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Verhandlungsstart in Zürich
Medienrummel vor Prozess um Putins Geldspur in die Schweiz

Die Folgen des Zürcher Prozesses betreffen ihn persönlich: Kremlchef Wladimir Putin.
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Es sind die grossen Medienhäuser der Welt, die sich heute einen der wenigen Sitze im Bezirksgericht in der Zürcher Wengistrasse gesichert haben. Das «Wall Street Journal» aus New York, Reuters aus London, die «Süddeutsche Zeitung» aus München, für das österreichische Fernsehen ORF ist gar ein Kameramann vor Ort.

Der Grund: An diesem Morgen geht es um Bankkonten aus dem innersten Umfeld von Kriegsherr Wladimir Putin persönlich.

Angeklagt sind vier Banker der Gazprombank Schweiz, darunter der CEO. Einzelrichter Sebastian Aeppli muss nun entscheiden, ob sie bei den Millionentransfers über diese Konten ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben. Alle vier plädieren auf Freispruch.

Die Ränge im Gerichtssaal sind voll

John Revill von Reuters ist schon frühmorgens vor dem Gerichtsgebäude. «Dieser Fall ist international sehr wichtig», sagt er, «denn er hat mit Wladimir Putin zu tun, der mutmasslich ein Milliardenvermögen besitzt und seit dem Ukraine-Krieg im internationalen Fokus steht.» Das Geld der Oligarchen sei seit den Sanktionen ein grosses Thema, dieses Gerichtsverfahren drehe sich nun aber um die Schlüsselfrage, wo Putin sein Geld habe. «Der Prozess heute könnte dazu Hinweise liefern.»

Vor dem Eingang des Gerichtsgebäudes haben sich Kamerateams von drei Sendern aufgestellt. Die Beschuldigten kommen nicht nur mit ihren Anwälten, sondern auch mit Kommunikationsspezialisten. Die Journalistinnen verteilen sich auf zwei Säle. Verfolgt wird der Prozess aber nicht nur vor Ort, sondern weltweit – und das hat einen handfesten Grund: «Die Ermittlungen und dieser Prozess wurden letztlich ausgelöst durch die Recherchen von uns und unseren Medienpartnern im Jahr 2016», sagt James Oliver, Produzent bei der Investigativsendung «Panorama» der britischen BBC.

«Seit Jahren sind Schweizer Banker reichen Russen, Oligarchen und Putin-Freunden behilflich.»

Frederik Obermaier, Paper Trail Media

Gemeint sind die Panama Papers, die enthüllten, dass Putins Umfeld Gelder über die Gazprombank verschiebt. «Der Prozess gegen die vier Mitarbeiter der Gazprombank ist eine Spätfolge unserer Recherchen zu den Panama Papers», erklärt auch Isabel Pfaff, die als Korrespondentin der «Süddeutschen Zeitung» vor Ort ist. Natürlich stosse das auch in Deutschland auf grosses Interesse. Dabei gehe es auch um das Image der Schweiz.

«Seit Jahren sehen wir, wie Schweizer Banker und Finanzdienstleister reichen Russen, Oligarchen und Putin-Freunden behilflich sind», erklärt Frederik Obermaier von Paper Trail Media, der führend an den Enthüllungen beteiligt war. «Dass vier Banker dafür möglicherweise nun zur Verantwortung gezogen werden, ist ein wichtiges Signal.»

«Dieser Fall ist international sehr wichtig»: Kamerateam vor dem Zürcher Bezirksgericht.

Was für ein Signal heute aus dem Gerichtssaal 4 an die ganze Welt geht, ist aber noch unklar. Die beiden Konti, um die es geht, hat die Gazprombank 2014 eröffnet. Auf dem Papier gehörten sie dem russischen Cellisten Sergei Roldugin.

Doch die Panama Papers und nun auch die Ermittlungen der Zürcher Staatsanwaltschaft zeigen gleich zwei Probleme. Erstens flossen über die Konten Millionen, doch Roldugin selbst sagte, er besitze keine Millionen. Zweitens ist er auch noch einer der engsten persönlichen Freunde von Kremlherrscher Wladimir Putin. Roldugin ist sogar Taufpate seiner Tochter.

Die vielen Dutzend Millionen, die auf und über die Konten bei der Gazprombank flossen: Sollten sie wirklich ihm gehört haben? Oder war er nur ein Strohmann für das russische Establishment oder gar Putin selbst, die in der Schweiz ihren Reichtum parkiert hatten?

In der Anklageschrift steht, es sei notorisch, dass der russische Präsident Putin offiziell nur ein Einkommen von 100’000 Franken habe, aber über enorme Vermögenswerte verfüge, welche von ihm nahestehenden Personen verwaltet würden. «Schon aus diesen allgemein bekannten Umständen hätte sich ein erheblicher und tiefgreifender Abklärungsbedarf ergeben», schreibt der fallführende Staatsanwalt.

Haben die Banker die Informationen über Roldugin also zu wenig sorgfältig geprüft? Um diese zentrale Frage geht es in diesem Prozess.

Ob Richter Sebastian Aeppli heute auch gleich das Urteil verkünden wird ist unklar. Angeklagt sind vier Banker, die 2014 bei der Kontoeröffnung Verantwortung trugen. Darunter auch der CEO der Bank. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Abklärung der Identität des Besitzers der Konten die nötige Sorgfaltspflicht vernachlässigt zu haben. Sie bestreiten diese Vorwürfe.

Für die internationalen Medien ist es ein entscheidender Moment. «Jetzt werden wir sehen, inwiefern Banker und andere Finanzintermediäre zur Rechenschaft gezogen werden können», sagt BBC-Journalist James Oliver.