Präsidium im Zürcher KantonsratDie FDP hat einen Ad-hoc-Ersatz für Martin Farner gefunden
Die FDP bringt den Stadtzürcher Beat Habegger anstelle des gesundheitlich angeschlagenen Martin Farner. Er muss sich in Rekordzeit auf die Aufgabe als Kantonsratspräsident vorbereiten.
- Beat Habegger ist der neue FDP-Kandidat fürs Kantonsratspräsidium 2025/26.
- Er gilt als erfahrener Parlamentarier und Brückenbauer zwischen den Fraktionen.
- FDP-Kantonsrat Martin Farner war für den Posten vorgesehen, verzichtet aber aus gesundheitlichen Gründen.
Die FDP-Kantonsratsfraktion hat sehr schnell geschaltet und in kurzer Zeit einen neuen Kandidaten fürs Präsidium des Kantonsparlaments gefunden – das protokollarisch höchste Amt des Kantons. Es ist Beat Habegger, der für die Stadtzürcher Stadtkreise 11 und 12 im Kantonsrat sitzt.
Der Co-Institutsleiter an der Hochschule für Wirtschaft (FHNW) ist ein erfahrener Parlamentarier. Er politisiert seit knapp zehn Jahren im Kantonsrat und war schon Präsident der angesehenen Geschäftsprüfungskommission. Derzeit sitzt der 49-Jährige in der einflussreichen Finanzkommission, die zum Beispiel das 20-Milliarden-Budget des Kantons vorberät. Er gehört dem städtischen Flügel der Partei an und gilt als Brückenbauer zu anderen Fraktionen.
Habegger ist verheiratet und Vater von zwei Kindern und wohnt im Dreieck Affoltern–Seebach–Oerlikon.
Es gab eine Kampfwahl
Gemäss Fraktionspräsident Claudio Zihlmann hatte die Fraktion eine Auswahl. Es haben sich mehrere Kandidaturen gemeldet, und bei der internen Wahl am Montagnachmittag hat Habegger obsiegt.
Die Wahl zum 1. Vizepräsidenten im Plenum des Kantonsparlaments ist für Anfang Februar geplant. Die Wahl zum Präsidenten findet Anfang Mai zu Beginn des neuen Amtsjahrs statt.
Widerstand ist nicht zu erwarten. Habegger ist keiner, der aneckt. Klar ist, dass er sich sehr rasch auf die anspruchsvolle Aufgabe wird vorbereiten müssen. In der Regel haben angehende Präsidentinnen und Präsidenten als 2. und 1. Vize zwei Jahre Zeit, um sich an den Job auf dem «Bock», also im dreiköpfigen Präsidium, heranzutasten. Habegger hat drei Monate Zeit, inklusive zweier Ferienunterbrüche. Die FDP-Fraktion traut dies Habegger klar zu, wie Zihlmann sagt.
Farner verzichtete
Die Wahl ist nötig, weil der bisherige 1. Vizepräsident Martin Farner (FDP), der das höchste Amt am 5. Mai hätte übernehmen sollen, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr infrage kommt. Seine Partei hat seinen Rücktritt aus dem Ratspräsidium am 3. Januar mitgeteilt.
Der Vorgang hatte sich abgezeichnet. Farner hatte Anfang 2024 nach einem gesundheitlichen Zwischenfall gefehlt, und sein Sitz neben dem aktuellen Ratspräsidenten Jürg Sulser (SVP) war auch nach den Sommerferien immer wieder leer.
Vorfall im Dezember
Diese Entwicklung beschleunigt hat ein Vorfall am letzten Doppelsitzungstag Mitte Dezember des vergangenen Jahres, als über das Budget 2025 des Kantons bestimmt wurde. Martin Farner wurde nach gut 20 Minuten der entscheidenden Nachmittagssitzung auf Geheiss des Präsidiums von einem medizinisch geschulten Ratskollegen vom Bock begleitet, danach wurde er abgeholt.
Zuvor, in der Mittagspause zwischen den Sitzungen, hatte es beim Rathaus Hard im Zürcher Kreis 4 einen Polizeieinsatz gegeben, wie die Stadtpolizei Zürich bestätigt. Was genau geschehen ist, bleibt unklar. Klar ist, dass die Polizei eine telefonische Meldung erhalten hat, worauf sie ausrückte. Gemäss dem Portal «Inside Paradeplatz» ging es um Trunkenheit am Steuer.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft, die für ein allfälliges Verfahren zuständig ist, bestätigt, «vorliegend Kenntnis vom Verdacht auf Verstoss gegen das Strassenverkehrsgesetz» zu haben. Genauer wird sie nicht. Sie habe die polizeilichen Ermittlungsakten noch nicht, teilte sie auf Anfrage mit. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Farner bleibt im Parlament
Martin Farner ist aus der Geschäftsleitung des Kantonsrats zurückgetreten, sein Mandat im Parlament behält er aber. Der Stammheimer ist bis 2027 vom Wahlvolk des Bezirks Andelfingen gewählt. Der 61-Jährige sitzt seit 2008 im Kantonsrat, 2019 kandidierte er parteiintern für den Regierungsrat, unterlag aber Thomas Vogel, der den zweiten FDP-Sitz in der Regierung aber an den Grünen Martin Neukom verlor.
Den von Martin Farner energisch angestrebten Sprung in den Nationalrat hat er im Herbst 2023 ebenfalls verpasst. Er landete auf dem zweiten Ersatzplatz der FDP-Liste, nachdem er zuvor bereits vier Jahre lang auf dem ersten Ersatzplatz figuriert hatte. Zum Zug kam er nicht, weil kein Zürcher Nationalratsmitglied während der Legislatur zurücktrat.
Starke lokale Verankerung
Der Agrarunternehmer Farner ist im Stammertal am nordöstlichen Zipfel des Kantons stark verwurzelt. Er war lange Gemeindepräsident von Oberstammheim.
Martin Farner selbst will sich nicht äussern, am Montag war er nicht im Rat anwesend. Wann er in den Rat zurückkehrt, ist unklar. Seine Familie teilt mit, sie hoffe, dass er möglichst bald wieder zu Kräften komme.
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