Corona-Medienkonferenz des BundesratsMigros & Co. verkaufen ab nächster Woche Masken, Aldi startet bereits jetzt
Die Landesregierung informierte zur Lockerung der Corona-Massnahmen in der Schweiz ab dem nächsten Montag. Wir berichteten laufend.
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Bundesrat lockert in den nächsten Wochen schrittweise die Massnahmen zum Schutz vor dem neuen Coronavirus.
- Er sieht dazu keine allgemeine Maskentragpflicht vor.
- Die Branchen und Betriebe sind verpflichtet, die Lockerung mit Schutzkonzepten zu begleiten. Darin können sie die Nutzung von Masken vorsehen.
- Der Bund liefert ab nächster Woche während zwei Wochen täglich eine Million Hygienemasken an führende Detailhändler, um die Versorgung mit Masken zu unterstützen.
- Aldi verkauft ab Donnerstag Masken aus eigenen Beständen.
- Das Sortiment in Lebensmittelläden bleibt nun doch eingeschränkt.
- Insgesamt gab es am Mittwoch 28'268 laborbestätigte Fälle.
- Die Todesfälle in allen Kantonen zusammen nahmen nach einer Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf 1490 zu.
Zusammenfassung
Das Sortiment in Lebensmittelläden bleibt nun doch eingeschränkt. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. Er ist damit auf seinen Entscheid von vergangener Woche zurückgekommen.
Gewisse Güter des täglichen Bedarfs sollten verkauft werden dürfen, sofern sie sich auf der Verkaufsfläche der Lebensmittelläden befinden. «Wir haben festgestellt, dass das zu vielen Unsicherheiten geführt und viele Fragen aufgeworfen hat», sagte Gesundheitsminister Alain Berset.
Deshalb sei der Bundesrat auf seinen Entscheid zurückgekommen. Kritisiert worden war unter anderem die Ungleichbehandlung von grossen Detailhändlern und Fachgeschäften. Die Sortimentsbeschränkung bleibt damit bis voraussichtlich am 11. Mai im Kraft. An dem Datum sollen alle Verkaufsgeschäfte wieder öffnen dürfen.
Berset stellte auch beschränkte Lockerungen in der Gastronomie, im Tourismus, im Kulturbetrieb und im Sport in Aussicht. Erste Entscheide will der Bundesrat schon nächste Woche fällen. Bisher hat er diesen Branchen keine Perspektiven geboten. Nun schloss Berset gewisse Lockerungen schon vor dem 8. Juni nicht aus.
Eine allgemeine Maskentragpflicht hält der Bundesrat nach wie vor für den falschen Weg, weil Masken zur Missachtung der Hygieneregeln verleiten könnten. Wichtiger sei nach wie vor, die geltenden Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. kämen nur ergänzend zum Einsatz.
Auch in den Branchen, die demnächst wieder den Betrieb aufnehmen dürfen, sollen Masken eingesetzt werden. Die Branchenorganisationen müssen dafür Schutzkonzepte erarbeiten, der Bund gibt nur den Rahmen vor. Das Tragen einer Maske könne darin empfohlen oder vorgesehen werden, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung.
Der Bundesrat erinnerte daran, dass das Gesundheitswesen, Unternehmen und Privathaushalte Masken grundsätzlich selber beschaffen müssen. Weil diese derzeit aber sehr begehrt sind, geht auch der Bund mit dem grossen Portemonnaie auf dem Weltmarkt auf Einkaufstour. Allein für Hygienemasken für die Bevölkerung sind fast 400 Millionen Franken budgetiert.
Ab nächster Woche wird die Armeeapotheke während zwei Wochen täglich eine Million Hygienemasken an Detailhändler abgeben. Diese werden sie zum Einkaufspreis abgeben. Bisher wurden 21 Millionen Stück an die Kantone verteilt. Die aktuellen Lagerbestände des Bundes umfassen 18 Millionen Hygienemasken.
Von selbst gebastelten Masken rät der Bundesrat ab. Da solche nur dort eingesetzt werden sollen, wo Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten, sei ein minimaler Schutz wichtig, sagte Berset.
Atemschutzmasken der Schutzklassen FFP2 oder FFP3 sind weiterhin vorwiegend für medizinisches Personal vorgesehen, das im richtigen Umgang mit diesen Masken geschult ist. Am Lager sind derzeit 1,2 Millionen FFP2-Masken. Laut Verteidigungsministerin Viola Amherd sind am Mittwoch zudem zwei Maschinen zur Herstellung solcher Masken in der Schweiz eingetroffen. Damit sollen 80'000 bis 100'000 Masken hergestellt werden können.
Die Corona-Krise wird dem Bund im laufenden Jahr ein Defizit von rund 80 Milliarden Franken bescheren. Trotz dieser düsteren Prognose hat Finanzminister Ueli Maurer die wirtschaftlichen Notfallmassnahmen gelobt. Das Ausland beneide die Schweiz dafür.
Laut Maurer hat der Bund bisher 109'000 Bürgschaften im Umfang von 17 Milliarden Franken bewilligt. Ihm sei bisher kein konkreter Fall von Missbrauch bekannt. Der Bund rechne auch langfristig mit Missbräuchen «deutlich unter einem Prozent».
«Das Liquiditätsprogramm funktioniert», sagte Maurer. Die Schweiz sei weltweit das einzige Land, das nicht nur Kredite gesprochen, sondern diese auch an die Front gebracht habe.
Insgesamt schätzt der Finanzminister, dass maximal 10 Prozent der Kredite nicht an den Bund zurückbezahlt werden. Der normale Verlust im Bürgschaftswesen betrage 1,5 Prozent, seine Aussage sei also sehr defensiv.
Die Kreditsteller seien «verantwortungsvolle Unternehmen, die das Geld zurückzahlen», versicherte Maurer. Und selbst wenn «einige Millionen» bachab gehen sollten, stimme das Gesamtpaket längst.
Mit oder ohne Missbräuche und unabhängig von der Rückzahlquote: Das Notprogramm wird den Bund einiges kosten. Das Defizit des Bundes Ende Jahr dürfte unter dem Strich rund 80 Milliarden Franken betragen, wie Maurer sagte. «Wir bewegen uns in der Grössenordnung eines Jahresbudgets.» Eine genauere Analyse werde der Bund im dritten Quartal 2020 vornehmen.
Experten schätzen, dass der Schweizer Wirtschaft pro Tag im Lockdown rund 500 bis 700 Millionen Franken entgehen. «Je länger wir warten, desto grösser wird dieser Ausfall», sagte Maurer. Jeder Tag des Stillstands habe auch erhebliche Folgen für den Haushalt des Bundes.
Nach der Krise sei es entscheidend, dass Arbeitsplätze erhalten blieben und die Schweiz wettbewerbsfähig bleibe. «Wir müssen möglichst rasch in den normalen Betrieb übergehen.»
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Grosses Defizit beim Bund
Maurer rechnet, dass das Defizit beim Bund rund 30 Milliarden Franken betragen werde. Hinzu kämen Bürgschaften für Kredite im Volumen von 40 Milliarden Franken. Verschlechtet sich die Lage wirtschaftlich weiter, werde es aber noch sehr viel teurer. Genauere Zahlen könne er aber noch nicht sagen.
Weiterhin Homeoffice empfohlen
«Wir stehen am Anfang der Pandemie», meint der Freiburger Berset. Wenn man jetzt zu sehr nachlasse, drohe eine zweite Welle. Er empfiehlt, das Homeoffice aufrecht zu erhalten.
«Wenn man in der Sonne liegt, steckt man sich noch nicht an»
Bundesrat Alain Berset mahnt, dass wenn die Abstandsregeln und Hygienemassnahmen nicht eingehalten werden, es im Sommer noch schlimmer werden könne. Eine Garantie für eine Verbesserung gebe es nicht. Wenn die Bevölkerung weiterhin Disziplin zeige, ermögliche dies weitere Lockerungen.
«Wir tun alles, um einen guten Sommer zu sichern.»
Daniel
Koch vom BAG ergänzt: «Wenn man in der Sonne liegt, steckt man sich noch nicht an.» Man müsse aber bei den zwischenmenschlichen Kontakten vorsichtig sein. Die Bevölkerung habe die Massnahmen bisher gut verstanden und umgesetzt, entsprechend sei das Vertrauen des Bundes in die Menschen gross.
Berset glaubt an Strategie
Alain Berset sagt vielbeschwörend: «Wir tun alles, um einen Wiederanstieg der Ansteckungskurve zu verhindern.» Deshalb werde auch nicht alles am 27. April geöffnet. Man müsse diese Strategie weiter verfolgen, damit genau das nicht passiere.
Dividenden bei Firmen, die Kredite beziehen
Finanzminister Maurer erklärt noch einmal das Wesentliche zu den Überbrückungskrediten. «Diese Mittel sind da, um die Betriebskosten zu decken. Wir wollen verhindern, dass Dividenden ausbezahlt werden. Diese Hilfe betrifft vor allem die KMUs, die leben im Moment sicher nicht in Saus und Braus, die versuchen, über die Runden zu kommen.»
Die Grossunternehmen habe man nicht auf dem Radar, für sie übernehme man aber auch keine Bürgschaften, führt der Finanzminister aus Hinwil weiter aus.
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Müssen alle Schulen am 11. Mai ihre Tore öffnen?
Alain Berset sagt, dass man einen Juristen brauche, um diese Frage zu beantworten. Er vernehme aber von der Erziehungsdirektorenkonferenz, dass man der Meinung sei, die Schulen nicht mehr länger geschlossen zu halten.
Lockerung bei Altersheimen?
Wie es mit den Alters- und Pflegeheimen aussieht, will ein Journalist wissen. «Es sind die Kantone, die das bestimmen, nicht der Bund. Dieser hat nur Empfehlungen herausgegeben. Es ist mir klar, dass die Lage für die Betroffenen sehr schwierig ist.» Aber eine Lockerung sei sehr heikel, weil gefährdete Personen sterben können.
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Wie sieht es mit der Gastronomie aus?
Berset erklärt, dass bis zum 29. April geklärt werden soll, wie man die Gastronomie wieder öffnen könne. Auch das müsse dem Pandemieverlauf angepasst werden. Es gebe aber diverse Konzepte für die Gastronomie.
Maske tragen bei einer Coiffeuse?
Koch (der Mann mit Glatze) glaubt, dass er kaum zu einen Coiffeur gehen müsse (Gelächter im Saal). Aber dort, wo der Sicherheitsabstand in den Geschäften berufsbedingt nicht eingehalten werden könne, trage der Kunde und der Dienstleister eine Maske.
Alain Berset erwähnt noch einmal, dass es von den Schutzkonzepten abhänge, ob man als Privatperson eine Maske brauche oder nicht. Der Gesundheitsminister empfiehlt weiterhin, Distanz zu halten.
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Mundschutz im Restaurant oder beim Coiffeur: Verschiedene Branchen planen, den Lockdown mit einer Maskenpflicht möglichst schnell zu beenden.
Dauerbrenner Maske
Berset erklärt: «Die Branche sagt, wie sie das mit den Masken machen will. Im Moment haben wir aber nur 18 Millionen Masken. Die Lieferungen sind noch nicht alle da.» Amherd ergänzt: «Wir schaffen laufend Masken an. Wir müssen dann aber auch noch eine Reserve haben. Der Markt ist schwierig. Dessen muss man sich bewusst sein.»
Viren-Experte Koch sagt noch, dass es keinen Sinn mache, eine Maske 14 Tage lang zu tragen. «Die Hygienemasken werden vor allem im professionellen Umfeld gebraucht.»
Aldi verkauft ab Donnerstag selber Masken
Wie Aldi Schweiz mitteilt, verkauft der Discounter ab morgen zwei Millionen Einwegmasken. Diese stammen aus dem eigenen Einkauf. Die Preise: Schweizweit sind in allen über 200 Filialen 10-er Packungen zum Preis von 7.20 Franken zu haben. In ausgewählten Filialen sind 50-er Packungen «von renommierten Medizinartikelherstellern» zum Preis von 49.50 Franken zu haben.
Aldi habe bereits zu Beginn der Pandemie eine grössere Menge an Einwegmasken importiert. Diese seien als freiwillige Schutzmassnahme für die eigenen Mitarbeitenden gedacht und würden dem Personal auch weiterhin bei Bedarf zu Verfügung gestellt.
Der Schweizer Discounter habe nun das bestehende Überkontingent dem Bund und Kantonen angeboten. «Da bei den angefragten Institutionen kein Interesse bestand, hat sich der Schweizer Discounter entschlossen, diese nun zu verkaufen.»
Wie sieht es mit grossen Events aus?
Bundesrat Berset hält sich bedeckt wie schon so oft. «Wir wissen nicht, was das für die Zukunft heisst. Wir wussten auch nicht, wann der Peak der Infektionen erreicht ist. Jetzt bereits zu sagen, was für den Oktober gilt, ist sehr schwierig.» Man wolle sich Zeit nehmen, das zu analysieren. Aber man werde das wieder diskutieren.
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Comeback des Tracings
Berset äussert sich noch zum Contact-Tracing. Das habe man begonnen. Nicht alle Kantone seien aber gleich weit. Man sei nun daran, eine allgemeine Teststrategie auszuarbeiten.
Frage zum Sortiment
Die Erweiterung des Sortiments bei den Grossverteilern habe für Verunsicherung gesorgt, sagt Gesundheitsminister Berset. Das sei nicht das Ziel gewesen. Darum habe man die Erlaubnis der Erweiterung auf den 27. April überdacht und stattdessen eine Öffnung für alle im Mai bestimmt.
Sonderfall Kanton Tessin
Alain Berset: «Die vorgesehenen Öffnungen nächste Woche gelten ebenfalls für das Tessin, es kann diese zulassen. Der Kanton kann aber die Massnahmen bis zum 3. Mai verlängern, da es sich auch mit den italienischen Behörden austauschen und abstimmen muss.» Der Bundesrat habe Verständnis für diesen Sonderfall.
Öffnungen der Schulen
Am 11. Mai soll der Unterricht an obligatorischen Schulen wieder aufgenommen werden. Dieser Entscheid des Bundesrats hat zu einer Kontroverse über die Übertragung des Coronavirus durch Kinder geführt. Nach Ansicht der Bundesbehörden ist das Risiko vertretbar.
Daniel Koch, Delegierter für Covid-19 beim Bundesamt für Gesundheit, verweist auf die Auskunft führender Schweizer Kinderinfektiologen. Diese hätten bestätigt, dass sich Kinder selten infizierten und dass sie das Virus selten übertrügen, sagt er. Erste Studien bestätigten das. «Die Kinder können zur Schule, ohne dass man Risiken eingeht», sagt Koch.
Wie die Wiederaufnahme des Schulbetriebs ablaufen soll, entscheiden die Kantone. Ob sie die Wiedereröffnung in eigener Kompetenz verzögern könnten, ist laut Gesundheitsminister Alain Berset eine juristisch schwierige Frage. Der Bundesrat gehe aber davon aus, dass die Schulen wieder geöffnet werden müssten.
Preis der Masken für die Kunden von Migros, Coop & Co.
Zum Preis der Masken erklärt Amherd: «Die Masken gehen zum Einkaufspreis an die Detailhändler und so auch an die Kundschaft. Es soll kein Geschäft damit gemacht werden». Offenbar überprüft das ABC-Labor in Spiez das Material. Es werden auch andere Sicherheitsmassnahmen vorgenommen.
Bund rät vom Masken-Basteln ab
Die ersten Fragen werden gestellt. Die Behörden raten davon ab, Masken selber zu basteln. Berset erinnert daran, dass Hygienemarken ohnehin andere schützen würden und nicht die Träger. Daniel Koch vom BAG ergänzt: Man dürfe sich mit der Maske nicht in falscher Sicherheit wiegen. Man müsse weiterhin den Sicherheitsabstand einhalten.
Wir zeigen trotzdem, wie Masken basteln geht: Selbstversuch , wir nähen uns eine Maske
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