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Leichtathletik: Er jagt Topzeiten
Jonas Raess entdeckt eine neue Art von Mut

Präsentiert sich in einer Verfassung wie noch nie: Jonas Raess nimmt bereits die nächsten Rekordzeiten ins Visier.
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Das war ein Ausrufezeichen – ein Ausrufezeichen, wie es in den letzten 30 Jahren nur ganz wenige gegeben hat von Schweizer Langstreckenläufern auf der Bahn. Jonas Raess lief in New York die 3000 m in der Halle in 7:35,24 Minuten. Schweizer Rekord. Ein Klasserekord: die vierte Zeit in Europa des Winters, die achte weltweit. Den eigenen Rekord vom Vorjahr am selben Ort verbesserte der bald 29-Jährige aus Langnau am Albis um 4,25 Sekunden deutlich. Und es sei nochmals daran erinnert, was Raess’ erste Hallen-Glanztat bedeutet hatte: Er löschte damals die Rekordmarke der Lauflegende Markus Ryffel aus dem Jahr 1979 aus.

Die jüngste Parforceleistung umschreibt Raess mit: «Hammer!» Zu Recht. Aber er fügt auch einen wohl noch wegweisenderen Nachsatz an: «Endlich traute ich mich mitzuziehen.» Um eine Art Mut handelte es sich, wie es der an sich mutige Athlet in den Nachrennanalysen in den Jahren zuvor eigentlich immer vermisst hatte. Um ein richtungsweisendes Puzzleteil handelt es sich darum – auch in Bezug auf die nahe und fernere Zukunft.

Ein neuer Raess

Und dieser «neue Raess» überrascht beim Blick retour und in die Zukunft. Endgültig hinter sich gelassen hat der Zürcher die Umgewöhnungsphase (neues Team, neuer Trainer, neue Schuhmarke) mit dem für ihn enttäuschenden Sommer 2022. Jetzt ist er drauf und dran umzusetzen, was er mit «es braucht oft einen Schritt zurück für anschliessend zwei vorwärts» umschreibt. Raess präsentiert sich in einer Verfassung wie noch nie.

Dick markiert in seiner Agenda hatte Raess nicht den vergangenen Samstagabend in New York. Vielmehr ist es das erste März-Wochenende. Aber nicht die gleichzeitig stattfindenden Hallen-Europameisterschaften in Istanbul – auch wenn er dort über 3000 m zu den Medaillenkandidaten zählen würde. Er sagt: «Das tönt zwar reizvoll, ist aber nie ein Thema gewesen.»

«Ich werde eine offensive Taktik wählen.»

Jonas Raess

Raess’ Aufbau in der kompetitiven Trainingsgruppe von ON-International zielt am 4. März auf ein Freiluftrennen über 10'000 m in San Juan bei Los Angeles. Ein für ihn bedeutender Wettkampf. Er verdeutlicht den Stellenwert: «Alles ist seit einem halben Jahr auf dieses Rennen ausgerichtet.». Ums Debüt handelt es sich für ihn über die 25 Bahnrunden. Doch obwohl das Unbekannte mit Fragezeichen behaftet ist, dringt nach seiner jüngsten Klasseleistung ein uneingeschränkter Erfolgshunger an die Oberfläche: «Ich möchte definitiv nochmals sehr schnell rennen.» Und nicht nur in Bezug auf das Schlussresultat hat er klare Vorstellungen. Auch über das Wie: «Ich werde eine offensive Taktik wählen und bin gespannt, wie diese Premiere herauskommt.»

Bereit für den ersten Freiluftrekord?

Nicht in Abrede stellt Jonas Raess, dass er sich auch seinen ersten Freiluft-Schweizer-Rekord zutraut: die 27:17,29 von Julien Wanders. Dennoch sieht er dieses Rennen auch als das, was es eigentlich sein muss: eine Standortbestimmung. Orientieren will er sich nicht zuletzt an der WM-Limite, den 27:10,00. Und im Hinblick auf diese WM im August in Budapest deutet derzeit vieles darauf hin, dass Raess über 10'000 m antreten wird und nicht über 5000 m. Er sagt: «Zwar sind die 5000 m für mich nicht ad acta gelegt, aber der 10-er reizt definitiv.»

Für die drei Wochen bis zum Winterhöhepunkt sind keine Experimente geplant. Nach dem Erstklasse-Rennen von New York ist er mit seinen Teamkollegen direkt nach Boulder zurückgekehrt – zurück in die Höhenlage, zurück an die Trainingsstätte, die er mittlerweile perfekt kennt und zurück ins Umfeld, das er als so belebend und erfolgsversprechend erlebt. Raess sagt: «Ich bin zurück in der Routine, die so guttut.»

Jonas Raess stahlt ein Gemisch aus Zuversicht, Vorfreude, Gelassenheit aus. In seinen Worten tönt das so: «Die aktuellen Tage verlaufen simpel, so wie immer.» Sie basieren auf Vertrautheit in sein Umfeld. Von Trainer Dathan Ritzenhein spricht er wie von seinen Trainingskollegen. Angeführt werden diese vom Amerikaner Joe Klecker, der im selben Rennen in New York noch etwas schneller lief als Raess. Deshalb folgert der Zürcher: «Das Kompetitive in unserer Gruppe macht riesig Spass.» Und es verleiht ihm zusätzliche Sicherheit.