Jonas Raess bei Paris 2024Trotz verpasstem Olympiafinal hat sich sein Risiko gelohnt
An den Olympischen Spielen in Paris scheitert der Langnauer Jonas Raess, der für den LC Regensdorf läuft, im 5000-Meter-Vorlauf. Schon vor dem Start gings ab.
Seine Olympiapremiere erlebte Jonas Raess vor drei Jahren an den Corona-Spielen in Tokio. Jetzt, in Paris, ist vor allem eines völlig anders: «Es hat ein paar Leute mehr im Stadion.»
Eine Leichtathletik-Morgensession im Stade de France bedeutet: Es ist laut, es vibriert, es ist «eine Freude, da draussen vor so vielen Leuten laufen zu können», wie Raess betont. Als der Speaker vor ihrem 5000-Meter-Vorlauf den Franzosen Yann Schrub vorstellte, gings im Publikum ab. Jakob Ingebrigtsen, der spätere Laufsieger aus Norwegen, und Raess – sie starteten nebeneinander – hätten sich «nur angeschaut und mussten lachen. Es ist extrem cool, dass die Leichtathletik hier so viele Zuschauer hat.»
«Was mache ich da?»
Elfter seines Vorlaufs in 13:43,52 Minuten war Raess 2021 in Tokio geworden, Zwölfter in 13:55,04 war es diesen Mittwoch in Paris. Den Final verpasste er erneut. Der 8. Platz, der dazu gereicht hätte, lag 2,42 Sekunden entfernt. Diesen belegte Addisu Yihune. Der Äthiopier hatte bei Rennhälfte den bisher, wie Raess sagte, «extrem langsamen» Vorlauf von der Spitze weg beschleunigt. Der 30-Jährige bewegte sich zunächst auf den hinteren Rängen, rückte etwas vor und suchte vor Beginn der Schlussrunde vehement den Anschluss an die Spitzengruppe.
Obwohl es nicht in die Top 8 reichte, war er zufrieden: «Ich wollte mir nichts vorwerfen müssen. Ich habe es versucht, es hat knapp nicht gereicht. Und wenn man sich die Startliste anschaut, fragt man sich: ‹Was mache ich da überhaupt›? Die Diamond League ist teils schlechter besetzt als dieser Vorlauf. Das Ziel ist der Final, aber man darf nicht enttäuscht sein, wenn es nicht reicht.»
Was seit Tokio geschah
Vom Resultat her änderte sich gegenüber Tokio also nicht viel. «Wenn ich von Tokio nach Paris schaue, hätte ich mir schon gewünscht, dass ich weiter bin. Doch man muss auch sehen, was dazwischen war: Ich hatte ein sehr, sehr schwieriges Jahr.»
Vor zwei Monaten wechselte er den Trainer, verliess das Markenteam, dem er seit April 2022 angehörte. «Damit bin ich ein sehr grosses Risiko eingegangen. Ich hatte gemerkt, dass es für mich nicht mehr passt, und konnte meine Leistungen nicht bringen.» An der EM in Rom im Juni beispielsweise, «wo es extrem nicht gut lief und ich die Gruppe früh gehen lassen musste», hatte er über 5000 Meter nur Rang 16 belegt.
Rückblickend denkt er, dass er eher zu spät sein Trainingsumfeld geändert habe. «Ich hatte es mir schon im März überlegt. Aber ja, es ist halt ein Olympiajahr …» Da wolle man nicht allzu grossen Risiken eingehen, eher auf Kontinuität setzen. «Aber dann kam ich an den Punkt, an dem klar war, dass es einen Wechsel braucht.»
In den Gängen des Stade de France konnte er nun feststellen: «Ich bin extrem dankbar, dass es schon jetzt so gut gelaufen ist, und es zeigt mir einfach, dass für die Zukunft wieder der alte Jonas zurück ist. Ich habe mich vor dem Rennen sehr wohl gefühlt. Ich war dran, ich konnte pushen.» Wenn er nur das laufende Jahr anschaue, dann dürfe er über den Olympiavorlauf sagen: «Das beste Resultat des Jahres habe ich heute abgerufen.»
Vor dem nächsten Zyklus
Im allgemeinen Olympiarummel fühlt er sich bereits irgendwie heimisch. «Jene, die zum ersten Mal da sind, sagen: ‹Wow, was geht hier ab!› Es prasseln schon sehr viele Emotionen auf einen ein. Die Erfahrungen von Tokio und den beiden Universiaden, die ich bestritten habe, haben mir geholfen. Das ganze Feeling kenne ich schon, diese riesige Essenshalle, die Stars von anderen Sportarten. Das hat mich nicht mehr überwältigt. Es half mir, den Fokus aufs Rennen zu legen.»
Wie es nach Paris weitergeht? Bei Weltklasse Zürich habe er für die 3000 Meter mal zugesagt. «Der ganze Fokus lag auf Paris, alles andere werden wir noch sehen.» Klar aber ist: Jonas Raess wird, «wenn ich gesund bleibe», einen weiteren Olympiazyklus angehen, Los Angeles 2028 lockt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.