Leserfrage: AktientippsKönnen Sie mir eine Dividendenperle empfehlen?
Schöne Renditen sind verlockend. Doch hohe Dividenden sind nur sinnvoll, wenn die Gewinnentwicklung nachhaltig und die Firma robust kapitalisiert ist.
Ich bin auf einen guten Ertrag aus meinen Aktien angewiesen und daher immer auf der Jagd nach Aktien mit einer hohen Dividendenrendite. Haben Sie mir einen Tipp? Leserfrage von F.K.
Dividenden sind für Aktionäre eine wichtige Einnahmequelle, die man nie unterschätzen sollte und die stark für ein Engagement in Aktien spricht – erst recht in Zeiten rekordtiefer Zinsen, während denen viele Obligationen kaum mehr Zins oder nur einen mickrigen Zins abwerfen. Für viele sind Aktien mit einer hohen Dividendenrendite zu einem Obligationenersatz geworden. Die damit verbundenen Risiken sind allerdings unterschiedlich. Bei Aktien muss man in der Lage sein, höhere Risiken und Kursschwankungen zu tragen.
Da Sie an guten Dividenden interessiert sind, dürften Sie die bekannten Schweizer Dividendenperlen wie Swisscom, Nestlé, Swiss Re, Swiss Life oder Novartis bereits im Depot haben. Dass es allerdings riskant sein kann, nur einer möglichst hohen Dividendenrendite nachzujagen, zeigt das Beispiel Swiss Re. Der Rückversicherer wurde hart von der Coronakrise getroffen. Die Aktie gehörte im vergangenen Jahr zu den Papieren mit der schlechtesten Kursentwicklung im Swiss Market Index.
Zwar kann man sich an einer hohen Dividendenrendite von rund 7 Prozent erfreuen, aber sitzt gleichzeitig auf schmerzlichen Buchverlusten. Dazu kommt, dass die Dividenden nie garantiert sind. Gerade in Krisenzeiten und wenn Unternehmen massive Gewinnrückschläge erleiden, muss man mit Dividendenkürzungen oder sogar –streichungen rechnen. Im Falle der Swiss Re erwarte ich allerdings nach wie vor eine hohe Dividende. Das freut die Aktionäre.
«Schon mancher Privatinvestor hat böse Überraschungen erlitten, weil er nur auf eine hohe Dividendenrendite geachtet hatte.»
Wenn die hohe Dividende aber zu einem grossen Teil aus den Reserven beglichen wird, ist dies problematisch, falls es nicht nur ein Einzelfall ist. Noch offensichtlicher ist der Hinweis auf die hohe Dividendenrendite bei vielen kleineren und mittelgrossen Unternehmen, die zwar als Dividendenperlen bekannt und beliebt sind, deren Gewinnentwicklung aber Sorgen bereiten. Ein typisches Beispiel dafür ist die APG. Die auf Aussenwerbung spezialisierte Gesellschaft wurde im letzten Jahr brutal von der Coronakrise getroffen. Der Umsatz ging stark in den Keller. Auf der Basis der letztjährigen Dividendenausschüttung weist die APG eine hohe Dividendenrendite von über 10 Prozent aus. Ich zweifle aber, dass die APG erneut eine hohe Dividende ausschütten kann und rechne mit einer starken Kürzung. Auch hier sitzen viele Anleger auf beträchtlichen Buchverlusten, weil sie wohl zu stark nur auf die Dividendenrendite geachtet hatten.
Natürlich ist die Dividende wichtig. Vor einem Aktienkauf sollte man aber auch andere Kennzahlen einer Börsenfirma anschauen und sich kritisch fragen, ob die hohe Dividende der Vergangenheit auch im aktuellen Marktumfeld wirklich nachhaltig ist. Schon mancher Privatinvestor hat böse Überraschungen erlitten, weil er einseitig nur auf eine hohe Dividendenrendite geachtet hatte. Natürlich kann man solche Buchverluste auch ausblenden, wenn man bereit ist, eine Aktie lange im Depot zu behalten. Nach einem Dividendenabgang kommt es bei allen Aktien in der Regel zum Dividendenabschlag beim Kurs. Nur sollte eine Aktie später in der Lage sein, diesen Dividendenabschlag wieder zu kompensieren, was längst nicht in jedem Fall gegeben ist. Dazu kommt, dass die Dividendenrendite ja nicht eine feste Kennzahl ist, sondern jeden Tag je nach Kursverlauf schwankt, weil sie das Verhältnis der erwarteten – oder oft auch vergangenen – Dividende zum momentan Aktienkurs ausdrückt.
Ich empfehle Ihnen, nicht zu stark nur einer hohen Dividendenrendite nachzujagen, sondern vor einem Aktienkauf zu prüfen, wie es um die Gewinnaussichten einer Börsenfirma steht und wie solide sie kapitalmässig aufgestellt ist. Hohe Dividenden sind nur nachhaltig, wenn die Gewinnentwicklung nachhaltig ist und die Firma robust kapitalisiert ist.
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