Fragen zum JugendstrafrechtWas jetzt mit dem 15-jährigen Messerstecher passiert
Der 15-Jährige, der einen orthodoxen Juden schwer verletzt hat, bleibt in Untersuchungshaft. Der Leitende Jugendanwalt Patrik Killer erklärt, wie es jetzt weitergeht.
Die Untersuchungshaft für den 15-jährigen Täter wurde eben verlängert. Was heisst das?
Es heisst, dass nach wie vor ein Haftgrund vorliegt und dass die vorgeworfene Straftat so schwer ist, dass die Fortdauer der Untersuchungshaft zulässig ist. Im Jugendstrafrecht muss unser Handeln immer verhältnismässig sein.
Können Sie uns erklären, was nach so einer Tat genau passiert?
Ein Jugendlicher, den die Polizei aufgrund einer schweren Gewaltstraftat verhaftet hat, wird der Jugendanwaltschaft zugeführt. Diese klärt im Rahmen der Hafteinvernahme ab, ob Haftgründe bestehen, zum Beispiel Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr. Je nachdem ordnet die Jugendanwaltschaft dann Untersuchungshaft an. Das kann der Jugendanwalt oder die Jugendanwältin für sieben Tage selber verfügen. Soll die betroffene Person länger in U-Haft bleiben, kann die Jugendanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht eine Verlängerung um jeweils einen Monat beantragen.
Erwachsene bleiben manchmal sehr lange in Untersuchungshaft. Erwartet das den Täter auch?
Im Jugendstrafrecht versuchen wir, diese Zeit möglichst kurz zu halten. Die zuständige Jugendanwältin, unterstützt von einem Sozialarbeiter, entscheidet, ob man es verantworten kann, jemanden zu entlassen und allenfalls ambulant abzuklären. Bei einer schweren Straftat kann es aber sein, dass man entscheidet, einen Jugendlichen bis auf weiteres aus dem Verkehr zu ziehen.
Und was passiert dann?
Man schliesst jemanden nur ein, wenn es darum geht, den Betroffenen selber und/oder Dritte zu schützen. In so einem Fall kann jemand erst wieder raus, wenn keine Rückfallgefahr mehr besteht. Steht eine geschlossene Unterbringung zur Diskussion, verlangt das Gesetz, dass ein medizinisches oder ein psychologisches Gutachten erstellt wird. Öffnungen gibt es erst, wenn die Fachleute der Meinung sind, dass der Beschuldigte oder Verurteilte keine Gefahr mehr darstellt – weder für die Gesellschaft noch für sich selber.
Was heisst das für den konkreten Fall?
Bei so einem schweren Fall geht es nach der Untersuchungshaft in der Regel in eine geschlossene Beobachtungsstation für drei bis sechs Monate. Was danach geschieht, hängt vom Resultat der Abklärungen ab. In der Regel kommt ein Beschuldigter nach einer schweren Straftat in eine ebenfalls geschlossene Institution, bis er keine Gefahr mehr darstellt.
Wann wechselt der Täter von der Untersuchungshaft in die geschlossene Beobachtungsstation?
Solange Haftgründe bestehen, bleibt ein Jugendlicher in Untersuchungshaft. Dabei gilt der Grundsatz, dass jemand nur so lange wie unbedingt nötig in Untersuchungshaft bleibt. Je nach Fall kann ein Jugendlicher noch während der Ermittlungen in eine geschlossene Beobachtung wechseln.
Wieso erfährt die Öffentlichkeit im konkreten Fall nicht mehr über das Verfahren und die Ermittlungen?
Grundsätzlich finden Jugendstrafverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wenn aber vonseiten der Bevölkerung ein Informationsbedürfnis besteht, entscheidet die Verfahrensleitung darüber, wie informiert werden kann. Grundsätzlich sind wir allerdings sehr zurückhaltend mit Informationen.
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