Zahlen zur Streaming-NutzungKein Mensch schaut Schweizer Filme auf Netflix
Das Angebot von Schweizer Filmen auf Abo-Diensten wie Netflix und Disney+ ist zehnmal so gross wie die Nutzung.
Schweizer Filme auf Netflix und anderen Abo-Streamingdiensten interessieren hierzulande niemanden: Das legt eine neue Untersuchung des Bundesamts für Statistik nahe. Erhoben wurden Daten vom Jahr 2019, in dem etwa «Wolkenbruch» von Michael Steiner auf Netflix lanciert wurde.
Von allen Filmen, die bei uns nach dem Kinostart auf einem Abo-Dienst aufgeschaltet wurden, stammte 2019 so gut wie jeder zehnte aus der Schweiz. Die tatsächliche Nutzung allerdings ist so irrelevant, dass sie in der Statistik gar nicht mehr auftaucht – es ist weniger als 1 Prozent.
Betrachtet man nur Filme, die man online für eine gewisse Zeit ausleihen kann, ist die Zahl geringfügig höher, nämlich 1,6 Prozent.
Die Bilanz dürfte die Diskussion um die 4-Prozent-Investitionspflicht für Schweizer Filme anheizen, die sogenannte «Lex Netflix». Der Bund will, dass Anbieter wie Netflix diesen Teil ihres Umsatzes in die einheimische Produktion investieren. Die Jungen von FDP, SVP und GLP haben jüngst das Referendum ergriffen. (Lesen Sie hier ihre Argumente.)
Die Statistik gibt ihnen insofern recht, als sich offenbar niemand dazu hingerissen fühlt, einen Schweizer Film zu schauen, wenn er oder sie vor dem Bildschirm durch eine Abo-Auswahl scrollt. Das Argument lässt sich aber genauso gut umdrehen: Es gibt viel zu wenig Schweizer Inhalte auf Streamingdiensten. Kein Wunder, sieht sie keiner.
Die Zahlen liefert das Bundesamt für Statistik, das erstmals die Herkunft und das Angebot der Filme auf Streamingdiensten genauer studiert hat. Insgesamt wurden 2019 mehr als 21’000 Filme von Video-on-Demand-Anbietern zum Kauf angeboten, über 24’000 zur Miete und rund 9500 Filme auf Abonnementsdiensten. Die Pandemie hat besonders bei den Abo-Streamingservices von Netflix, Apple, Disney, Amazon und Schweizer Anbietern zu einem Wachstum geführt. 2020 stieg die Nutzung um knapp die Hälfte.
Die Zahlen zeigen, dass sich die Leute stärker für europäische Titel interessieren, wenn sie zielgerichtet auswählen, was sie schauen möchten. Denn Kinofilme können im Netz ein zweites Leben bekommen, schliesslich holen die Nutzerinnen und Nutzer auf diese Weise nach, was sie im Kino verpasst haben: Mehr als 80 Prozent der gekauften Einzelstreams waren Filme, die zuvor im Kino zu sehen waren.
Gross ist das Angebot an europäischen Titeln: 43 Prozent aller Filme, die man bei uns online mieten kann und die zuvor einen Kinostart in der Schweiz hatten, stammen aus Europa.
Bei der tatsächlichen Nutzung beträgt der Anteil der europäischen Filme zur Miete noch rund ein Viertel. Trotzdem sind die 30 Prozent Anteil europäischer Filme, die der Bund neben der 4-Prozent-Investitionspflicht ins Filmgesetz schreiben will, bei den Abo-Diensten bereits jetzt nahezu erfüllt.
Deutlich kleiner ist der Anteil der europäischen Produktionen bei Netflix. Generell findet man bei Abo-Services weniger Filme, die vorher im Kino zu sehen waren. Der Anteil beträgt noch immer gut die Hälfte, aber der Rest besteht aus Eigenproduktionen. Und da ist die Dominanz der amerikanischen Filme noch grösser als in unseren Kinos.
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