Kolumne «Heute vor»Mit leeren Versprechungen lässt sich keine Villa bezahlen
Mit einem angeblichen Millionenerbe versuchte ein Deutscher vor 65 Jahren in Richterswil eine Villa zu erschnorren. Derweil sorgte ein betrunkener Lastwagenfahrer in Stäfa für Schlagzeilen.
Als Werbeberater war der 50-jährige Deutsche wohl geübt darin, Leute um den Finger zu wickeln. Zumindest war er im September 1958 auf bestem Weg, sich mit nichts als schönen Worten eine Villa in Richterswil zu erschnorren. Wie der «Anzeiger des Bezirks Horgen» – ein Vorgänger der «Zürichsee-Zeitung» – damals berichtete, war der Hochstapler zuvor mit einer 39-jährigen Komplizin in die Schweiz eingereist.
Gehör verschaffte sich der Werbefachmann mit der Behauptung, dass er eine amerikanische Erbschaft in Höhe von rund 7,5 Millionen US-Dollar erwarte. In der heutigen Zeit würde dies einer Kaufkraft von fast 80 Millionen Dollar entsprechen. Mit dem angeblichen Geldsegen in Aussicht leitete er die Kaufverhandlungen für eine Villa ein und kam mit seiner Begleiterin in einem Hotel in der Gemeinde unter.
Teppiche bestellt und geliefert
Um welches Anwesen es sich konkret handelte, geht aus dem damaligen Bericht nicht hervor. Ganz zufrieden war der Schwindler mit der Liegenschaft jedenfalls nicht – weshalb er «bereits Handwerker zum Ausbau der Villa konsultierte». Ausserdem bestellte er schon einige teure Perserteppiche bei einer Zürcher Firma, die auch geliefert wurden.
Aber auch der gutmütigste Gläubiger lässt sich irgendwann nicht länger vertrösten. «Als die Erbschaft nicht eintraf, wurden die Leute stutzig und die Polizei griff ein», schreibt der Autor. Bei der Verhaftung sei das «Hochstaplerpaar» nur im Besitz weniger Franken gewesen.
Später stellte sich zudem heraus, dass der Betrüger in Deutschland Frau und Kind zurückgelassen hatte. Der Hotelier, der dem Betrüger neben dem Obdach auch noch ein Darlehen gewährte, kam mit 10'000 Franken zu Schaden.
Fahrlässige Freinacht
Ehrlich zu seinem Fehlverhalten stehend, zeigte sich hingegen ein Lastwagenfahrer, der zeitgleich am rechten Ufer für Schlagzeilen sorgte. Wie die «Zürichsee-Zeitung» berichtete, war der Chauffeur mitsamt Anhänger in voller Fahrt auf den Verkehrsteiler vor der ehemaligen Buchdruckerei in Stäfa gedonnert.
Die beiden Lichtsäulen sowie die in der Mitte der Verkehrsinsel stehende Strassenlaterne vermochten den Lastwagen nicht zu bremsen. Erst nachdem er an einem zweiten Verkehrsteiler vorbeischrammte, das Trottoir überquerte und mit einem Baum unliebsame Bekanntschaft machte, kam der Lastzug quer auf der Seestrasse zu stehen.
Dabei wurde dem schweren Fahrzeug ein Teil des linken Vorderrads abgerissen und die Vorderachse gebrochen. Grund für den Unfall war der hohe Alkoholpegel, den der Fahrer im Blut hatte. Nach «genossener Freinacht» sei er erst um 5 Uhr morgens heimgekehrt, habe sich kurz umgezogen und darauf sofort die Fahrt begonnen, gestand er.
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