Kommentar zu UnternehmenssteuerpolitikKampf gegen Steueroasen ist gescheitert
Die OECD wollte verhindern, dass Firmen ihre Gewinne in Tiefsteuerländer wie die Schweiz verschieben. Das ist kläglich misslungen und zeigt, dass superkomplexe Regulierung oft nicht funktioniert.
Multinationale Konzerne zahlen ihre Steuern möglichst dort, wo die Steuersätze niedrig sind. Mittels manipulierter konzerninterner Verrechnungspreise, Kreditzinsen und Lizenzgebühren verschieben sie ihre Gewinne in Steueroasen in der Karibik oder in Tiefsteuerländer wie die Schweiz und Irland. Dabei geht es um jährlich Dutzende von Milliarden Franken, wie Untersuchungen zeigen.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) versuchen, diese Praktiken mit Standards und detaillierten Vorschriften einzudämmen.
Doch das funktioniert nicht. Ausser hohen Kosten brachte die grosse Steuerreform im OECD-Musterland Chile gar nichts, wie eine neue Untersuchung zeigt. Weder wurden die Gewinnverschiebungen eingedämmt, noch stiegen die Steuereinnahmen.
Einzig die grossen Beratungsunternehmen profitierten. Die Zahl der Steuerexperten bei Deloitte, EY, KPMG und PWC hat sich innert drei Jahren verzwölffacht.
Die Identifizierung von Schlupflöchern und ausgeklügelten Steuerplanungen ist ein Riesengeschäft.
Ähnlich wie bei den grossen Banken zeigen sich die Tücken einer immer komplexeren Regulierung. Falsche Anreize und unbeabsichtigte Nebenwirkungen sind programmiert.
Immer kompliziertere Vorschriften und detailliertere Informationspflichten über konzerninterne Vorgänge kommen weniger den Steuerbehörden als den Steuerberatern zugute. Die Identifizierung von Schlupflöchern und ausgeklügelten Steuerplanungen ist ein Riesengeschäft.
Das Beispiel zeigt, dass bei Reformen zwingend das Verhalten der grossen Steuerberatungsunternehmen ins Kalkül einbezogen werden muss. Die Berater müssen heute kaum kooperieren – stattdessen werben sie mit ihren hohen Löhnen den Steuerbehörden die Experten ab.
Aber das Debakel in Chile weckt grundsätzliche Zweifel am Sinn der mit grossem Aufwand vorangetriebenen OECD-Steuerreformen. Der Weg scheint in eine Sackgasse zu führen.
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