Krieg in NahostGrösste Demonstration gegen Netanyahu seit dem 7. Oktober
Zehntausende Israelis haben ein Ende der Regierung und die Freilassung der im umkämpften Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert. Bei mehreren Bombardements sind im Gazastreifen mehr als 60 Menschen getötet worden.
Zehntausende Israelis demonstrierten erneut gegen die Regierung von Premier Benjamin Netanyahu. Allein in Tel Aviv beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren am Samstag 150’000 Menschen an den Protesten, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Es habe sich um die grösste Protestaktion in der Küstenstadt seit dem 7. Oktober gehandelt.
Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba und anderen Orten fanden Massenproteste statt, bei denen Neuwahlen gefordert wurden – und ein Deal mit der Hamas zur Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. In Tel Aviv riefen Demonstranten: «Lebendig, lebendig – und nicht in Leichensäcken!»
Nach dem Ende der Proteste zogen einige Hundert Demonstrierende zum Hauptquartier der Netanyahu-Partei Likud, wo sie Feuer anzündeten. Es kam zu Rangeleien mit der Polizei, mindestens drei Personen wurden verhaftet.
Angriff auf Zeltlager
Bei israelischen Luftangriffen sind in den vergangenen Tagen Dutzende Palästinenser ums Leben gekommen. Am Samstag starben nach palästinensischen Angaben mindestens 42 Menschen in Gaza-Stadt im Norden des Gazastreifens. Ziel des Beschusses seien das Viertel Al-Tuffah und das Flüchtlingslager Al-Shati gewesen, meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf das von der Hamas geführte Medienbüro der Regierung.
Wie israelische Medien berichten, hatten die israelischen Streitkräfte «wichtige Militärinfrastruktur der Hamas» im Visier und wollten den hochrangigen Funktionär Raad Saad ausschalten. Der Zeitung «Maariv» zufolge ist Saad die Nummer vier der islamistischen Terrororganisation, deren Mitglieder am 7. Oktober 2023 etwa 1200 Israelis töteten und mehr als 240 Geiseln nahmen. Saad soll zu den Qassam-Brigaden, dem militärischen Arm der Hamas, gehören. Aus Sicherheitskreisen erfuhr «Maariv», dass «mindestens 40 Terroristen» getötet worden seien. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
22 Menschen sterben nahe Einrichtung des Roten Kreuzes
Bereits am Freitag starben 22 Menschen beim Beschuss eines Zeltlagers in Mawasi nahe Rafah, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mitteilte. Ein IKRK-Gebäude sei von Hunderten vertriebenen Zivilisten umgeben gewesen, die dort ebenso in Zelten lebten wie Mitarbeiter des Roten Kreuzes. «So gefährlich nah an humanitären Einrichtungen zu feuern, gefährdet das Leben von Zivilisten und humanitären Helfern», hiess es weiter.
Den Kriegsparteien ist den Angaben nach bekannt, wo sich humanitäre Einrichtungen befinden. Grosskalibrige Geschosse seien nur wenige Meter vom Büro entfernt gelandet, klagte das IKRK, ohne eine Vermutung abzugeben, wer den Angriff durchführte.
William Schomburg vom IKRK in Rafah sagte der BBC, er habe «Kinder, Frauen, junge Männer» gesehen, die infolge der Explosionen «extrem schwer verletzt» wurden. Israels Armee teilte mit, den Vorfall weiter zu prüfen. Einer ersten Untersuchung zufolge gab es keinen direkten Angriff auf eine Einrichtung des Roten Kreuzes. Israel wirft der Hamas seit Jahren vor, ihre Kämpfer und Waffen in Wohngebieten zu verstecken.
Palästinenser auf Motorhaube geschnürt
Am Sonntag sagten Anwohner zu Reuters, israelische Panzer seien bis an den Rand des Flüchtlingslagers Mawasi vorgerückt. Nach Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sind seit Kriegsbeginn mindestens 37’598 Menschen durch israelische Angriffe getötet worden.
Für Empörung in den sozialen Netzwerken sorgte ein Video, das ein israelisches Militärfahrzeug im Westjordanland zeigt, auf dessen Motorhaube ein verletzter Palästinenser gebunden worden war. Den Soldaten wurde vorgeworfen, den Mann in Jenin als «menschlichen Schutzschild» missbraucht zu haben. Die israelische Armee bestätigte den Vorfall, geltende Regeln seien gebrochen worden. Der verletzte Verdächtige sei dem Roten Kreuz zur medizinischen Behandlung übergeben worden, berichtet die BBC.
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