Jimmy Carter wird 100So alt wie er wurde noch kein US-Präsident zuvor
Jimmy Carter begeht am Dienstag seinen 100. Geburtstag. Statt sich selbst zu feiern, beobachtet der Demokrat lieber den Wahlkampf von Kamala Harris.
Jimmy Carter ist zeit seines langen Lebens ein ehrgeiziger Mensch gewesen. Und einen Rekord hat er in jedem Fall geschafft: So alt wurde vor ihm noch kein früherer US-Präsident. An diesem Dienstag feiert er seinen 100. Geburtstag.
Doch wie sein Sohn James Earl Carter III der «Washington Post» jetzt zu Protokoll gab: «Der 100. Geburtstag? Er sagt, der ist ihm egal.» Worauf es ihm wirklich ankomme, sei ganz etwas anderes: Er wolle seine Stimme noch der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris abgeben. Das Ziel dürfte er inzwischen erreicht haben, die Briefwahl läuft bereits in Georgia.
Vor 19 Monaten hatte sich Carter, schwer erkrankt und auf den Rollstuhl angewiesen, zusammen mit seiner Frau Rosalynn daheim in Plains in Hospizpflege begeben. Sie starb im vergangenen November. Seine Familie erwartete offenbar, dass er ihr bald folgen würde. Doch Carter nahm weiterhin Anteil am Geschehen, verfolgte Sportereignisse und zuletzt den Wahlkampf mit wachsendem Interesse.
Der jähe Aufschwung seiner Partei scheint Carter sogar noch einmal frischen Elan zu verschaffen. Er hofft, dass sich eine erneute Wahl von Donald Trump ins Weisse Haus verhindern lässt. Vieles störe ihn an Trump, so sagte Carter, doch am meisten der Umstand, dass Trump ein notorischer Lügner sei.
Präsidentschaft unter schlechtem Stern
Carter hatte den Amerikanern 1976 im Präsidentschaftswahlkampf versprochen, ihnen nie die Unwahrheit zu sagen. Doch über Carters Präsidentschaft stand kein guter Stern. Zwar feierte er aussenpolitisch bemerkenswerte Erfolge: Er schloss mit der Sowjetunion den Salt-II-Vertrag zur Begrenzung des nuklearen Langstrecken-Raketenarsenals ab. Und er setzte im Camp-David-Abkommen den historischen Friedensschluss zwischen Israel und Ägypten durch.
Zu Hause aber wurde er rasch unpopulär. Auf eine drohende Energieknappheit reagierte er mit Sparappellen und drohte mit Benzinrationierungen. Er bekam eine zweistellige Inflation nicht in den Griff. Die Arbeitslosenquote stieg genauso wie der Hypothekenzins für Hausbesitzer – eine verheerende Mixtur. Carter musste nach nur einer Amtsperiode das Weisse Haus gedemütigt und zutiefst unpopulär verlassen.
Doch in den Jahrzehnten danach gelang ihm ein bemerkenswertes Comeback. Er wurde ein international geschätzter Vermittler, war in Nordkorea, im Nahen Osten, auf Kuba und in Afrika aktiv. 2002 erhielt er für seine vielfältigen humanitären Aktivitäten den Friedensnobelpreis. Die britische Zeitung «Independent» schrieb einmal über ihn: «Carter gilt weithin als ein besserer Mensch, als er Präsident war.» Tatsächlich dürfte er an seinem 100. Geburtstag als Ex-Präsident und als moralische Instanz unter seinen Landsleuten weitaus beliebter geworden sein, als er es als Präsident je war.
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