AboCorona-Massentests an SchulenJetzt hats auch die Zürcher Schüler erwischt
Knapp die Hälfte der Zürcher Schulen testet die Kinder. Die Positivitätsrate ist massiv höher als vor den Ferien. Infiziert sind vor allem die 4- bis 15-Jährigen.

Das Unvermeidliche beginnt sich abzuzeichnen: In Zürcher Schulhäusern grassiert das Coronavirus, die Kinder und Jugendlichen geraten stärker in den Vordergrund der Corona-Krise.
Am Freitag hat die Hirslanden-Gruppe, welche die Corona-Pooltests von Schulen (>90 Prozent) und Betrieben (<10 Prozent) aus neun Kantonen – unter ihnen Zürich – mit ihrem Programm «Together we test» auswertet, erstmals Zahlen zur Situation nach den Schulferien publiziert.
Die Rate der positiven Speichel-Pooltests ist in den beiden Wochen seit dem 16. August auf 2,02 Prozent gestiegen. In den zwei Wochen vor den Ferien lag die Rate noch bei 0,15 Prozent. In Zahlen: Bei über 43’000 ausgewerteten Pools waren vor den Ferien 64 positiv. Jetzt wurden knapp 31’000 Pooltests untersucht, und es waren 624 positiv.
In einem gepoolten PCR-Speicheltest sind die Proben von bis zu zehn Schülerinnen und Schülern vereint. Das bedeutet, dass vermutlich mehr als 624 Teilnehmende Corona-positiv sind. Wie viele es sind, bleibt noch unklar. Die Kinder und Jugendlichen müssen noch einzeln getestet werden, um dies herauszufinden.
400 Schulen sind registriert
Hirslanden hat auf Anfrage dieser Zeitung einzelne Zürcher Werte mitgeteilt. So sind 402 Zürcher Schulen fürs repetitive Testen registriert. Das ist knapp die Hälfte der Schulhäuser. Vor den Ferien war es noch rund ein Drittel gewesen – der «dringende» Testaufruf von Bildungsdirektorin Silvia Steiner hat also eine gewisse Wirkung erzielt.
Allerdings heisst registriert noch nicht, dass auch tatsächlich getestet wurde. In jenen Schulen (und Betrieben), die tatsächlich testeten, lag die Positivitätsrate seit dem Schulbeginn am 23. August bei 4,53 Prozent. Nimmt man den 0,15-Wert aller neun Kantone von Anfang Juli zum Vergleich, so ist die Rate im Kanton Zürich um das 30-fache gestiegen. Das tönt nach mehr, als es ist, da die Werte vor knapp zwei Monaten sehr tief waren.
Trotzdem sind also maximal 4,53 Prozent der getesteten Volksschülerinnen und Volksschüler – wenn in jedem Testpool zehn positive Speichelproben wären – Corona-positiv. Und im Minimum wären dies 0,453 Prozent – bei einer positiven Probe pro Pool. Also jedes 22. bis 220. Kind.
Hochgerechnet auf die 155’000 Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe sind dies zwischen 700 und 7000 infizierte Kinder und Jugendliche, wobei der Wert seit Schulanfang wohl näher bei 700 als bei 7000 liegt. Es ist wahrscheinlicher, dass pro Testpool eine der zehn Proben positiv ist statt gleich alle zehn.
0- bis 19-Jährige bald am meisten betroffen
Dass nun deutlich mehr Kinder positiv getestet werden, erstaunt nicht. Viele haben sich – wie ihre Eltern - in den Ferien infiziert. Zudem kann sich diese Altersgruppe noch nicht impfen lassen. Glücklicherweise sind schwere Fälle bei den Kindern sehr selten.
Aufsehenerregend ist, dass gemäss den aktuellsten Zahlen der Zürcher Gesundheitsdirektion die Gruppe der 0- bis 19-Jährigen inzwischen gleich häufig Corona-positiv ist wie die Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen. Letztere waren vor den Schulferien in den Fokus gerückt, weil sich viele auf Partyinseln angesteckt hatten. In Kürze werden die Jungen erstmals die am stärksten betroffene Altersgruppe sein.
Dass die Schule ein Corona-Herd sein kann, zeigen weitere Zahlen ebenfalls. Die 4- bis 11-Jährigen, also die Primarschülerinnen und -schüler, sind innerhalb der U-20-Altersklasse die am stärksten betroffene Gruppe, knapp vor den 12- bis 15-Jährigen, also den Jugendlichen der Sekundarschule.

Was die Ansteckungsraten bedeuten, ist noch unklar. Im Kanton Zürich war während der ersten Schulwoche erstaunlich wenig von Corona-Fällen und Quarantäneanordnungen zu hören, obwohl sich die Berichte über Infektionen bei Ferienheimkehrern und Ausbrüche in Schulen anderer Kantone häuften.
Das Zürcher Volksschulamt teilte diese Woche mit, es sammle die Daten bis Ende August, also bis Dienstag.
Die Schulhäuser sind sehr unterschiedlich auf die Massentests vorbereitet. Die einen haben den Eltern schon zu Beginn der Ferien einen Brief mit den Einverständniserklärungen geschickt und begannen am Montag oder Dienstag zu testen. Andere haben das nötige Material noch nicht bekommen, wieder andere entscheiden erst nächste Woche, ob sie überhaupt testen.
Gleichwohl sind die ersten zwei Wochen nach den Ferien entscheidend, wie Silvia Steiner in einem Interview mit dieser Zeitung sagte. Von den Testresultaten hängt ab, ob die Bildungsdirektorin schärfere Schutzmassnahmen anordnen wird.
Ruhig dürfte es in den Mittel- und Berufsschulen bleiben. In den meisten wurde im Rahmen einer «Vorsichtswoche» die Maskenpflicht wieder eingeführt. Das hat den Vorteil, dass die Schülerinnen und Schüler geschützt sind und deshalb keine Klassen in Quarantäne gehen müssen, auch wenn einzelne Schüler positiv getestet wurden.
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