Kommentar zur Zukunft des MilitärsDie Armee muss aufrüsten – das allein reicht aber nicht
Thomas Süssli will eine Armee wie im Kalten Krieg. Neue Waffen zu beschaffen, ist sinnvoll. Doch bei der Kooperation bleibt der Armeechef zu vage.
Vier Männer im Kämpfer, mit Tarnfarbe im Gesicht, schwer bewaffnet. Mit diesem Bild beginnt der Bericht zur Verteidigungsfähigkeit der Armee. Themen wie Diversität in der Truppe oder Solardächer auf Kasernen, die Verteidigungsministerin Viola Amherd zuletzt stark gewichtet hatte, scheinen in den Hintergrund zu rücken.
Was aus Sicht von Armeechef Thomas Süssli künftig zählt, ist Kampfkraft. Klar ist dabei, dass die Armee seit über 20 Jahren, wie von grossen Teilen der Bevölkerung begrüsst, nicht mehr in der Lage ist, Angreifer abzuwehren. Weder am Boden noch in der Luft oder im Cyberspace.
Nun also schlagen die wichtigsten Köpfe der Armee Alarm. Sie finden, es sei wieder nötig – ähnlich wie im Kalten Krieg –, das Land verteidigen zu können. (Mehr dazu: 13 Milliarden Franken für die Aufrüstung – die Einkaufsliste der Armee im Detail.)
Nach der Analyse beginnen die Probleme
Die Beurteilung im Bericht des Chefs der Armee ist schlüssig. So hält er fest, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine für Europa eine sicherheitspolitische Zäsur darstelle. Und, sinngemäss, dass die Vorstellung einer friedlichen, geregelten Weltordnung zum unerfüllbaren Traum geworden ist. Stattdessen erlebt primitivste Machtpolitik eine Renaissance. Und dies auf unabsehbare Zeit.
Nach dieser Analyse beginnen aber die Probleme im Bericht. Denn die Folgerungen aus der international stark verschlechterten Sicherheitslage sind bei vertiefter Betrachtung etwas diffus und ungenau.
Will die Schweiz sich in die Welt des Machtkampfes zurückbegeben, muss sie aufzeigen können, dass sie jeden Eindringling schlagen kann.
Die Armeeorganisation, die der Bericht aufzeigt, präsentiert vor allem alten Wein in neuen Schläuchen. Man gruppiert das um, was man hat, und ergänzt mit allerhand technisch neuen Mitteln. Das liegt sicher auch an den personellen und finanziellen Limiten, welche die Politik dem Armeechef setzt. Aber das Budget der Armee wurde zuletzt deutlich erhöht. Ein weiterer Ausbau ist angesichts der innenpolitischen Verteilkämpfe kaum realistisch.
Will die Schweiz sich tatsächlich in die Welt des Machtkampfes zurückbegeben, dann muss sie gegen aussen glaubwürdig aufzeigen können, jede und jeden schlagen zu können, der in dieses Land einfällt: in einer ersten Phase allein und danach im Verbund mit westlichen Streitkräften. Wie diese Kooperation konkret aussehen soll, dazu äussert sich Süssli allerdings nur oberflächlich. So soll die Schweiz enger mit der Nato kooperieren, auch bei den Bodentruppen. Wie das funktionieren soll – und ob die neutrale Schweiz dies wirklich will –, dazu braucht es nun Antworten von Bundesrat und Parlament.
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