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Bidens Rede an die Nation
Biden erklärt Rückzug und wendet sich emotional ans Volk

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Einen ganz kurzen Moment gab es am Mittwochabend, an dem Joe Biden immerhin andeutungsweise den Grund dafür benannte, dass er nicht wieder für das höchste Amt der Vereinigten Staaten kandidieren wird. Er sass im Oval Office im Weissen Haus und sprach zur Nation. Es gebe eine Zeit und einen Ort für neue Stimmen, für frische Stimmen, sagte er. So weit, so bekannt. Dann sagte er: «Ja, für jüngere Stimmen.» Es war das erste Mal, dass der 81 Jahre alte US-Präsident zumindest indirekt einräumte, dass er womöglich zu alt dafür sein könnte, weitere vier Jahre im Amt zu bleiben, und er deshalb auf eine erneute Kandidatur verzichtet hat.

Zuvor hatte sich Biden in seiner Amtszeit lediglich dreimal direkt aus dem Oval Office ans Volk gewandt, zuletzt erst vor wenigen Tagen, nachdem der ehemalige Präsident Donald Trump ein Attentat um Haaresbreite überlebt hatte. Bei dieser Gelegenheit hatte Biden davon gesprochen, dass die «politische Temperatur» im Land sinken müsse, womit er wohl meinte, dass die gegenseitigen Anfeindungen aus den beiden politischen Lagern etwas weniger gehässig werden sollten.

Dass diese Hoffnung sich nicht erfüllen wird, dürfte einiges damit zu tun haben, dass an Bidens Stelle nun aller Voraussicht nach seine Vizepräsidentin Kamala Harris in den Wahlkampf zieht, mithin eine Frau mit afro-amerikanischen und asiatischen Wurzeln. Das rassistische Geraune darüber, dass es sich bei Harris um eine Alibi-Kandidatin handle, die allein wegen ihrer Hautfarbe ausgesucht worden sei, hat bei den Republikanern bereits begonnen.

epa11494878 US Vice President Kamala Harris speaks during the Boule Social Justice Town Hall and Luncheon at the Zeta Phi Beta 2024 Grand Boule in Indianapolis, Indiana, USA, 24 July 2024. US President Joe Biden announced on 21 July that he would no longer seek re-election and endorsed Vice President Harris to be the Democratic presidential nominee for the US elections in November 2024. EPA/BRIAN SPURLOCK

Wie viel Biden diese Rede bedeutete, war nicht nur daran abzulesen, dass es erst die vierte war, bei der er hinter dem «Resolute Desk» sass, dem legendären Schreibtisch, den Jacqueline Kennedy einst ins Oval Office bringen liess, als ihr Ehemann John F. Kennedy Präsident war. Es zeigte sich auch daran, dass weite Teile von Bidens Familie ins Weisse Haus gekommen waren, dazu viele seiner engsten Mitarbeiter. Offiziell war es eine Erläuterung der Gründe seines Rückzugs. Inoffiziell war es seine Abschiedsrede.

Sie dauerte lediglich elf Minuten, was für eine Rede dieses Kalibers kurz ist. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump spricht bei seinen Wahlkampfveranstaltungen mitunter bis zu zwei Stunden, das allerdings oft derart mäandernd und repetitiv, dass viele seiner Anhänger in den hinteren Reihen sich lange vor dem Ende leise aus dem Staub machen. Biden hingegen hält schon seit geraumer Zeit keine längeren Reden mehr. Es fehlt ihm an Ausdauer.

Er wäre gern Präsident geblieben und hält sich auch für absolut in der Lage dazu

In diesen elf Minuten brachte Biden seine wichtigsten Anliegen unter. Zuallererst wollte er auf seine Verdienste hinweisen. Er nannte unter anderem, dass er sein Versprechen wahr gemacht habe, eine Stelle am Supreme Court mit einer schwarzen Frau zu besetzen. Das war ein Novum. Ferner wies er darauf hin, dass er das Land erfolgreich durch eine Pandemie geführt habe. Er zählte seine Initiativen zum Klimaschutz auf, die milliardenschweren Investitionsprogramme in die Infrastruktur, den Rückgang an Gewaltverbrechen im Land und seine Verdienste um die Lage an der Grenze zu Mexiko.

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Gerade bei den letzten beiden Punkten dürften ihm die Republikaner heftig widersprechen. Beim Thema Gewaltverbrechen teils zu Unrecht, weil diese zuletzt tatsächlich zurückgegangen sind, beim Thema Grenze hingegen mit einigem Recht, weil in Bidens Amtszeit die Einwanderung zeitweise so ausser Kontrolle geriet, dass die Behörden und die Hilfskräfte in den Grenzstaaten Texas, New Mexiko, Arizona und Kalifornien vollkommen überfordert waren. Zu strengeren Regeln mochte sich Biden lange nicht durchringen, weil er den linken Flügel seiner Partei nicht verärgern wollte. Selbst dieser hat mittlerweile in Teilen eingesehen, dass es eine Form von Kontrolle an der Grenze geben muss.

Wenn er auf seine Erfolge blicke, sagte Biden, würde er sich eine weitere Amtszeit durchaus zutrauen. Und: «Ich verehre dieses Amt», sagte er, «aber noch mehr liebe ich mein Land.» Das war eine Äusserung, die der Erläuterung bedarf. Was Biden damit sagen wollte: Im Grunde wäre er gern Präsident geblieben und hält sich auch für absolut in der Lage dazu. Die Umfragen nach seinem desaströsen Auftritt am 27. Juni bei der Debatte mit Donald Trump zeigten jedoch, dass er wohl keine Chance bei den Wahlen im November haben würde. Wenn nun aber Trump gewänne, bedeute dies eine Gefahr für das Land. Deshalb mache er Platz.

President Joe Biden addresses the nation from the Oval Office of the White House in Washington, Wednesday, July 24, 2024, about his decision to drop his Democratic presidential reelection bid. (AP Photo/Evan Vucci, Pool)

An anderer Stelle sagte er, dass die Demokratie das Wichtigste sei, womit er ebenfalls nahelegte, dass diese bei einem Wahlsieg Trumps gefährdet sei. Um das von ihm selbst geforderte Senken der «politischen Temperatur» hatte er sich damit nicht direkt verdient gemacht. Dann wiederum: Trump hat selbst gesagt, er wolle nach einem Wahlsieg mindestens einen Tag lang ein Diktator sein, was immer das bedeuten mag.

Wie so oft in letzter Zeit klang Biden heiser, manchmal verschliff er mehrere Wörter ineinander. Bisweilen blinzelte er verwirrend lange nicht. Dennoch war es eine würdevolle Rede, die in einem grösseren Thema gipfelte. Biden sprach davon, dass die Seele Amerikas auf dem Spiel stehe und dass Amerika mehr als ein Staat sei, nämlich eine Idee. «Die Idee von Amerika liegt in Ihren Händen», sagte er, «wir müssen den Glauben bewahren und uns daran erinnern, wer wir sind.» Das sind einerseits die typischen Worthülsen, das ist andererseits die Wahrheit in einem Land, in dem die Gräben zwischen den Parteien und vor allem ihren Wählern immer grösser werden und vielleicht nicht mehr zu überbrücken sind.

Ob Kamala Harris eine Figur der Einigung sein kann? Die USA sind in Teilen immer noch ein rassistisches und misogynes Land, daher ist das eher zu bezweifeln. Doch Biden fand in seiner Rede auch Zeit dazu, nicht nur über sein Erbe, sondern auch über die Zukunft zu sprechen. Kamala Harris sei «erfahren, hartgesotten und fähig». So freundlich hatte er sich in den vergangenen Jahren selten über seine Vizepräsidentin geäussert. Die meiste Zeit seiner Präsidentschaft gab er ihr entweder undankbare Jobs oder gar keine.

Nun also dieser Dreiklang. Erfahren, hartgesotten, fähig. Nicht zuletzt ist Kamala Harris 22 Jahre jünger als Joe Biden.