Kommentar zum Alt-BundesratUeli Maurer ist kein Sündenbock, sondern ein Realitätsverweigerer
Der Alt-Bundesrat hat sich erstmals zum PUK-Bericht über den Untergang der CS geäussert. Ueli Maurer verweigert sich dabei den Fakten und betreibt so eine Politik der Verantwortungslosigkeit.
Ende vergangener Woche hat sich Alt-Bundesrat Ueli Maurer erstmals in einem Interview mit dieser Redaktion zum Bericht der PUK über den Untergang der CS geäussert. Dabei macht der frühere Finanzminister mehrere Aussagen, die ein alarmierendes Bild zeichnen – von Ueli Maurer selbst, der sich im Interview hartnäckig den Fakten verweigert, um nicht die Verantwortung übernehmen zu müssen.
Maurer behauptet zum Beispiel, der PUK-Bericht sei nur erstellt worden, um ihn zum Sündenbock zu machen. Dafür blende der Bericht die entscheidende Zeit vor der Zuspitzung der Krise ab Sommer 2022 aus, ebenso die internationale Dimension. «Die PUK schaute nur, was man national in den letzten Wochen anders hätte machen können», sagt der Alt-Bundesrat.
Die Aussage zur PUK ist nicht nur kühn angesichts Maurers Behauptung, er habe den PUK-Bericht gar nicht gelesen. Seine Aussage ist vor allem komplett faktenfrei: Auf nicht weniger als 130 Seiten beleuchtet der PUK-Bericht die Zeit zwischen 2015 und Sommer 2022, als es erste Anzeichen für eine Krise bei der CS gab.
Auch die internationale Dimension ist enthalten: Aus dem PUK-Bericht wird deutlich, dass die Schweiz aufgrund der «Too big to fail»-Regelung vom Ausland massiv unter Druck gesetzt werden konnte – was schliesslich zur Folge hatte, dass nach Ausbruch der CS-Krise zwischenzeitlich 65 Milliarden Franken Bundeshilfe allein in die USA flossen.
Auch sonst verweigert sich Maurer wiederholt den Fakten. Die CS habe «in der frühen Phase (...) zu den am besten kapitalisierten Banken» gehört, noch im Herbst 2022 habe die Finma gesagt, «die Kapitalisierung sei kein Problem». Seit dem PUK-Bericht ist die ausreichende Kapitalisierung als Legende entlarvt.
Bei seinen Geheimtreffen liess sich Maurer von den CS-Verantwortlichen blenden. Das räumt der frühere Finanzminister selbst ein, wenn er sagt, die CS habe die Situation «wohl zu lange zu optimistisch beurteilt». Das tat offenbar auch der damalige Finanzminister.
Maurers Nachfolgerin Karin Keller-Sutter bezeichnet die CS-Verantwortlichen heute als «Brandstifter». In diesem Bild wäre Maurer der Feuerwehrkommandant, der zu lange durch Nichtstun die Brandstifter unterstützte. Oder noch etwas schärfer: der der Feuerwehr die Rauchmelder und das Löschwasser wegnahm. Und der nun, nach seinem CS-Debakel, möglichst rasch den Schauplatz wechseln möchte. Mit einem – am Samstag als Inserat in der NZZ geschalteten – Rundumschlag gegen die EU, die Linken, die Woken und Greta Thunberg, die gemäss Maurer alle unsere Freiheit einschränken wollen. Von einer «Stasi 2.0» ist da gar die Rede.
Maurer ist daher kein Sündenbock, sondern ein Realitätsverweigerer. Das schlägt voll und ganz auf ihn zurück. Aber auch auf seine Partei: Maurer ist nicht einfach ein weiterer SVP-Politiker, sondern der massgebliche Parteiexponent, der Christoph Blocher half, die SVP zur stimmenstärksten Partei des Landes zu machen.
Dass ausgerechnet Maurer sich nun aus seiner Verantwortung ziehen will, die er mit dem Wechsel von der Opposition in die Landesregierung übernommen hatte, und es dazu bislang keine kritischen Stimmen aus der SVP gibt, zeichnet kein gutes Bild. Um glaubwürdig zu bleiben, müsste die SVP – die längst zur Classe politique gehört – sich mit der Kritik auseinandersetzen, dass sie in den Jahren der CS-Krise mit zahlreichen Vorstössen die Finma zu schwächen versuchte – und dass sie mit Ueli Maurer einen überforderten Bundesrat stellte, der sich nun aus der Verantwortung stehlen will.
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