Japanisches Trendfood NattoExtrem gesund, aber schleimig
Die in Reisstroh fermentierten Sojabohnen sind eine uralte japanische Spezialität. Hat das Wabbelsoja bald einen festen Platz im Schweizer Müesli?

Japans zweifelsohne grossartige Spezialitäten brauchen ob ihrer Fremdheit und Komplexität oft Jahrzehnte, um sich im Ausland durchzusetzen. Da unterscheiden sich Sushi, Dashi, Miso oder Ramen wenig. Es ist also trotz aller Japanbegeisterung eher unwahrscheinlich, dass Natto – das angeblich nächste grosse Ding in der Foodszene – einen schnellen Siegeszug bei uns antreten wird.
Natto besteht aus gekochten Sojabohnen, die getrocknet und dann fermentiert werden (traditionell in Reisstroh, heute regeln das entsprechende Bakterienkulturen der Lebensmittelindustrie), um sie als Reistopping, Suppen- oder Salateinlage zu essen. Sie gelten als extrem gesund und werden auch von ersten europäischen Herstellern im Lebensmittelhandel angepriesen.
Wie Ridley Scotts Alien-Glibber
Wer zum ersten Mal ein Natto-Glas öffnet und harmlose Bohnen erwartet, muss allerdings stark sein. Der Inhalt sieht aus wie irgendwas zwischen Ridley Scotts Alien-Schleim, Halloween-Deko und den Gespinsten, die Lebensmittelmotten in Haferflockentüten weben.
Verantwortlich für die weisslichen, speichelartigen Ziehfäden zwischen dem Wabbelsoja ist das Bakterium Bacillus subtilis, das die Proteine der Bohnen in Glutaminsäure, also in Umami, umwandelt. Dabei ebenfalls entstehender Ammoniak und Schwefelverbindungen verleihen dem Ferment einen Geruch, der eine prägnante Schnittmenge aus Frittiertem, Vulkanlandschaft und getragenen Sportsocken bildet.

Streng genommen ist Natto kein Trendfood, sondern eine der ältesten Speisen der japanischen Küche. Tatsächlich gibt es zur gesundheitsfördernden Wirkung des Ferments viele Studien. Sein beispiellos hoher Anteil an Vitamin K2 soll den Knochenbau fördern. Zudem schreiben einige Forscher Natto eine vorbeugende Wirkung gegen Demenz, Krebs, Darmerkrankungen und Thrombosebildung zu.
Dafür aber müsste man sich erst an den fremden wie komplexen Geschmack gewöhnen. Vielleicht hilft eine alte Faustregel der Aromenlehre: Um wirklich zu beurteilen, ob einem etwas schmeckt, sollte man es 20-mal probieren. Dranbleiben also.
Natto hat salzige, süsse und herzhafte Noten sowie Anklänge von Blauschimmelkäse. Als Anfänger sollte man es vorsichtig dosieren, zum Beispiel als Salatwürze. Auch einem Frühstücksshake aus Milch, Getreide, Nüssen und Früchten kann 1 EL Natto eine interessante Tiefe verleihen. Und wem es eher um die Gesundheit geht, sollte Natto nur in kalten Gerichten einsetzen, Hitze macht viele der empfindlichen Inhaltsstoffe kaputt.
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