Kantonsrat ZürichEr sollte im Mai höchster Zürcher werden, jetzt tritt Martin Farner kürzer
Er stand kurz vor dem Höhepunkt seiner Politkarriere. Doch Martin Farner (FDP) muss auf das Amt des Kantonsratspräsidenten verzichten. Seine Nachfolge wird einen Kaltstart haben – wie andere auch.

- Martin Farner tritt aus gesundheitlichen Gründen als 1. Vizepräsident des Kantonsrats zurück.
- Die FDP sucht «umgehend» eine Nachfolge.
- Diese Person soll am 5. Mai das Parlamentspräsidium übernehmen.
- Sylvie Matter (SP) und Esther Holm (Grüne) waren ebenfalls nach kürzerem Vorlauf zu Ratspräsidentinnen gewählt worden.
Aufmerksamen Beobachtern war es aufgefallen: Martin Farner fehlte im letzten Jahr immer wieder auf dem «Bock» des Kantonsrats, letztmals während eines Teils der Budgetdebatte im Dezember. Auf besagtem Bock sitzt an den Sitzungstagen das Präsidium des Zürcher Kantonsparlaments.
FDP-Kantonsrat Farner ist derzeit 1. Vizepräsident und sollte am 5. Mai zum Präsidenten gewählt werden. Das ist der protokollarisch höchste Zürcher, das Amt hat derzeit Jürg Sulser (SVP) inne.
Farner bleibt im Kantonsrat
Am Freitag hat die FDP nun bekannt gegeben, dass sich Martin Farner per 13. Januar – das ist der erste Sitzungstag im neuen Jahr – von seinem Posten auf dem Bock zurückzieht. In der Mitteilung wird der 61-Jährige so zitiert: «Leider erlaubt es meine Gesundheit nicht, dieses sehr intensive Amt wahrzunehmen.»
Martin Farner scheidet auch aus der Geschäftsleitung des Kantonsrats aus. Der Politiker aus Stammheim wird aber im Kantonsrat bleiben, in dem er seit über 16 Jahren sitzt.
Nachfolge unbekannt, aber vor Kaltstart
Der Agrarunternehmer Farner – er ist Verwaltungsratspräsident des Zürcher Engrosmarkts – war Gemeindepräsident von Oberstammheim, bevor die Gemeinde mit Unterstammheim und Waltlingen zu Stammheim fusionierte.
Auch kandidierte er immer wieder für den Nationalrat. Im Herbst 2023 war er mit grossen Ambitionen gestartet. Er hatte zusammen mit drei prominenten SVP-Politikern unter dem Label «Hände, die anpacken» ein Landwirtschaftsquartett gebildet. Farner landete schliesslich auf dem zweiten Ersatzplatz der Zürcher FDP – 96 Stimmen hinter dem Jungpolitiker Matthias Müller.

Wer Farner auf dem Bock als 1. Vize und in der Geschäftsleitung des Kantonsrats ersetzt, ist noch unklar. Die FDP, die das Kürzertreten Farners «mit Bedauern» mitgeteilt hat, wird das Verfahren für seine Nachfolge «umgehend starten», damit sich die betreffende Person «akkurat auf die grosse Aufgabe als Kantonsratspräsidentin oder -präsident vorbereiten» kann, wie die Partei schreibt.
Matter, Holm: Auch andere hatten weniger Vorlaufzeit
Diese Person wird jedenfalls einen Kaltstart im Präsidium haben. Als Sylvie Matter (SP) den im Herbst 2021 im Amt verstorbenen Ruedi Lais (SP) ersetzte, war er 2. Vizepräsident gewesen. Sie hatte also anderthalb Jahre Zeit, um sich für das anspruchsvolle Präsidialjahr vorzubereiten.
Nur ein Jahr Zeit hatte Esther Holm (Grüne). Sie sprang im Frühling 1995 ein, nachdem Markus Eisenlohr (Grüne), der designierte 1. Vize, abgewählt worden war. Viele Kantonsratsmitglieder goutierten ihre Wahl nicht. Esther Holm holte im Mai 1996 mit 99 von 180 Stimmen das bisher schlechteste Resultat als Kantonsratspräsidentin.
Holm sagt auf Anfrage, es sei trotz einem Jahr Vorlauf kein einfacher Einstieg gewesen, zumal ihr Vorgänger Markus Kägi (SVP), der spätere Regierungsrat, «mit Informationen zum Amt geizte», wie sie sagt.
Vor Esther Holm war auch Erich Rüfenacht (SVP) etwas unverhofft zum Präsidentenamt gekommen. Er war aber 1979 bereits als 2. Vize gewählt worden, nachdem der offizielle SVP-Kandidat dem Parlament nicht genehm gewesen war.
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