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Jihadisten-Terror in Südostafrika
Kalifat am Indischen Ozean

Immer wieder Angriffe von Jihadisten: Zerstörte Häuser in einem Dorf im Norden Moçambiques.
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Mit dem Angriff auf mehrere Polizeistationen und Regierungsbeamte in der Stadt Mocímboa da Praia im Oktober 2017 hat kaum einer gerechnet – ausser der Islamische Rat der Provinz. Jahrelang hatte dieser die Behörden vor den Extremisten und deren gefährlicher Ideologie gewarnt. Der Anschlag war der Beginn des Terrors in Cabo Delgado, einer Provinz im Norden von Moçambique. Im darauffolgenden Jahr wurden knapp 500 Verdächtige festgenommen. Doch das hat die aufständische Miliz nicht gestoppt.

Die Terroristen haben ihr Territorium erfolgreich abgesteckt und immer wieder ihr Ziel klargemacht: Sie wollen einen Staat auf Grundlage der Scharia errichten und das säkulare Bildungssystem abschaffen. Sie eröffneten eigene Moscheen und Koranschulen und rekrutierten Mitglieder unter Jugendlichen. Vor allem aber gehen sie brutal gegen alle vor, die sich ihnen in den Weg stellen.

Im Mai dieses Jahres etwa töteten Bewaffnete in einem Dorf mehr als 50 Menschen – einige von ihnen wurden enthauptet. Die Opfer hatten sich geweigert, sich den Terroristen anzuschliessen. Kurz darauf kündigte Tansanias Regierung an, Truppen an die Grenze zu Moçambique zu schicken. Sie sollen jene Gruppe bekämpfen, die als al-Shabaab bekannt ist und dem Islamischen Staat (IS) Treue geschworen hat. Zur gleichnamigen Miliz in Somalia soll sie keine nennenswerte Verbindung haben.

Die Regierung heuerte private Militärunternehmen aus Russland und Südafrika an.

Moçambiques Präsident Filipe Nyusi, der im letzten Januar für eine weitere Amtszeit vereidigt wurde, will den Aufstand im Norden um jeden Preis eindämmen. Die Regierung kooperiert dabei allerdings nicht nur mit ausländischem Militär, sondern heuert auch private Sicherheitsfirmen an. 2019 sollte die russische Wagner-Gruppe die Terroristen bekämpfen. Doch weder moderne Waffen noch Einsatzerfahrung in Krisengebieten haben ihr genutzt: Nach knapp drei Monaten und fast einem Dutzend toten Söldnern zog sich die Wagner-Gruppe zurück. An ihre Stelle rückte die Dyck Advisory Group, ein privates Militärunternehmen aus Südafrika.

Moçambique ist nicht der einzige Staat, der professionelle Söldner beauftragt. Obwohl die UNO-Generalversammlung 1989 das «Internationale Übereinkommen gegen die Einstellung, Verwendung, Finanzierung und Ausbildung von Söldnern» ratifizierte, haben afrikanische Regierungen immer wieder dagegen verstossen.

Im Sudan sollte die Wagner-Gruppe im Auftrag des gestürzten Omar al-Bashir die taumelnde Diktatur stützen. In Guinea, wo sich der greise Präsident Alpha Condé per Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit verschaffte, sollten Russlands Söldner gegen Demonstranten vorgehen. In der Zentralafrikanischen Republik gab man sich wenig Mühe, den Einsatz der Söldner zu kaschieren. An den Strassen hingen Plakate, auf denen die Aufschrift prangte: «Russland: Hand in Hand mit Ihrer Armee».

2000 Terroropfer im Norden des Landes

Als drei russische Journalisten 2018 die Rolle privater Militärfirmen mit angeblichen Verbindungen zum Kreml untersuchten, wurden sie ermordet. Das jüngste Beispiel dafür, dass Russland mit seiner Söldnertruppe aussenpolitischen Einfluss geltend macht, ist ihr Einsatz in Libyen. Dort unterstützen Hunderte Söldner das Lager des abtrünnigen Generals Khalifa Haftar, wie es in einem im Mai öffentlich gewordenen UNO-Bericht heisst. Private Söldner werden angeheuert, um diskret die Drecksarbeit zu erledigen – oder Aufträge, denen das Militär nicht gewachsen ist.

Vom Reichtum an Bodenschätzen profitiert die Bevölkerung nicht.

Nach der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal im Jahr 1974 stürzte Moçambique, das Land am Indischen Ozean, in einen Bürgerkrieg. Immer wieder eskalierte die Gewalt zwischen der früheren Guerillagruppe und jetzigen Oppositionspartei Renamo und der früheren Befreiungsbewegung Frelimo, die seit dem Kriegsende alle Wahlen in Moçambique gewann.

Viele Menschen in Moçambique leben in Armut, die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. 2016 war der Staat fast bankrott. Die Regierung hatte geheime Kredite autorisiert, die nur durch rechtswidrige staatliche Garantien möglich waren. Daraufhin stoppten viele Länder ihre Unterstützung.

Seit Beginn des Konflikts im Norden haben die Terroristen rund 2000 Menschen getötet. Die Regierung hat die Kontrolle über drei Küstenbezirke verloren. Obwohl die Gruppe so martialisch vorgeht, sind viele junge Männer für die fundamentalistische Interpretation des Islam empfänglich.

Behörden mitverantwortlich für Terrorismus

Cabo Delgado ist reich an unerschlossenen Bodenschätzen. 2010 wurden riesige Gasreserven vor der Küste entdeckt. Ausländische Firmen investierten in Infrastrukturprojekte – allerdings ohne dass die Bevölkerung davon profitierte. Experten rechnen frühestens 2028 mit Staatseinnahmen aus der Erdgasförderung. Viele Bauern verloren ihr Land, Fischer wurden von den Küsten vertrieben. Die Extremisten haben diese Unzufriedenheit instrumentalisiert.

Aber auch die Behörden tragen eine Mitverantwortung an der schnellen Expansion des Terrorismus. Sicherheitskräfte sollen Männer zusammengetrieben, festgenommen und sie willkürlich bezichtigt haben, mit den Terroristen zu sympathisieren. Am Ende nützt der Missbrauch staatlicher Gewalt den Extremisten. Dieses Phänomen ist auch in der Sahelregion, die an die Sahara grenzt, zu beobachten. Nach Einschätzung von Menschenrechtsgruppen trägt das Militär geradezu zur erfolgreichen Rekrutierung bei, indem es willkürlich gegen Zivilisten vorgeht, wenn diese verdächtigt werden, mit den militanten Islamisten zu kooperieren.