Kindstötung in KönizVerteidiger fordert Freispruch für die Mutter
Eine Mutter soll ihre Tochter erschlagen haben. Gemäss ihres Anwalts gibt es dafür keinen Beweis. Er zweifelt in seinem Plädoyer insbesondere am 12-jährigen Hauptzeugen.
Es ist Tag 2 im Gerichtsverfahren, das sich um die Tötung eines 8-jährigen Mädchens dreht. Angeklagt ist die Mutter des Kindes. Bis heute bestreitet sie die Tat. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung liegen weit auseinander, wie sich nun im Prozess zeigt. Während die Staatsanwaltschaft für eine lebenslange Haftstrafe plädiert, fordert die Verteidigung einen Freispruch und eine sofortige Entlassung aus der Untersuchungshaft.
In U-Haft sitzt die Frau seit fast zweieinhalb Jahren. Sie ist angeklagt wegen Mord, eventuell vorsätzlicher Tötung. Die Mutter soll ihre Tochter mit einem Stein erschlagen haben. Am Abend des 1. Februar 2022 wurde das 8-jährige Mädchen im Könizbergwald tot aufgefunden. Unweit vom Tatort, im Könizer Ortsteil Niederwangen, wohnten die beiden damals.
Die Anklage nennt als Motiv eine Überforderung mit der Rolle als alleinerziehende Mutter. Zudem soll die Frau das Kind als Hindernis für eine Beziehung wahrgenommen haben. Etwa jene zu ihrem Ex-Partner, der nicht der Kindsvater war. Die Beziehung ging kurz vor der mutmasslichen Tat in die Brüche.
Das Problem der Staatsanwaltschaft: Einen eindeutigen Beweis gibt es nicht. Allerdings bilden gemäss Anklage 16 Indizien ein Mosaik, das keine Zweifel offenlässt: Die Mutter soll ihre Tochter getötet haben.
Verteidiger Moritz Müller zerlegt das Mosaik in seinem Plädoyer in seine Einzelteile und übt scharfe Kritik. Insbesondere rüttelt er an der Aussage des Hauptzeugen. Ein damals 12-jähriger Junge will gesehen haben, wie Mutter und Tochter zur fragwürdigen Zeit gemeinsam in den Wald gingen.
Die Sache mit den grünen Haaren
«Seine Geschichte geht nicht auf», meint der Verteidiger. Der Junge verstricke sich in Widersprüchen. So habe er den Weg, den die beiden nahmen, um in den Wald zu gelangen, in mehreren Einvernahmen unterschiedlich geschildert. Ausserdem könne er sich an wichtige Details nicht erinnern. Er habe etwa die auffällig grüne Haarfarbe der Mutter nicht erwähnt, als er sie beschrieben habe. «So etwas bleibt doch in Erinnerung.»
Der Anwalt forderte eine erneute Einvernahme des Jungen in der Verhandlung. Das Gericht wies dies jedoch ab. Wiederholt betonte die Staatsanwältin im Verfahren, dass der Junge unter grossem Druck stehe und dass er aufgrund seines jungen Alters zu schützen sei.
War es doch ein Unbekannter?
Der Anwalt bringt auch eine Dritttäterschaft ins Spiel. So soll etwa eine Frau an jenem Abend einen ihr unbekannten Mann beim Herumschleichen beobachtet haben.
Es ist gemäss dem Verteidiger durchaus möglich, dass die 8-Jährige mit jemand anderem als ihrer Mutter in den Wald gegangen sei. Das Mädchen sei regelmässig alleine draussen gewesen. Ausserdem sei das Kind als distanzlos beschrieben worden. «Sie hatte ein Grundvertrauen zu Erwachsenen, auch zu Unbekannten.»
Eine andere mögliche Täterschaft als die Mutter habe man nie gesucht, so der Verteidiger. Nachdem sich der 12-jährige Junge bei der Polizei gemeldet gehabt hätte, seien die Ermittler in «einen Tunnel ohne Abzweigungsmöglichkeit» gefahren.
Ob der Verteidiger genug Zweifel an den Indizien der Anklage säen konnte, wird sich am 13. Juni zeigen. Dann wird das Gericht sein Urteil verkünden.
Der Fall ist Gegenstand eines laufenden Verfahrens. Um Vorverurteilungen jeglicher Art zu verhindern, wurde die Kommentarfunktion bei diesem Artikel deaktiviert.
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