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Sanktionen gegen Weissrussland
Konten von Lukaschenkos Akteuren werden gesperrt

EU-Ratspräsident Charles Michel verkündet die Einigung bei den Sanktionen gegen Weissrussland. 
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Ende gut, alles gut? 55 Tage nach dem Beginn der friedlichen Proteste in Weissrussland hat sich die EU am Sondergipfel der Staats- und Regierungschef doch noch auf Sanktionen gegen das Regime in Minsk einigen können. EU-Ratspräsident Charles Michel sprach in der Nacht auf Freitag von einem «klaren Signal der Glaubwürdigkeit». Die Einreise- und Kontensperren gegen wichtige Akteure im Umfeld von Langzeitdiktator Alexander Lukaschenko sollen jetzt rasch in Kraft gesetzt werden.

Die EU ist bemüht, ihre «Weltpolitikfähigkeit» zu demonstrieren. Auch wenn das Signal sehr spät kommt. «Die EU handelt jetzt gegenüber denjenigen, die sich demokratischen Bewegungen entgegenstellen», sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sprach ebenfalls von einem «wichtigen Signal». Die EU reagiert damit auf die Tatsache, dass das Regime in Minsk die Präsidentschaftswahlen von Ende August gefälscht hat und seither Proteste der Opposition mit Gewalt niederzuschlagen versucht.

Lukaschenko vorerst ausgenommen

Lukaschenko selber soll vorerst von den Strafmassnahmen ausgenommen bleiben. Die EU will sich hier die Möglichkeit für Gespräche offenhalten. Ratspräsident Charles Michel schloss aber nicht aus, Lukaschenko zu einem späteren Zeitpunkt auf die Liste zu setzen, sollte es nicht zu einem Dialog kommen. Die EU hat das Ergebnis der Präsidentenwahlen in Weissrussland vom August nicht anerkannt, die Amtsinhaber Lukaschenko mit über 80 Prozent gewonnen haben will. Die Einigung über die Sanktionen gegen Belarus wurde jetzt mit grosser Verspätung möglich, nachdem Zypern ein Veto aufgehoben hatte.

Die wochenlange Blockade hat ein Schlaglicht auf die Handlungsfähigkeit der EU geworfen, die in aussenpolitischen Fragen einstimmig entscheidet. Zypern wollte ursprünglich Sanktionen gegen Weisrussland nur zustimmen, wenn gleichzeitig auch Strafmassnahmen gegen die Türkei beschlossen werden.

Positive Agenda bedeutet Zuckerbrot und Peitsche.

Dies, weil türkische Schiffe in Erdgasfeldern bohren, die auch von der Regierung in Nikosia beansprucht werden. In langen Gesprächen, zum Teil im kleinen Kreis, musste in der Nacht auf Freitag ein Kompromiss gefunden werden, dem Zypern zustimmen konnte. Neben Griechenland drängten Länder wie Frankreich und Österreich auf eine harte Gangart gegenüber Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte sich mit ihrer vorsichtigen Linie gegenüber der Türkei am Gipfel durchsetzen.

Am Ende setzte sich jedoch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer «positiven Agenda» weitgehend durch. Nach dem Prinzip von «Zuckerbrot und Peitsche» soll die Türkei dazu bewogen werden, die illegalen Erdgasbohrungen einzustellen. Die EU stellt sich hier klar hinter ihre Mitglieder Zypern und Griechenland. «Wir sind bereit, uns positiv für die Türkei zu engagieren, vorausgesetzt, die Türkei bewegt sich in eine positive Richtung und stellt die einseitigen Handlungen ein, die gegen internationales Recht verstossen», sagte EU-Ratspräsident Charles Michel.

Vorsicht gegenüber der Türkei

Bei den positiven Anreizen geht es um alte Anliegen der Türkei. So stellt die EU in Aussicht, ein Zollabkommen zu modernisieren und den Handel weiter zu vereinfachen. Im Angebot ist auch eine Lockerung oder eine Aufhebung der Visumspflicht. Die Aufhebung der Visumspflicht ist bisher an den Antiterrorgesetzen in der Türkei gescheitert, aber auch an grundsätzlichen Vorbehalten in vielen EU-Staaten.

Die EU signalisiert ferner Bereitschaft, den Migrationsdeal zu erneuern und über neue Gelder zu reden. Die EU hat der Türkei nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 in einem ersten Anlauf drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die zum grossen Teil ausbezahlt worden sind.

Erdogan drängt auf eine Neuauflage des Deals und weitere Zahlungen. Die Staats- und Regierungschefs wollen an einem Gipfel im Dezember analysieren, ob die Türkei auf die positiven Anreize reagiert hat. Andernfalls, so die Warnung, will die EU «alle Instrumente und Optionen» nutzen, die ihr zur Verfügung stehen. Die Frage der Sanktionen gegen die Führung von Präsident Erdogan dürfte spätestens Ende Jahr wieder für hitzige Diskussionen sorgen. Die EU kann ihre «Weltpolitikfähigkeit» also bald wieder testen.