Kloten-Coach Stephan Mair«Nichts ist schlimmer als eine Schlaftablette als Trainer»
Er nennt sich Workaholic, ist fordernd, emotional und konsequent – und hat die Pfeife im Training immer griffbereit. So tickt Stephan Mair, der Neue an der Klotener Bande.
Stephan Mair spricht mit lauter, fordernder Stimme, kommentiert jede Aktion – und unterbricht die Trainingseinheit, sobald ihm etwas nicht passt. Die Pfeife hält der Südtiroler, der beim Saisonstart jeweils an Heiserkeit leidet, stets griffbereit. Ist er mal still, kaut er wie wild auf seinem Kaugummi. «Nichts ist schlimmer als eine Schlaftablette als Trainer», sagt Mair. «Doch nie werde ich persönlich, rufe keinen Spieler beim Namen. Es ist immer situationsbezogen.»
Seit Montag führt der 56-Jährige die Geschicke in Kloten. Verpflichtet wurde Mair über den Kopf von Sportchef Larry Mitchell hinweg, der das Team als Interimscoach zuletzt zu vier Siegen in Folge führte. Mit dem Deutsch-Kanadier hat sich Mair nur kurz unterhalten. «Natürlich war ich erleichtert», sagt der neue Coach nach dem erfolgreichen Einstand beim 3:2-Sieg gegen Meister Servette am Dienstag.
Als Nachteil wollte er die Resultate seines Vorgängers nicht werten. «Erstens geht es nicht um mich. Zweitens verfügen die Spieler nun über mehr Selbstvertrauen.» Mair lebt nach dem Motto: «Es geht nicht darum, was dir im Leben passiert, sondern, wie du damit umgehst.» Er befindet sich mittlerweile in den Katakomben der Stimo-Arena, gestikuliert, bewegt sich mal nach links, mal nach rechts. Doch still stehen kann dieser Mann nicht.
Er hat keine Sekunde gezögert
Der zweifache Familienvater hat keine Sekunde gezögert, als die Anfrage aus Kloten kam. Mair, der zuletzt die U-20-Junioren von Ambri trainierte, versuchte nicht einmal, eine Option auf eine Vertragsverlängerung herauszuschinden. Bereits in einem Monat könnte seine Amtszeit am Schluefweg wieder zu Ende sein. «Es galt: Nimm es oder lass es», sagt Mair. «Ich kann nicht zaubern, sehe es aber als Chance. Ich kann der Mannschaft punkto Stabilität helfen.»
Mair gilt als akribischer Arbeiter, ist detailversessen und nennt sich ein Workaholic. Nach den Spielen schaut er sich jeden Einsatz seiner Spieler auf dem Video noch einmal an, benötigt rund fünf Stunden. Zwischendurch geht er spazieren, um den Fokus nicht zu verlieren. Der Aufwand lohne sich, denn so könne er Tendenzen erkennen und habe Argumente, wenn sich Spieler ärgerten und bei ihm vorsprächen. «Ich will Munition haben», sagt Mair dazu.
Gefahr, dass er die Spieler mit zu vielen Informationen versorge, laufe er nicht. Er nimmt sich den Rat eines erfahrenen Trainers, 80 Prozent für sich zu behalten und Schwerpunkte zu setzen, zu Herzen.
Mair, der während sechs Jahren den Swiss-League-Verein Thurgau betreute und ihn zweimal in den Halbfinal führte, gilt auch als emotional. «Ob Stürmer, Verteidiger, Captain, Torhüter oder Ausländer – jeder wurde schon einmal zurechtgewiesen», sagt Michael Loosli, der bereits bei Thurgau unter Mair spielte. «Fehler passieren, doch wenn dir derselbe Fauxpas mehrfach unterläuft, wird er laut. Dann schlägt Stephan einen Ton an, der vielleicht unüblich oder oldschool ist.»
Der Südtiroler verhehlt seine emotionale Seite nicht, sagt aber: «Ich nenne es lieber konsequent. Das klingt schöner.» Dass er unnachgiebig ist, bewies der 56-Jährige als Coach der italienischen Nationalmannschaft. 2017 legte er sein Amt vorzeitig nieder, nachdem ihm per E-Mail technische und taktische Fehlentscheidungen vorgeworfen worden waren. Mair sprach von Heckenschützen in den eigenen Reihen.
«Es fehlte die Struktur, die Energie und die Anweisungen»
Punkto Emotionen sei er mittlerweile ruhiger geworden. «Ich explodiere nicht mehr so oft», sagt er. Ein Grund: sein Job in Ambri. Bei den Junioren müsse man einen anderen Umgangston anschlagen, sagt Mair. «Wenn du schreist, schimpfst und wütest, verlierst du die Jungen. Auf dieser Ebene gibt es Spieler, die das Potenzial zum Profi haben, andere wiederum streben eine Karriere neben dem Eishockey an. Als Coach musst du dafür sorgen, dass alle mitziehen.» Ein anderer Grund seien seine Kinder. Tochter Diana ist vier Jahre, Sohn Elias ein Jahr jung. «Sie verändern alles. Diana ist nicht auf die Goschn gefallen.»
Der aus Bozen stammende Mair wurde nur durch Zufall Trainer. Nach seiner Spielerkarriere liess er sich zum Fitnessocach ausbilden, arbeitete später in der Firma seines Bruders in der Werbebranche, ehe eine Juniorenmannschaft einen Übungsleiter benötigte. «Ich hatte keine Diplome, sagte aber zu. Wir erreichten den Final, wurden später Meister. Plötzlich hatte ich Lust auf mehr.»
Nun coacht Mair erstmals ein Team in der höchsten Liga. Loosli war positiv überrascht. «Stephan tut uns gut. Ich hatte den Eindruck, dass es uns an der Struktur, der Energie und den klaren Anweisungen fehlte. Wir führten aus, gaben unser Bestes. Doch irgendwas fehlte.»
Auf die nächste Saison hin wechselt nun der ehemalige Kloten-Verteidiger Benjamin Winkler als Assistent zu Kloten. Winkler arbeitete bereits bei Thurgau unter Mair. Dieser aber besitzt (noch) keinen Kontrakt. Darauf angesprochen, fragt Mair rhetorisch. «Wie lautete noch einmal mein Motto? Ich habe keinen Einfluss darauf, was in vier Wochen sein wird. Mein Ziel ist es, in Kloten das bestmögliche Resultat zu erzielen.»
Am Freitag geht es gegen den SCB weiter. Kloten hat noch immer beste Chancen, sich vorzeitig den Ligaerhalt zu sichern.
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