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Rede in Berlin
Fotografin Nan Goldin löst mit Israel-Aussagen Empörung aus

22.11.2024, Berlin: Nan Goldin spricht auf der Ausstellungseröffnung «Nan Goldin. This Will Not End Well». Mit der Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie wird erstmals ein umfassender Einblick in das Schaffen von Nan Goldin von 1980 bis heute gegeben. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Fabian Sommer)
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Die 71-jährige US-Amerikanerin Nan Goldin zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der zeitgenössischen Fotografie. Die Neue Nationalgalerie in Berlin widmet ihr eine Retrospektive mit dem Titel «This Will Not End Well». Die Ausstellung selbst hat mit dem Nahost-Konflikt nichts zu tun. Doch eröffnet hat Goldin die Ausstellung ihres Werks mit Kritik am israelischen Vorgehen im Gaza-Krieg und löste damit scharfe Reaktionen aus.

Goldin begann ihre knapp 14-minütige Rede mit einer vierminütigen Schweigepause, um an die Todesopfer in den palästinensischen Gebieten, im Libanon und auch in Israel zu erinnern. In der Rede sagte sie: «Ich habe beschlossen, diese Ausstellung als Plattform zu nutzen, um meiner moralischen Empörung über den Völkermord in Gaza und im Libanon Ausdruck zu verleihen.» Deutschland sei die Heimat der grössten palästinensischen Diaspora Europas. «Dennoch werden Proteste mit Polizeihunden bekämpft», sagte sie.

«Haben Sie Angst, das zu hören, Deutschland? Dies ist ein Krieg gegen Kinder», sagte Goldin. Sie stammt selbst aus einer jüdischen Familie. «Meine Grosseltern entkamen den Pogromen in Russland. Ich bin mit dem Wissen über den Nazi-Holocaust aufgewachsen. Was ich in Gaza sehe, erinnert mich an die Pogrome, denen meine Grosseltern entkommen sind.»

Ausserdem sagte Goldin: «Die gesamte Infrastruktur Palästinas ist zerstört worden. Die Krankenhäuser, die Schulen, die Universitäten, die Bibliotheken. Es ist auch ein kultureller Völkermord. Warum kannst du das nicht sehen, Deutschland?»

Aktivisten brüllen Rede von Direktor nieder

Goldins Rede wurde von Teilen des Publikums bejubelt. Museumsdirektor Biesenbach wollte entgegnen, war aber wegen der skandierenden Aktivisten kaum zu hören. Diese forderten in Sprechchören unter anderem die «Freiheit Palästinas». Als sich die Lage beruhigt hatte, las Biesenbach die Rede noch einmal vor.

22.11.2024, Berlin: Klaus Biesenbach (r), Direktor Neue Nationalgalerie, steht nach einer pro-palästinensischen Demonstration auf der Ausstellungseröffnung «Nan Goldin. This Will Not End Well» auf der Bühne. Mit der Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie wird erstmals ein umfassender Einblick in das Schaffen von Nan Goldin von 1980 bis heute gegeben. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Fabian Sommer)

«Unsere Arbeit stützt sich auf grundlegende Werte, die nicht zu negieren sind», sagte er. «Das Existenzrecht Israels steht für uns ausser Frage. Der Angriff der Hamas auf den jüdischen Staat am 7. Oktober 2023 war ein grausamer Terrorakt, der durch nichts zu rechtfertigen ist.» Er ergänzte: «Gleichzeitig fühlen wir mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und im Libanon mit, deren Leid nicht übersehen werden darf.»

Reaktionen aus der Politik

Kulturstaatsministerin Claudia Roth von den Grünen erklärte: «Ich bin entsetzt, wie der Direktor der Neuen Nationalgalerie niedergebrüllt wurde.» Das sei absolut inakzeptabel. Goldins künstlerische Arbeit sei verdienstvoll. Doch «die unerträglich einseitigen Ansichten der politischen Aktivistin auch zu Israel» lehne sie ab, betonte die Grünen-Politikerin.

Berlins Kultursenator Joe Chialo von der CDU meinte ebenfalls: «Ich teile die Position von Nan Goldin nicht und empfinde ihre Statements als kaum hinnehmbar. In unserer Stadt Berlin, in der der Holocaust geplant wurde, und die nun für Freiheit steht, ist eine derart geschichtsvergessene Einseitigkeit inakzeptabel.» Das aggressive Publikum habe mangelnde Bereitschaft zum friedlichen Dialog gezeigt. «Vor diesen radikalen Äusserungen werden wir nicht weichen», erklärte Chialo.

Für Sonntag ist ein begleitendes Symposium geplant. Roth betonte, Boykottaufrufe gegen diese Veranstaltung lehne sie ab. Sie hoffe auf eine offene und zivilisierte Debatte.

DPA/nag