Analyse zum Konflikt Israel - IranNetanyahu-Regierung plant einen Gegenschlag
Israel hat das Recht, sich gegen massive Angriffe des Iran zu wehren, wie seine Verbündeten betonen. Aber am Ende sollte es nicht isoliert dastehen.
Wenn man die Rauchzeichen richtig deutet, die aus den Sitzungen des Kriegskabinetts in Tel Aviv aufsteigen, dann plant Israel gerade die Quadratur des Kreises. Nicht mit Zirkel und Lineal, sondern mit Bomben und Raketen. Der beispiellose Angriff des Iran auf den jüdischen Staat soll kraftvoll militärisch beantwortet werden. Die Antwort aber soll keinen grossen regionalen Krieg auslösen. Die Botschaft lautet, dass der Iran zittern muss, aber die Welt beruhigt sein kann. Klingt gut, kann aber kaum klappen.
Es mag tatsächlich sein, dass die israelische Führung glaubt, ein solches Manöver könnte gelingen, weil der Iran sich am Ende trotz aller Drohungen nicht traut, auf den Gegenschlag mit einem weiteren Gegenschlag zu antworten. (Hören Sie zum Thema auch unseren «Apropos»-Podcast: «Wie wird Israel auf den Angriff des Iran reagieren?»)
Allerdings glaubten die Israelis bis zum 7. Oktober auch nicht, dass die Hamas angreifen würde. Und als sie am 1. April in Damaskus per Luftangriff sieben hohe iranische Revolutionsgardisten unter den Trümmern eines Botschaftsgebäudes begruben, rechneten sie wohl auch nicht damit, dass der Iran als Antwort mehr als 300 Drohnen und Raketen schicken würde. Vorsicht also vor israelischen Vorhersagen – die können schnell in eine Eskalationsspirale münden.
Schwäche gilt als Einladung an Feind
Wer das verhindern will, darf allerdings nicht nur wohlfeil an Israel appellieren, Zurückhaltung zu üben angesichts der drohenden Gefahren, wie das der Chor der verbündeten Staats- und Regierungschefs gerade tut. Israel hat das Recht, sich gegen einen solchen massiven Angriff zu wehren.
Dass in der Nacht zum Sonntag kein grosser Schaden entstand, belegt nur, dass Israels Abwehrwaffen besser sind als die iranischen Angriffswaffen. Es ist kein Beweis dafür, dass die Mullahs nur spielen wollten. Das nächste Mal könnten sie bessere Raketen schicken. Beim übernächsten Mal dann eine schmutzige Bombe mit Beistoffen aus ihrem Atomprogramm.
Zurückhaltung wird im Nahen Osten als Schwäche ausgelegt. Schwäche ist eine Einladung an den Feind zum Angriff. Genau so hatte es das Regime in Teheran auch jetzt kühl kalkuliert: Erst wurde Israel unter Druck gesetzt durch die Teheraner Handlanger der Hamas in Gaza und der Hizbollah im Libanon. Als sich dann plötzlich Risse zeigten in der Allianz zwischen Israel und den USA, wagten sich die Drahtzieher – zum ersten Mal – selbst aus der Deckung. Dieses Kalkül darf nicht aufgehen. Es ist also alternativlos, den Iran in die Schranken zu weisen.
Stärke zeigen, aber auf kluge Weise
Zu klären ist nur, wie das am besten gelingen kann – und dies sollten Israel und seine Verbündeten unbedingt gemeinsam tun. Für Israel wäre es dabei besser, nicht auf seinem Recht zum Gegenschlag zu beharren, sondern klug zu handeln. Ein Pyrrhussieg ist kein Erfolg. Nicht Israel sollte am Ende isoliert dastehen, sondern der Terrorstaat Iran.
Israel also braucht im Kampf gegen den Iran Verbündete. Wie wichtig das ist, hat sich schon bei der Abwehr des iranischen Angriffs gezeigt. Am Abschuss der Drohnen und Raketen waren nicht nur die Amerikaner beteiligt, sondern auch arabische Staaten, die sich genau wie Israel vom Iran bedroht fühlen. Das ist ein positives Zeichen, aber längst nicht genug.
Das gegen den Iran zu schmiedende Bündnis muss eine glaubhafte militärische Drohung verbinden mit maximalem diplomatischem und wirtschaftlichem Druck auf das Regime. Der Iran selbst hat mit dem Angriff auf Israel dafür gesorgt, dass es nicht länger vom kühlen Schatten aus seine Kriege führen kann.
Fehler gefunden?Jetzt melden.