Kampagne gegen DemokratenTrump: «Harris ist noch weniger kompetent als Joe»
Der Republikaner schiesst gegen Kamala Harris und behauptet, er könne sie noch leichter besiegen als Joe Biden. Seine Reaktion zeigt aber: Trump braucht dringend eine neue Strategie.
Vier Tage lang hatten die Republikaner auf ihrem Parteitag in Milwaukee Donald Trump gehuldigt und Joe Biden veralbert. Kamala Harris kam auch vereinzelt vor, weil sie erstens seine Vizepräsidentin ist und es zweitens nur eine Frage der Zeit zu sein schien, ehe der US-Präsident seine Kandidatur abgibt. Als Ersatz für ihn war sie von Anfang an die erste Option. Doch das war vergangene Woche. Jetzt aber legen Trump und seine Freunde erst so richtig los.
Wenige Minuten nach Bidens Rückzug am Sonntagnachmittag lief bereits das erste Video gegen die neue mutmassliche Kandidatin der Demokraten. «Das Folgende könnte Liberale verärgern, die nicht wollen, dass Wähler die Wahrheit über Kamala Harris wissen», heisst es da zum Einstand. Dann berichtet eine Stimme, Harris habe als Bidens Grenzbeauftragte zum Chaos an der amerikanischen Grenze zu Mexiko beigetragen.
Man sieht also eine lachende Harris, die in einem Interview nicht klar benennen kann, ob sie an dieser Grenze war. Einwanderer ohne Papiere sind bei dieser Wahl ein grosses Thema. In dem Clip wird auch behauptet, die damalige Staatsanwältin Harris habe 2009 in San Francisco «illegale Immigranten» mit Ausbildungsprogrammen unterstützt und deren Kriminalakten reingewaschen. Sie sei bei verbotener Einwanderung «gefährlich liberal». Und wieder lacht Kamala Harris.
Journalistin erzählt von Gespräch mit Trump
Platziert wurde der Beitrag vom Republican National Committee, dem Veranstalter von Trumps Nominierungsshow. Ausserdem verkündete das Aktionskommitee Make America Great Again (Maga), Harris habe «Bidens offensichtlichen geistigen Verfall vertuscht». Diese Angriffe konzentrieren sich vor allem auf die Bundesstaaten Pennsylvania, Georgia und Arizona, wo wie in den übrigen Swing-States am 5. November die Entscheidung fallen dürfte.
Trump sprach am Sonntag mit der CNN-Moderatorin Kaitlan Collins, als Biden aufgegeben hatte. Er werde Kamala Harris noch leichter besiegen als Joe Biden, habe er ihr gesagt, erzählte die Journalistin nachher. In seinem Netzwerk Truth Social ging Trump am Sonntag auf den Mann im Weissen Haus los, in gewohntem Ton. «Der korrupte Joe Biden war nicht in der Lage, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, und ist sicherlich nicht in der Lage, sein Amt zu führen», schrieb er. Alle um ihn herum hätten das gewusst, «einschliesslich seines Arztes und der Medien».
Nun sehe man, «was er unserem Land angetan hat», Millionen Menschen kämen über die Grenze, «völlig unkontrolliert und ungeprüft», aber man werde den Schaden «sehr schnell beheben». Nachher meldete sich Trump ausserdem auf der Plattform X. Bidens Bilanz sei auch Harris’ Bilanz, postete er. «Der einzige Unterschied ist, dass sie noch liberaler und weniger kompetent ist als Joe, und das will wirklich etwas heissen.» Sie sei mit dem Grenzschutz betraut, «und wir erlebten die schlimmste Invasion von Illegalen in unserer Geschichte». Für den Grenzschutz zuständig ist in Wahrheit der Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas.
Neue Angriffswege sind gesucht
Fürs Erste übertragen Trump und seine Leute die eingeübten Vorwürfe gegen Biden einfach auf sie, die Nummer zwei der Regierung und die designierte Erbfolgerin. Dennoch suchen die Republikaner offenbar nach neuen Wegen, sie anzugehen. Denn einige der alten Attacken werden nicht mehr so richtig funktionieren. Harris ist erst 59, ihr Chef Biden befindet sich im 82. Lebensjahr. Auch hat sie anders als er keinen Sohn mit juristischen Problemen.
Es wäre Trump trotz seines permanenten Spotts über Biden deutlich lieber gewesen, er wäre im Rennen geblieben; auf die offenkundigen Schwächen des Präsidenten hatte sich Trumps Team eingestellt. «Jetzt müssen wir wieder von vorn anfangen», klagt Trump auf Truth Social und regt an, die Republikaner sollten für ihre Kosten des Wahlkampfs gegen Biden entschädigt werden.
Statt eines weissen Präsidenten, der noch älter ist als er selbst und sich häufig verspricht, steht Trump voraussichtlich eine jüngere Frau mit indischen und jamaikanischen Wurzeln gegenüber. Eine vormalige Strafverfolgerin gegen einen verurteilten Betrüger mit mindestens zwei weiteren Strafverfahren. Bleibt es bei der ursprünglichen Vereinbarung von zwei TV-Debatten, dann würde ihm nach Bidens verheerendem Auftritt Ende Juni im Oktober bei ABC dann Kamala Harris gegenüberstehen.
In Umfragen liegt Trump vor Biden und Harris, doch das zählt nicht wirklich viel. Noch ist sie nicht als offizielle Bewerberin unterwegs. Besonders kompliziert würde es für die Republikaner, wenn statt ihr schliesslich eine andere Demokratin oder ein anderer Demokrat antreten sollte, was vorläufig als unwahrscheinlich gilt.
Auf jeden Fall werden Donald Trump und sein Anhang nicht zimperlicher mit dem künftigen Paar umgehen als mit Biden/Harris. Kurz nach dem Attentat vom 14. Juli rief Trump wie geläutert zur Einheit auf – auch bei seiner Festrede zum Abschluss des republikanischen Wahlkongresses klang er ein paar Minuten lang vergleichsweise versöhnlich. Doch Trump ging dann rasch wieder zum alten Modus über.
Trumps Wahlkampfspende an Harris
Beim ersten Auftritt, seitdem er den Mordversuch überlebt hat und amtlicher Präsidentschaftskandidat seiner Partei ist, nannte Trump am Samstag in Michigan Biden «dumm» und Harris «verrückt». Man werfe ihm ständig vor, er würde die Demokratie gefährden. «Ich sage: Was zum Teufel habe ich mit der Demokratie gemacht? Vergangene Woche habe ich mir eine Kugel für die Demokratie eingefangen.»
Seine Berater Chris LaCivita und Susie Wiles erklärten, Harris sei «die ganze Zeit der oberste Ermöglicher des korrupten Joe» gewesen. Vize J. D. Vance nannte Biden den schlechtesten Präsidenten seines Lebens, «und Kamala Harris hat ihn auf Schritt und Tritt begleitet». Sie habe «Bidens Politik der offenen Grenzen und des grünen Betrugs mitunterzeichnet, die die Kosten für Wohnraum und Lebensmittel in die Höhe getrieben hat». Sie sei «für all diese Misserfolge verantwortlich, und sie hat fast vier Jahre lang über Bidens geistige Fähigkeiten gelogen und die Nation mit einem Präsidenten konfrontiert, der seinen Job nicht machen kann».
So wird es weitergehen. Wobei die Demokraten gerne daran erinnern, dass Trump sogar einmal eine schöne Wahlkampfspende an Kamala Harris überweisen liess: 6000 Dollar, 2011 und 2013 vor ihrer Wahl zur Generalstaatsanwältin in Kalifornien. Die Republikaner hätten «Angst, gegen Kamala Harris zu kandidieren», spottete die Wahlkampfmannschaft «Harris for President», die bis Sonntag noch «Biden for President» hiess: «Donald Trump ist nicht der erste Verbrecher, den Kamala Harris zur Rechenschaft zieht.»
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