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Meinung

Kommentar zum Gazprombank-Urteil
Schweiz geht gegen Putins Geldnetz vor – ein starkes Signal

Seine Banker wurden von Richter Sebastian Aeppli verurteilt: Sergei Roldugin mit seinem Freund Wladimir Putin. 
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Verglichen mit dem drastischen Vorgehen anderer Länder gegen das Umfeld von Präsident Putin ist das Urteil des Zürcher Bezirksgerichts vom Mittwoch womöglich nur ein Nadelstich. Doch der trifft nun mitten ins Herz. Denn dieses Mal geht es nicht um irgendeine Jacht von irgendeinem Oligarchen, sondern letztlich um den Kremlherrn selber. (Hier gehts zu den News: Vier Angestellte der Gazprombank Schweiz verurteilt.) 

Der Mann, dessen Schweizer Banker nun verurteilt wurden, ist einer der ältesten und besten Freunde Putins, der Musiker Sergei Roldugin. Er zog in seiner Jugend mit Putin durch die Strassen von St. Petersburg. «Wir trafen uns und trennten uns nicht mehr», schrieb Roldugin in einer Biografie aus dem Jahr 2000 über den Präsidenten. «Er ist einfach wie ein Bruder.» Putin prügelte sich damals sogar für seinen Freund. Dank Roldugin lernte Putin seine erste Frau kennen. Der Musiker war es, der 1985 neben Putin stand, als Taufpate des ersten Kindes des späteren Präsidenten.

Auf dem Papier stand dieser Roldugin mitten in einem Netzwerk aus Konten und Offshore-Firmen, über die Milliarden von Dollar flossen. Die Panama Papers zeigten, dass über die Firmen insgeheim Einfluss auf russische Medien- und Industriekonzerne ausgeübt wurde – ja dass sie sogar das Ferienresort finanzierten, in dem Putins Tochter heiratete.

Hier sendet der Rechtsstaat in der Person von Richter Aeppli ein Signal aus, das von der Schweiz sonst nicht so deutlich kommt.

Seit Jahren weisen investigative Journalisten weltweit darauf hin, dass der Musiker, der selbst sagte, er sei kein Millionär, unmöglich hinter allem stecken könne. Heute bestätigt auch ein Schweizer Gericht diese Recherchen. Richter Sebastian Aeppli urteilt, dass die tatsächlichen Besitzer der Schweizer Konten aus Roldugins Netzwerk nicht richtig abgeklärt wurden. (Mehr dazu: 30 Millionen für einen Cellisten, «Und sie fragten nicht nach».)

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und es ist sehr wahrscheinlich, dass es weitergezogen wird, womöglich bis ans Bundesgericht. Das ändert aber nichts daran, dass hier der Schweizer Rechtsstaat in der Person von Richter Aeppli ein starkes Signal ausgesendet hat, das von der Schweiz sonst nicht so deutlich kommt. Es geht an zwei Adressaten.

Einerseits an Russland. Hier lautet die Botschaft: «Wenn ihr unseren Finanzplatz missbraucht, dann gehen wir gegen euch vor, selbst wenn womöglich euer Präsident dahintersteckt.» Man könnte eigentlich meinen, dies sei selbstverständlich, doch in Wahrheit konnte sich der Oligarchenzirkel rund um Putin seit Jahrzehnten fast durchweg darauf verlassen, dass Schweizer Staatsanwälte ihn in Ruhe lassen.

Das Urteil richtet sich auch gegen Banker, Treuhänderinnen und Anwälte, die zu solchen Geschäften Hand bieten.

Gerade die Bundesanwaltschaft wies bei zahlreichen mutmasslichen Korruptions- und Betrugsfällen mit russischen Geldern stets darauf hin, dass ihr die Hände gebunden seien. Denn für eine Verurteilung wegen Geldwäscherei brauche es Rechtshilfe aus dem Staat, wo ein Verbrechen geschah, in diesem Fall also Russland. Ohne den Segen des Kreml wären also Anklagen bei uns nicht möglich.

Ein Staatsanwalt aus dem Kanton Zürich hat nun den mächtigen Bundesermittlern gezeigt, dass man sehr wohl erfolgreich gegen Schweizer Banker vorgehen kann, die bei solchen Geschäften mitmachen. Statt wegen Geldwäscherei können sie für mangelnde Sorgfalt vom Strafrichter verurteilt werden. (Porträt über Sebastian Aeppli: Der Richter für komplexe Fälle nimmt sich Putins Geldspur an.)

Genau dies ist das zweite Signal dieses Urteils: Es richtet sich gegen Banker, Treuhänderinnen und Anwälte, die zu solchen Geschäften jahrzehntelang Hand geboten haben. Sie können sich nicht mehr darauf verlassen, dass ihnen, wie bisher im schlimmsten Fall, die Finanzmarktaufsicht eine Strafe auferlegt, die nie öffentlich wird und die auch der Bank nicht wirklich schadet. Jetzt drohen die Richterin oder der Richter und ein Prozess vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Das ist eine Abschreckung, die wohl besser wirken wird.