Warentransport auf der SchieneKriselnde SBB-Tochter: Grosskunde Coop springt ab
Seit Jahren kämpft das Logistikunternehmen SBB Cargo mit Problemen, Corona verschärfte die Situation. Jetzt geht Grosskunde Coop eigene Wege. Was das für die Angestellten bedeutet, ist noch unklar.
Es ist ein weiterer Tiefschlag für die Güterverkehrstochter der SBB. SBB Cargo verliert mit Coop einen Grosskunden. Auf einen Schlag fallen jährlich 30’000 Wagen weg – das sind fast 5 Prozent der Wagen im sogenannten Wagenladungsverkehr, dem Hauptstandbein von SBB Cargo.
Der Wegfall kommt zu einem äusserst ungünstigen Zeitpunkt: Die SBB-Tochter hat wegen Corona bereits ein schwieriges Jahr hinter sich und will ihren Mitarbeitenden deswegen gar Ferientage streichen.
Ab Mitte des nächsten Jahres fährt Coop nun mit seiner eigenen Güterbahn Railcare. Was der Wegfall bezüglich allfälliger weiterer Sparmassnahmen bedeutet, ist unklar. «Die genauen Auswirkungen des Wegfalls kennen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht», sagt ein SBB-Sprecher.
Auch unklar ist bisher, was dies für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SBB Cargo heisst. In einer Arbeitsgruppe zusammen mit Railcare beziehungsweise Coop erarbeite SBB Cargo die konkreten Umsetzungsschritte und prüfe die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden. «Allfällige Veränderungen bei den Mitarbeitenden werden wie immer in solchen Fällen mit den Sozialpartnern diskutiert», so der Sprecher weiter.
Taskforce eingesetzt
Wie viel des Umsatzes deswegen wegbricht, will SBB Cargo nicht sagen. Doch spurlos geht der Abgang nicht an der Firma vorbei: Eine Taskforce namens «Auslastung und Marge» ist nun an der Arbeit, um Massnahmen wegen des Entscheids von Coop zu eruieren. Die Taskforce wurde erst in diesem Sommer ins Leben gerufen, um «die Auswirkungen der Verkehrsverluste durch Corona und die Wirtschaftslage aufzufangen», so der Sprecher. Allein dieser Schritt zeigt, dass das Geschäft von SBB Cargo arg unter Druck steht.
Das ist für SBB Cargo nichts Neues. Immer wieder schrieb das Unternehmen Verluste, baute Stellen ab, stellte sich neu auf. Nun soll der kürzlich erfolgte Einstieg von privaten Investoren helfen, den Turnaround zu schaffen. Die SBB halten dabei aber noch immer die Mehrheit am Unternehmen. Ob die Wende gelingt, ist offen, genau wie die Frage, wie gross SBB Cargo dereinst noch sein wird.
Turbulenzen gab es bei SBB Cargo zudem zuletzt wegen geplanter Preiserhöhungen. Kunden liefen und laufen noch Sturm gegen teilweise massive Verteuerungen der Dienstleistungen. Die wurden zwar teilweise vom Bundesamt für Verkehr gestoppt, zumindest fürs nächste Jahr. Die Verhandlungen zu Preiserhöhungen dürften jedoch nur verschoben und nicht aufgehoben sein. Auch wenn SBB Cargo wegen Corona wohl vom Bund Gelder über rund 35 Millionen Franken erhalten könnte.
Coop mit eigenen Güterzügen
Bereits heute fährt Railcare mit eigenem Rollmaterial einen Teil der Transporte von Coop auf den Schweizer Schienen. In Zukunft wird sie nun noch wichtiger. Die Firma ist seit der Übernahme durch Coop im Jahr 2010 gewachsen und soll nun alle Verkehre, ausser zum Beispiel Importe, für die Detailhändlerin übernehmen.
Coop sagt, dass der Wechsel nicht mit einer möglichen Preiserhöhung seitens SBB Cargo zu tun habe. Dank der massgeschneiderten Lösung von Railcare könne Coop die angestrebte Transportverlagerung von der Strasse auf die Schiene forciert vorantreiben, sagt eine Sprecherin.
Railcare ist dabei nicht nur für Coop unterwegs, sondern steht auch sonst in direkter Konkurrenz zu SBB Cargo. «Für potenzielle weitere Kunden, die Transporte aktiv von der Strasse auf die Schiene verlagern wollen, bleibt Railcare weiterhin offen und bietet entsprechende Tür-zu-Tür Transportdienstleistungen an», so die Sprecherin weiter. Bereits heute transportiert Railcare für die Schweizer Salinen Salz und fährt die Pommes-Chips von Zweifel von A nach B.
Fehler gefunden?Jetzt melden.