Prozess um Wikileaks-GründerStella Assange kämpft unbeirrbar für die Freiheit ihres Mannes
Sie war Anwältin von Julian Assange, bevor sie ihn heiratete und mit ihm zwei Kinder bekam. Die 40-Jährige will nun die Auslieferung ihres Gatten an die USA verhindern.
Stella Assange steht am Ausgang der Royal Courts of Justice in London, hinter ihr die gewaltige Halle dieses schlosshaften Baus, vor ihr die Tür. Draussen wartet dicht gedrängt eine trillerpfeifende Menschenmenge auf sie, Stella Assange und ihr Team gehen noch mal kurz durch, wie es weitergeht, ein paar Fernsehinterviews, kurze Ansprache an die Menge, dann Marsch zum britischen Regierungssitz in Downing Street.
Es ist später Mittwochnachmittag, der High Court hat soeben seine Entscheidung über Julian Assanges Berufung gegen seine Auslieferung vertagt. Beide Parteien sollen bis am übernächsten Montag, 4. März, noch Fragen beantworten. Was sie davon halte? Stella Assange denkt kurz nach, dann schüttelt sie den Kopf und sagt, bevor die Tür aufgeht: «Das ändert gar nichts.»
Dass sich nichts ändert – das ist im Grunde ihr Leben seit fünf Jahren und das ihres Mannes, Julian Assange. Der Wikileaks-Gründer sitzt seit 11. April 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, seitdem streiten seine Anwälte und die Regierung der USA um sein Schicksal. Der britische High Court ist nun die letzte Instanz, er wird irgendwann im März, vielleicht auch später, entscheiden, ob Assange in einem Prozess seine Argumente darlegen darf – oder ob er an die USA ausgeliefert wird.
Seine Kinder kennen Assange nur als Häftling
Stella Assange hat in den vergangenen Tagen bei jeder Gelegenheit gesagt, dass er sterben werde, wenn er in den USA sei, und sie hatte oft dazu Gelegenheit: Sie ist nicht nur die Ehefrau und Anwältin von Julian Assange, sie ist auch Gesicht und Stimme der Bewegung, die sich inzwischen um ihn gebildet hat. Julian Assange, australischer Computerhacker, gilt seit der ungefilterten Veröffentlichung Hunderttausender US-Regierungsdokumente 2010 vielen als eine Art Revolutionsführer gegen die Macht des Staates.
Dabei wirkt die 40-Jährige oft so, als wäre sie lieber nicht auf der grossen Bühne, bei Medienkonferenzen oder Demonstrationen. Wenn sie spricht, macht sie lange Pausen, sie ringt mit den Worten, manchmal auch mit den Emotionen, vor allem dann, wenn sie nach den Kindern gefragt wird, Gabriel, sieben Jahre alt, und Max, fünf. Die beiden kennen ihren Vater praktisch nur als Häftling.
Stella Assange erklärte in Interviews, wie sie mit den Fragen der Kinder umgeht: «Ich antworte, dass ihr Vater nach Hause kommen will und nicht kann, weil böse Menschen ihn daran hindern.» Und dass sie «daran arbeite, ihm zu helfen». So ging das alles für sie ja überhaupt erst los: Sie wurde 2011 von Assanges Team als Anwältin engagiert. Damals hiess sie noch Sara González Devant.
Geboren wurde Sara Devant 1983 in Johannesburg in Südafrika, die Mutter ist eine spanische Theaterregisseurin, der Vater ein schwedischer Architekt. Die Eltern engagieren sich politisch, vor allem gegen die Apartheid, und die Familie zieht oft um: Ihre Kindheit verbringt Sara Devant in Botswana, Lesotho, Schweden und Spanien. Sie studiert Jura an der School of Oriental and African Studies in London und in Oxford, spezialisiert sich auf Menschenrechte und arbeitet in Timor-Leste (Osttimor) und Botswana.
Sie kämpft weiter, so lange es nötig ist
Als Julian Assange in Schweden wegen Vergewaltigung angeklagt wird, beauftragt er Devant, die fliessend Schwedisch spricht. Ein Jahr später ändert sie ihren Namen in Stella Moris, aus Sicherheitsgründen. Assange lebt zu der Zeit in der ecuadorianischen Botschaft in London, wo die beiden eine Beziehung beginnen. Sieben Jahre bleibt Assange in der Botschaft, in der Zeit kommen ihre Kinder zur Welt, im März 2022 folgt die Hochzeit in Belmarsh.
Sie werde weiterkämpfen, so lange wie nötig, hat Stella Assange diese Woche oft betont, mit einer Überzeugung, die keinen Zweifel aufkommen liess. Sie hat sich ja schon für ein Leben als Anwältin und Aktivistin entschieden, bevor sie Julian Assange traf.
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