Kommentar zu neuen Labels«Klimaneutral»-Werbung hat Konsumenten nur veräppelt
Dass Firmen ihre angeblich CO₂-freien Produkte nicht mehr bewerben dürfen, ist richtig. Doch jetzt sind die Klimaschutzanbieter aufgefordert, glaubwürdige Zertifikate zu lancieren.
Die klimaneutralen Versprechen haben zuletzt absurde Züge angenommen. Vor einigen Tagen kündigte der Hersteller von Edelmetallprodukten einen «Meilenstein» an: den ersten klimaneutralen Goldbarren.
Dass sich ein Produkt, das nur schon beim Abbau des Rohstoffs sehr viel CO₂ freisetzt, so bezeichnen kann, ist absurd. Aber dank der CO₂-Kompensation möglich.
In Europa gerieten solche irreführenden Werbeversprechen in den letzten Jahren immer mehr in Verruf. Eine Studie der EU-Kommission hat 2020 mehr als die Hälfte der überprüften Umweltaussagen wie «CO₂-neutral» als vage, irreführend und unfundiert beurteilt. Kurz: Konsumentinnen und Konsumenten wurden veräppelt. Nun erlässt die EU eine Richtlinie für klimafreundliche Werbung. In Deutschland haben mehrere Gerichtsurteile gar Firmen die «klimaneutrale» Werbung verboten.
Jetzt bewegt sich auch endlich in der Schweiz etwas: Klimaschutzunternehmen wie Climate Partner Switzerland oder die Organisation Myclimate beerdigen ihre «Klimaneutral»-Labels. Richtig so!
Der Kompensationsirrsinn muss ein Ende haben.
Zwar sind sich alle einig: Investitionen in Klimaschutzprojekte sind unerlässlich. Schweizer Unternehmen müssen aber prioritär ihre eigenen Emissionen drosseln. Das gelingt jedoch vielen weiterhin ungenügend. Letzte Woche verkündete das Bundesamt für Umwelt, dass der Treibhausgasausstoss in der Schweiz im Jahr 2021 trotz Reduktionsbemühungen wieder angestiegen ist.
Trotz nun neuer Labels sind Reduktionsziele und deren Umsetzung nicht überall verbindlich. Damit kann der Goldbarrenhersteller jede Tonne CO₂ weiterhin für weniger als 30 Franken kompensieren.
Der Kompensationsirrsinn muss ein Ende haben. Die Klimaschutzfirmen sind nun gefordert, neue Finanzierungsmodelle für ihre Projekte zu entwickeln. Sie sind es schliesslich, die mit ihrem Know-how die Firmen beraten – und ihnen dabei helfen könnten, wirklich nachhaltig zu investieren.
Die Abschaffung der zweifelhaften «Klimaneutral»-Versprechen ist jedenfalls ein Anfang.
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