Mamablog: Das Ticken der biologischen UhrOb ich Kinder will? Keine Ahnung!
Unsere Autorin kann mit und ohne Nachwuchs gut leben, nur entscheiden kann sie sich nicht.
Oh nein, ein Kind. Wie enttäuschend, denke ich. Und hoffe sofort, dass ich das nicht laut gesagt habe.
Sie werden Eltern, sagt er, ein – sagen wir mal – mir nahestehender Mann. Dieses Grinsen im Gesicht. Stolz, als hätte er richtig viel dazu beigetragen. Seine Freundin im Arm – sie, die immer in meinem Team war, mit mir beklagt hat, dass wieder eine Mutter wird, kopfschüttelnd, über in unseren Augen so viel weggeworfenes Leben. Mein Team. Nun blickt sie zum Boden.
Spielplatz, Sorgen und Hängebusen
Was in ihr vorgeht – ich traue mich nicht zu fragen. Sie hat das Team gewechselt, ohne mir etwas davon zu sagen. Sie hat eine Entscheidung getroffen. Und ich bin eifersüchtig, weil ich genau das nicht kann. Mich weder für, noch gegen ein Kind entscheiden. In mir klumpt der Magen. Ich bin enttäuscht. Traurig. Und allein.
Es ist nicht so, dass ich Kinder nicht mag. Ich mag sie. Die meisten auf jeden Fall, nicht alle. Und die meisten mögen mich. Aber eigene? Muss nicht sein. Spielplatz, Sorgen und Hängebusen? Kann ich drauf verzichten.
Warum es keine Aufnahmeprüfung für Elternschaft gibt… fahrlässig.
Wie sich der Kinderwunsch anfühlt, weiss ich nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen verspürt zu haben. Dass ich kein Kind habe, ist also kein Fehler. Im Gegenteil: Ökologisch gesehen ist es sogar super. Auch aus ethischen und sozialen Gründen, sollten mehr Menschen so ticken wie ich. Warum es keine Aufnahmeprüfung für Elternschaft gibt… fahrlässig. Ich stosse an auf meine Kinderfreiheit, Prost!
Es wäre jetzt sehr einfach, zu schreiben: Kinder? Nö, will ich nicht. Und doch schaff ich es nicht. Denn, dass mein Nein auch für meinen Freund gilt, das bricht mir das Herz.
Verlust- und Bindungsängste zugleich
Auch mein Freund hat keinen Kinderwunsch. Und doch hätte er gerne eigene Kinder. Ich weiss das. Er sagt es, wenn ich ihn danach frage. Aber das mache ich selten. Denn für mich ist es ein Schlag in den Magen. Ich spüre den Kloss im Hals, wenn ich das schreibe. Die Tränen, die steigen; die Mundwinkel, die fallen. Das Herz, das schmerzt.
Ich kann ihn schon verstehen. Einem Mann zerschneidet ein Kind nicht das Leben, zerreisst nicht die Bauchmuskeln, er ist nicht mit Schwangerschaftsstreifen markiert, sein Gehalt nicht fürs Zuhausebleiben gemacht. Eine Schwangerschaft macht ihn zwar überflüssig und unattraktiv – die Männer, die ihre schwangeren Partnerinnen behandeln, als wären sie krank – aber die Gesellschaft macht es ihm leicht, Vater zu sein.
Was, wenn ich den neuen Menschen nicht mag? Den Vater? Das Kind?
Ich liebe meinen Freund. Und ich habe Angst, dass ich ihn als meine Liebe verliere, wenn er Vater wird. Ich habe Angst um unsere Beziehung. Ich will, dass sie so bleibt, wie sie ist.
Was, wenn ich den neuen Menschen nicht mag? Den Vater? Das Kind? Diese wahre, unendliche, absolute Liebe – warum soll ich gerade diesen Vater, dieses Kind so lieben? Ich kenne sie nicht, such sie mir nicht aus.
Liebe Leser:innen, kennt ihr das Gefühl, einem Kind bewusst schaden zu wollen? Es zu ignorieren, wenn es schreit? Es – ich kann es kaum schreiben – an die Wand schmeissen zu wollen? Ich kenne dieses Gefühl, hab es gefühlt. Und ich will es nie wieder fühlen.
Entscheiden? Unmöglich!
Mein Freund lächelt, wenn ich das sage. Ich mit Tränen in den Augen, er verständnisvoll. Er kennt mich, manchmal besser als ich mich kenne. Und er sagt, ich würde so etwas mit meinem eigenen Kind nicht tun. Aber darauf kann ich nicht vertrauen.
Ich würde mich gerne für ein Kind oder gegen ein Kind entscheiden, die absolute Liebe spüren oder sorgenfrei bleiben. Doch: Solange ich keine Mutter kenne, mit der ich sofort das Leben tauschen würde, kann ich mich nicht dafür entscheiden. Aber dagegen geht irgendwie auch nicht. Immer wieder stelle ich mir vor, wie unser Genmix aussehen würde. Seine Coolness, hoffentlich. Aber meinen Bizeps. Wie gerne würde ich einem Wesen so etwas Bedeutendes wie einen Namen geben.
Ich weiss: Ich kann mit und ohne Kind gut leben, nur entscheiden kann ich mich nicht.
Dass sich meine ehemalige Teamkollegin nun als Schwangere wie eine Verräterin fühlt, freut mich nicht. Eine Verräterin – ihre Worte – die ohne jede Bemerkung und Absprache aus unserem Team ausgestiegen ist. Nein, das macht mich nicht glücklicher. Aber es freut mich, dass sie sagt, sie nehme sich die Freiheit, jederzeit ihre Meinung zu ändern.
Ich wäre so wie sie.
Wie ist es mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser? Ist Ihnen diese Entscheidung leicht gefallen? Teilen Sie Ihre Erfahrung und Meinung zum Thema Kinderwunsch in der Kommentarspalte.
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