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Die vierte Corona-Welle
Jetzt diskutiert auch Deutschland über 3G am Arbeitsplatz

Will die «epidemische Notlage» aufheben: Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
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Viele deutsche Bundesländer haben zuletzt die Maskenpflicht in den Schulen gelockert oder aufgehoben, Anfang Oktober etwa Bayern, das flächengrösste Land. Nordrhein-Westfalen, das bevölkerungsreichste Land, stellt das Ende der Maskenpflicht in den Schulen für Anfang nächster Woche in Aussicht.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wiederum kündigte vor einer Woche an, er werde die «epidemische Lage nationaler Tragweite» am 25. November auslaufen lassen. Diese Lage, die seit März 2020 gilt, verleiht Bundes- und Landesregierungen Sonderrechte, um Corona-Schutzmassnahmen wie die Masken- und Testpflicht, Abstands- und Kontaktbeschränkungen zu erlassen.

«Ein Schritt aus dem Panikmodus»

Spahn begründet den Schritt mit der Einschätzung, dass es nach neunzehn Monaten Pandemie und angesichts der Tatsache, dass vier von fünf Erwachsenen gegen Corona geimpft seien, an der Zeit sei, den rechtlichen Ausnahmezustand zu beenden. Manche Medien begrüssten die Ankündigung als «Schritt aus dem Panikmodus» («Spiegel»). Massnahmengegner feiern den 25. November bereits als deutschen «Freedom Day», als Tag also, an dem alle Einschränkungen wegfallen.

Spahn stellte allerdings schnell klar, dass aus seiner Sicht Schutzmassnahmen weiter nötig seien: 3G-Regeln für Innenräume etwa, Schutzmasken in Läden und im öffentlichen Verkehr. Die Pandemie sei keinesfalls zu Ende. Durch Gesetzesänderungen lasse sich auch abseits der «epidemischen Lage» sicherstellen, dass die Behörden vor Ort die jeweils nötigen Massnahmen ergreifen könnten.

Keine Mehrheit mehr im neuen Bundestag

Das Urteil des Gesundheitsministers wurde von der Tatsache befördert, dass eine weitere Verlängerung des Ausnahmezustands im neuen Bundestag wohl schlicht keine Mehrheit mehr fände. Grüne und FDP, Linke und AfD sprechen sich schon lange dagegen aus, auch in der Union hat die «epidemische Lage» nicht mehr viel Rückhalt.

Spahns Ankündigung löste dafür in den Bundesländern und bei vielen Expertinnen und Gesundheitspolitikern Alarm aus. Die Konferenz der Ministerpräsidenten warnte vor einem «Flickenteppich», falls künftig jedes Bundesland eigene Massnahmen auf jeweils eigener Rechtsgrundlage erlasse. Politikerinnen der Grünen forderten den Bundestag auf, eine rechtssichere Übergangsregelung zu entwerfen, die die befristete Fortführung gewisser Massnahmen ermögliche. Da eine neue Regierung vor Dezember nicht im Amt sein wird, müssten dazu allerdings die Fraktionen zusammenspannen.

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Die Aufgabe ist dringlich geworden, weil sich die Infektionslage in den vergangenen Tagen drastisch zugespitzt hat. Am Freitag wurden in Deutschland erstmals seit Monaten wieder fast 20'000 neue Infektionen verzeichnet. Die Inzidenz verdoppelte sich innert einer Woche nahezu und erreicht nun erstmals seit Mai wieder dreistellige Werte. Mit 110 Fällen pro 100'000 Einwohnern innert sieben Tagen liegt der deutsche Wert erstmals seit sehr langer Zeit wieder über demjenigen der Schweiz (101) oder Frankreichs (55).

Am meisten neue Infektionen werden in Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Sachsen gezählt, wo wiederum die Impfquoten deutschlandweit am tiefsten sind. Der Anstieg verläuft derzeit so steil wie am Anfang der grossen zweiten Infektionswelle im Herbst 2020. Die Entwicklung wird nach Ansicht von Expertinnen eher unter- als überschätzt, weil markant weniger getestet wird, seit Tests etwas kosten.

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Sorgen bereitet der Umstand, dass zunehmend auch ältere Menschen wieder an Corona erkranken. In der vergangenen Woche wurden täglich 2000 Neuinfektionen bei über 60-Jährigen gemeldet, obwohl diese Gruppe zu 85 Prozent doppelt geimpft ist. Anders als in der Schweiz erhielten in Deutschland aber auch bereits 1,5 Millionen Betagte eine dritte Impfung zur Auffrischung ihres Immunschutzes. Mindestens 8,5 Millionen warten aber noch auf den «Booster».

Intensivmediziner sorgen sich angesichts des exponentiellen Anstiegs der Neuinfektionen bereits wieder wegen einer Überlastung der Spitäler. «Wir machen eins zu eins dieselben Fehler, die wir vor einem Jahr gemacht haben», sagte Christian Karagiannidis, Leiter des Intensivregisters, der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».

Kommt ein «Lockdown für Ungeimpfte»?

Noch liegen in Deutschland zwar erst 1700 Corona-Kranke auf der Intensivstation, nicht 6000 wie Ende letzten Jahres. Steigt die Inzidenz aber weiter wie zuletzt, kann sich dies schnell ändern. Die Gruppe der Umgeimpften ist mit rund 20 Millionen jedenfalls gross genug, um bei hohen Inzidenzen das Gesundheitssystem schnell wieder an seine Grenzen zu bringen. Im Vergleich zum letzten Herbst, so Karagiannidis, sei zudem ein Fünftel der Intensivpflegeplätze nicht verfügbar, weil das nötige Personal fehle.

Warner wie Karl Lauterbach (SPD) fordern deswegen Pflegeheime und Schulen dazu auf, die Maskenpflicht den ganzen Winter über beizubehalten und erneut systematisch zu testen. Auch eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, Lehrerinnen etwa oder Pfleger, wird diskutiert.

Nach dem Vorbild Italiens und Österreichs fordern erste Politikerinnen der Grünen und der SPD jetzt zudem eine rigorose Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz. Mehrere Bundesländer erlauben es, Ungeimpfte mittels 2G-Regeln vom Besuch von Restaurants oder Veranstaltungen auszuschliessen. Falls ein neuerlicher «Lockdown» nötig sein sollte, darin sind sich in Deutschland viele Staatsrechtlerinnen, Kommentatorinnen und Politiker einig, wird er ausschliesslich für Ungeimpfte gelten.