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KI im Fotojournalismus
World Press Photo will KI-Fotografie zulassen – darauf folgt der grosse Protest

KYIV, UKRAINE - 2023/11/08: A woman takes a picture of prize winning photographs that are part of a World Press Photo exhibition. (Photo by Aleksandr Gusev/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)
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Selbst Daniel Etter musste öfter hinschauen, als die World-Press-Photo-Stiftung kürzlich Bilder in ihren Instagram-Feed stellte, die aussahen wie die Aufnahmen eines überfüllten Hinterhofes und des Models Bella Hadid, die von künstlichen Intelligenzen generiert wurden. Etter ist einer der führenden Fotoreporter der Gegenwart. 2016 bekam er einen Pulitzerpreis und ein Jahr später einen World Press Photo Award. Mehr Ehre geht kaum. Deswegen war er auch so verärgert, dass ausgerechnet die Stiftung, die seit 68 Jahren als Zentralorgan für Fotojournalismus gilt, so leichtfertig KI-Bilder unter die Reportagebilder mischte.

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Nicht nur das. In der Preiskategorie «Open Format» sollten auch Bilder zugelassen werden, die ganz oder mithilfe von KI erstellt wurden. «Sicher gibt es diese Bilder», sagt er am Telefon. «Man muss sich damit auseinandersetzen. Aber World Press Photo sollte ein Garant für reale Bilder sein.»

«Diese Verbindung zur realen Welt, der Welt, wie sie ist, ist der Kern nicht nur der fotojournalistischen Praxis, sondern des Journalismus im Allgemeinen.»

Daniel Etter

Also setzte er am Montag einen offenen Brief auf, in dem er die Organisation aufforderte, keine KI-Bilder auszuzeichnen: «Diese Bilder, bei denen es sich im Wesentlichen um digitale Mischungen aus bestehenden Fotografien handelt, sind oft kaum von echten Fotografien zu unterscheiden, haben aber keinerlei Bezug zur realen Welt. Diese Verbindung zur realen Welt, der Welt, wie sie ist, ist der Kern nicht nur der fotojournalistischen Praxis, sondern des Journalismus im Allgemeinen. Beides untergräbt das, was wir tun, grundlegend.»

Überhaupt sei das Timing bitter, ausgerechnet jetzt KI-Bilder zu zeigen und zuzulassen.

Über 150 Fotografen und Organisationen unterzeichneten den Brief. Der Hochadel des Fotojournalismus findet sich da. Don McCullin zum Beispiel, der seit 1959 unzählige Krisen und Kriege dokumentierte und den World Press Photo Award 1964 bekam. David Burnett (1979), Frank Fournier (1985) und der letztjährige Preisträger Evgeniy Maloletka. Gründe für den Protest gibt es so einige. Unter anderem, dass KI letztlich Bildfälschungen produziert. Dass der grösste Teil der Öffentlichkeit KI-Bilder und echte Fotos kaum oder gar nicht unterscheiden kann. Für Etter ist es aber auch eine Missachtung einer Arbeit, die Journalisten oft unter Lebensgefahr leisten. «Es ist ein Wunder, dass Evgeniy überhaupt lebend aus Mariupol rauskam», sagt Etter. Überhaupt sei das Timing bitter, ausgerechnet jetzt KI-Bilder zu zeigen und zuzulassen. «In den vergangenen sechs Wochen wurden im Nahen Osten 53 Journalisten umgebracht.» In Gaza vor allem, aber auch in Israel und im Libanon. «Das sind die tödlichsten sechs Wochen für Journalisten, die es je gab.»

World Press Photo of the Year award winner, Associated Press photographer Evgeniy Maloletka, right, receives the diploma from Joumana El Zein Khoury, executive director of the World Press Photo Foundation, left, for his winning image of a pregnant woman being carried through the wreckage of a maternity hospital after a Russian military strike in Mariupol, Ukraine, during a press conference announcing the winners in Amsterdam, Netherlands, Thursday, April 20, 2023. (AP Photo/Peter Dejong)

Die Stiftung reagierte prompt. Man habe sich die Diskussionen und Bedenken der Branche sehr zu Herzen genommen, heisst es in einer Erklärung, die fast zeitgleich erschien. «Sowohl generative Füllbilder als auch vollständig generierte Bilder sind in der Kategorie ‹Offenes Format› verboten, wie dies bereits in den anderen Kategorien (Einzelbilder, Geschichten und langfristige Projekte) der Fall ist», heisst es da. Wie wichtig dieses Bekenntnis der Stiftung zu authentischem Fotojournalismus ist, kann man gar nicht genug betonen. Was KI-Bilder in den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten verzerren und was sie im Superwahljahr 2024 weltweit anrichten können, begreift die Weltöffentlichkeit erst langsam.