Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Prozess um Putins Geldspur in die Schweiz
30 Millionen Franken für einen Cellisten: «Und Sie fragten nicht nach»

Medien aus der ganzen Welt berichteten am Mittwoch vom Prozess in Zürich.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Im spektakulären Fall zu Putins Geldspur in die Schweiz – der auch von der internationalen Presse verfolgt wird – kam es im Gerichtssaal zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen der Zürcher Staatsanwaltschaft und den Anwälten der Beschuldigten. Es geht um die Frage, ob die vier angeklagten Banker der Gazprombank Schweiz nicht genügend abgeklärt haben, ob hinter zwei Konten tatsächlich der Freund Putins, Sergei Roldugin, stand – oder womöglich doch der Kremlherrscher und seine Entourage.

Die Kontrahenten deckten sich gegenseitig mit dem Vorwurf ein, den Fall überhaupt nicht verstanden zu haben. Die Angeklagten zeigten sich aber vor dem Richter wortkarg, keiner wollte sich zu den Vorwürfen selber äussern. Drei der vier sind Russen und wollten sich nur via Dolmetscherin äussern. Der Richter befragte sie zu ihren Lebensumständen. So kam zum Beispiel aus, dass einer der Banker im Jahr 2020 über eine Million Franken verdiente. Einzelne haben neben ihrem Wohnsitz in der Schweiz eine Zweitwohnung in Moskau.

Noch ein Verfahren

Es wurde auch deutlich, dass gegen einzelne der Angeklagten noch ein Verfahren beim Eidgenössischen Finanzdepartement läuft. Und zwar ebenfalls wegen der Konti des Putin-Freundes bei der Gazprombank. Das Finanzdepartement wirft ihnen vor, in diesem Fall der Finanzmarktaufsicht Finma falsche Auskünfte gegeben zu haben.

Die angeschuldigten Russen klagten, ihnen drohe wegen des Verfahrens ein grosser Reputationsschaden. «Ich werde keinen Job mehr in der Branche finden bei einem Urteil», meinte einer. «Auch nicht im Ausland.» Dabei seien Angehörige von ihnen abhängig.

«Wenn bei dieser Konstellation keine weiteren Abklärungen notwendig sind – wann dann?»

Zürcher Staatsanwalt Jan Hoffmann

Staatsanwalt Jan Hoffmann argumentierte in seinem Plädoyer nicht nur juristisch, sondern auch mit dem gesunden Menschenverstand. «Wie ist das möglich?», fragte er in die Runde. «30 Millionen Franken gingen über die Konten eines Cellisten, obwohl er keine Geschäftstätigkeit hatte. Er war einer der engsten und ältesten Freunde des russischen Staatsoberhaupts. Er erhielt aus ungeklärten Gründen Millionendarlehen und besitzt 20 Prozent eines russischen Konzerns mit Einfluss auf die Medien des ganzen Landes.» Wie also sei das möglich? «Das fragt sich doch jeder objektive Betrachter», sagte er. «Es lagen massive Verdachtsmomente vor.»

Und trotzdem hätten die Banker der Gazprombank die Konten einfach eröffnet, ohne Fragen zu stellen. «Sie fragten nicht, wie das alles zusammenpasst. Sie haben das nicht mit Sorgfalt abgeklärt», so der Staatsanwalt. Dabei habe dieser Fall so viele Warnsignale gehabt, dass er geradezu als Musterbeispiel herhalten könnte, warum man bei einer Kontoeröffnung eben nachfragen müsse. Sein Fazit: «Wenn bei dieser Konstellation keine weiteren Abklärungen notwendig sind – wann dann?» Die Regeln seien klar, die Formel sei einfach, jeder Banker kenne sie: «Know your customer.»

Als Günstling des Kreml zu Geld gekommen

Die Verteidiger hingegen setzten ganz aufs Juristische. Roldugin habe am 7. Februar 2022 schriftlich bestätigt, er sei der wahre Besitzer all der Offshorefirmen und ihrer Beteiligungen. Der Staatsanwalt hatte vermerkt, dass der Musiker dabei keinerlei Erklärungen lieferte, warum er zu so viel Reichtum und Einfluss kam. Doch für die Verteidiger sei es gerade Roldugins Rolle als «Günstling des Kreml», die es ihm erlaubt habe, an beträchtliche Summen zu kommen.

«Diese Art der Günstlingswirtschaft ist nach hierzulande herrschenden Vorstellungen zwar verwerflich», erklärt einer der Anwälte, doch im vorliegenden Prozess gehe es eben nur darum, ob der Musiker nun tatsächlich der Besitzer gewesen sei oder nicht. Mit anderen Worten: Roldugin mag womöglich durch seine Nähe zu Putin an sein Geld gekommen sein. Aber es gehöre dann trotzdem ihm, und die Bank habe ihn richtig als Besitzer identifiziert, so die Argumente der Verteidigung.

Es sei absurd, sagt etwa Anwalt Thomas Sprenger: «Obwohl nicht erwiesen ist, dass die falsche Person als wirtschaftlich Berechtigten identifiziert wurde, wirft die Staatsanwaltschaft meinem Mandanten vor, den falschen wirtschaftlich Berechtigten identifiziert zu haben.»

Am Ende des Prozesstages entschied Richter Sebastian Aeppli, das Urteil erst am 30. März zu verkünden.