Kolumne «Fast verliebt»Können sich alte weisse Männer auch in weise alte Männer verwandeln?
Yes, they can! Der einstige Mr. Universum Arnold Schwarzenegger zeigt, wie es geht – in seinem Lebensratgeber, mit dem er gerade die Bestsellerlisten stürmt.
«Wollen wir nicht alle geliebt werden?», fragt Arnold Schwarzenegger in der Netflix-Dokuserie «Arnold» (2023): «Sollten wir dann nicht auch Liebe zurückgeben?»
Dem steirischen Landjungen sind schon drei grosse Karrieren gelungen: als Mr. Universum und Mr. Olympia im Bodybuilding, als Terminator im Film, als Governor von Kalifornien in der Politik. Jetzt ist er wieder mal die Nummer eins: Als Lebensratgeber auf der Bestseller-Liste der «New York Times». In «Be useful» stellt Schwarzenegger «Sieben einfache Regeln für ein besseres Leben» auf.
Dabei erzählt er auf berührende Weise, wie er Hindernisse überwand, etwa seine schwierige Kindheit mit dem prügelnden Vater. In den letzten Jahren hat sich Schwarzenegger zum vierten Mal neu erfunden: als Dadfluencer. Auf Instagram folgen ihm 25 Millionen Menschen. Er versucht, seine Fans zu empowern, bezieht in Youtube-Videos Stellung zum Ukraine-Krieg oder zu Antisemitismus und trifft dabei einen erstaunlich guten Ton.
Und so kommt es, dass man vom 76-jährigen Arnie noch etwas anderes lernen kann. Nämlich, wie man kein «alter weisser Mann» wird, der sich verbittert an Privilegien klammert und andere ausgrenzt:
Gehe mit der Zeit und lerne
Wegen seiner Vorliebe für Hummer-SUV überrascht es vielleicht, aber Schwarzenegger ist Veganer und engagiert sich für die Umwelt. Das tat er schon als Gouverneur, als er in Kalifornien eine so ehrgeizige Klimapolitik durchsetzte, dass ihm Präsident Barack Obama dafür dankte. Schwarzenegger, der alte Haudrauf, hat heute zudem einen zeitgemässen Begriff von Stärke: Es geht ihm um die Fähigkeit, authentisch zu bleiben, auch gegen Widerstand, und darum, Unbehagen auszuhalten, um innerlich zu wachsen.
Bitte um Verzeihung, wenn du Mist gebaut hast
Auch Arnie war nicht immer untoxisch. An Filmsets hat er Frauen belästigt. Später hat er seine Familie «zerdeppert», wie er sagt, indem er ein Kind mit seiner Hausangestellten bekam. Anders als viele Männer (und Politiker) seiner Generation ist er allerdings in der Lage, zu seinen Fehlern zu stehen und Menschen, die er verletzt hat, um Verzeihung zu bitten, sogar öffentlich.
Hege keine Feindbilder
Schwarzenegger ist ein Philanthrop. Er gibt Geld für wohltätige Zwecke aus, aber noch grundsätzlicher ist vielleicht, dass er anderen Menschen erst mal unvoreingenommen und mit Sympathie begegnet: «Ich verstehe die Sichtweise nicht, jemanden als Feind zu betrachten», sagt er: «Ich kann mich mit jedem verständigen und einen Weg finden, zusammenzuarbeiten.» In seiner Zeit als republikanischer Gouverneur machte er eine offen lesbische Demokratin, Susan Kennedy, zu seiner Stabschefin. Heute reicht er in seinen Videobotschaften selbst Nazis sowie Anhängern und Anhängerinnen von Verschwörungstheorien die Hand, um sie zur Umkehr zu bewegen.
Kurz: Alte weisse Männer spalten – weise alte Männer wie Arnold Schwarzenegger bauen Brücken.
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