiben. Er schaffte es, richtete sich nach gewonnenem Final auf, streckte zwei Finger für zwei Goldmedaillen in die Luft, suchte seine Schwester auf der Tribüne und sagte hernach: «Ich hatte keine Wahl, als älterer Bruder musste ich das so machen.» (mos)
Alles Aargau oder was?
Natürlich steht der Super-Bau an einer Autobahn. Wo denn sonst, viel anderes als Autobahnen gibt es in diesem Kanton ja nicht. Heisst es jedenfalls.
Der Aargau gilt rundherum als eher mittelmässiger Kanton, als graue Maus, in nichts besonders herausragend. Auch im Sport. Sein bester Fussballclub? Müht sich in der Challenge League. Eishockey? Regio League. Die letzten Olympiasieger? Simon Schürch 2016 – in einem Ruderboot mit drei anderen. Oder 1994 Donat Acklin. Bremser im Bob. Der Aargau geht gerne vergessen.
In Paris allerdings stellt er den Grossteil einer erfolgreichen Mannschaft: im Kunstturnen. Vier der fünf Turner stammen aus dem Aargau, sie kommen aus Dörfern wie Kirchdorf, Uerkheim, Küngoldingen. Nie gehört? Eben. Und doch: Dass sich die Equipe wie vor drei Jahren für den olympischen Teamfinal qualifiziert hat und damit zu den besten acht Mannschaften der Welt gehört, grenzt an Parforce. Der Final findet am Montag statt.
Wen auch immer man befragt zu dem Erfolgsrezept der Aargauer: Begründet wird es mit der hervorragenden Ausbildung, das regionale Leistungszentrum bringt seit zwei Jahrzehnten immer wieder starke Turner heraus. Was viel mit dem Trainerduo Nikolai und Sergei Maslennikow zu tun hat, Vater und Sohn, die es verstehen, die Turner auf den Punkt zu fördern. «Nikolaj ist technisch einer der besten Trainer der Welt», findet Matteo Giubellini, der mit seinen 19 Jahren in der Qualifikation der beste Schweizer Turner war. Seit 2002 wirkt Nikolai Maslennikow im Aargau.
Kürzlich hat das Leistungszentrum in Lenzburg eine neue Turnhalle erhalten, die selbst für europäische Verhältnisse Massstäbe setzt. Sie ist von der A1 aus zu erspähen, auf der linken Seite Richtung Bern. Aber Vorsicht: Die Halle mit modernstem Innenausbau ist leicht zu übersehen. Wie der Aargau. (wie)
Italiens Fahnenträger verliert Ehering bei Eröffnungsfeier
Der Fahnenträger der italienischen Equipe, Gianmarco Tamberi, hat während der Eröffnungsfeier seinen Ehering in der Seine verloren. Der 32 Jahre alte Hochspringer gehörte auf dem Boot der italienischen Delegation zu den Sportlern, die am wildesten feierten. In all dem Trubel und bei heftigem Regen rutschte jedoch sein Ehering vom Finger und fiel vom Boot ins Wasser, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Die Aussichten des Olympiasiegers von 2021, den Ring in der Seine wiederzufinden, sind praktisch null. Von seinen Teamkollegen musste sich Tamberi einigen Spott anhören, bekam aber auch Trost. Einer der italienischen Wasserballer tröstete ihn: «Wenn du ein Gold verloren hast, findest du ein anderes.»
Tamberi entschuldigte sich später bei seiner Frau Chiara Bontempi. «Es tut mir leid, meine Liebe, es tut mir so leid. Zu viel Wasser, zu viele verlorene Kilos in den letzten Monaten oder vielleicht die unbändige Begeisterung für das, was wir taten. Wahrscheinlich alles drei.» Er wusste dem Verlust aber auch Gutes abzuringen: «Möge es ein gutes Omen sein, mit einem grösseren Gold nach Hause zurückzukehren.» (DPA)
Das IOK und die streikenden Hotelmitarbeitenden
Hôtel du Collectionneur, also Hotel der Sammler, heisst die Herberge der IOK-Familie an diesen Spielen. Muss man erwähnen, dass es sich um ein 5-Sternehotel handelt? Knapp 22 Millionen Franken soll das IOK dem Hotel dafür bezahlt haben, dass es alleinigen und damit exklusiven Zugang während der Spiele erhielt. Und immerhin 9 Millionen Franken wurden in diesem Jahr an die Shareholder verteilt.
Dass viele der Angestellten hingegen seit sieben Jahren keine Lohnerhöhung erhalten haben, machten sie just in diesen Tagen publik – und drohten bei fehlendem Entgegenkommen mit Streik. Negativschlagzeilen aber wollten die Hüter der Ringe natürlich vermeiden. Und doch streikten die Angestellten am Donnerstag, weil die erhoffte Einigung ausblieb. Die Bilder gingen viral und bescherten dem IOK, das doch so gerne betont, wie gross es Fairness gewichtet, den ersten peinlichen Moment dieser Spiele. Die Botschaft war jedem klar: Während die honorigen Damen und Herren im Luxushotel verwöhnt werden, leben die Angestellten teilweise am finanziellen Limit. (cb)
Die Briten setzen auf Kaffee – von einer Star-Barista
Es sind ja mitunter die kleinen Dinge, die Grosses bewirken können – zum Beispiel ein feiner Kaffee (oder zwei) nach dem Aufstehen. Danach fühlt sich der Tag schon sehr viel besser an. Das wissen auch die Optimierer von Team GB. Sie haben darum gleich die Barista des Jahres der britischen Kaffeekette Costa ins olympische Dorf transferiert. Dort sorgt Joanne Osborne für koffeinhaltige Seelenkitzler. Die Verantwortlichen peilen damit ein weiteres Ziel an: dass sich Athleten und Athletinnen, Coaches oder andere Betreuer zu einem Schwatz zusammenfinden und damit den Team Spirit stärken. Er wirkt im Idealfall golden – oder fördert zumindest die Leistung.
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Barista Osborne wiederum muss dieser Tage wahrlich olympische Fleissarbeit betreiben, sind doch mehrere hundert Teammitglieder in Paris. Am nachgefragtesten ist in Team GB übrigens der Kurze mit ein bisschen Milch, noisette (Haselnuss) im Französischen genannt. (cb)
Für die Besten ein Stück Eiffelturm
Vor drei Jahren, zu Beginn der Spiele in Tokio, hat es an dieser Stelle geheissen: «Ab heute gibt es Edelschrott!» Gemeint waren damit die Olympiamedaillen, die die Japaner – ganz nachhaltig – aus gesammeltem Altmetall gefertigt hatten. Ganz anders jetzt in Paris: Da ist das Edelmetall schon Edelmetall, bevor es zur Olympia- und Paralympics-Auszeichnung wurde.
Die Franzosen hatten eine ziemlich schöne Idee, und am Designprozess war auch die Athletenkommission beteiligt, die Martin Fourcade leitet. Der einstige Biathlet ist einer der Grössten seines Sports und geradezu Spezialist in Sachen Olympia-Goldmedaillen, fünf hat er davon. Die Grundidee war: Allen auf dem Podest ein authentisches Stück Paris und Frankreich als Erinnerung mit nach Hause geben.
Und so ist eine Medaille entstanden, die zwar wie üblich rund ist, deren Herzstück aber ein Hexagon, die sechseckige Form von Frankreich, ist. Der Clou: Dieses Hexagon ist bei jeder Medaille ein originales Stück Eiffelturm. Die von 1887 bis 1889 erbaute Ikone erlebte seither ein paar Renovationen, dabei wurden auch einmal metallische Elemente entfernt – aber aufbewahrt. Für beispielsweise Olympiamedaillen. Ziemlich exklusiv also, was da den Besten überreicht wird. Denn oben stehen, auf dem Eiffelturm, können ja alle. Oben stehen, auf dem Podest, halt nur die Wenigsten. (mos)
red
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