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Janis Moser in Florida
Hurrikane, vergifteter Wahlkampf – und mittendrin ein Hockey-Juwel aus der Schweiz

Tampa Bay Lightning defenseman Janis Moser (90) congrols the puck in front of Vegas Golden Knights right wing Keegan Kolesar during the third period of an NHL hockey game Thursday, Oct. 17, 2024, in Tampa, Fla. (AP Photo/Chris O'Meara)
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In Kürze:
  • Janis Moser wurde im Sommer unerwartet zu Tampa Bay transferiert.
  • In seiner neuen Heimat musste er wegen eines Hurrikans schon evakuiert werden.
  • Tampa Bay sorgte jüngst mit einer grosszügigen Bonuszahlung für Aufsehen.

Es ist nur ein Anruf. Doch er stellt das Leben von Janis Moser auf den Kopf. Ende Juni will er sich mit Freunden gerade auf den Weg ans Bieler Stadtfest Braderie machen, als sein Telefon klingelt. Kurz und knapp teilt ihm Utahs General Manager Bill Armstrong mit, dass er soeben im Tausch für einen anderen Spieler an Tampa Bay abgegeben wurde. Moser gibt den Inhalt des Gesprächs wie folgt wieder: «Hallo. Du wurdest getradet, der GM von Tampa Bay wird dich in fünf Minuten anrufen. Vielen Dank für alles. Tschüss.»

Natürlich wusste der Verteidiger um die speziellen Gepflogenheiten im US-Sport, als er diese aber erstmals selbst erlebt, überkommt ihn ein mulmiges Gefühl. «Ich habe Beziehungen zu Teamkollegen aufgebaut, bei einigen war ich an der Hochzeit, habe viel Zeit mit ihnen verbracht. Nach diesem Anruf habe ich gewusst: Mit 95 Prozent von diesen Leuten werde ich kaum mehr etwas zu tun haben.»

Bald einmal realisiert Moser jedoch, welche Tür da für ihn aufgegangen ist: Er spielt nun für eines der besten Teams in der NHL.

Von Weltklassespielern umgeben

Es ist ein weiteres Kapitel, das er seiner erstaunlichen Karriere hinzugefügt hat. Mit 17 sammelte Moser beim EHC Biel erste Erfahrungen in der National League, ein Jahr später gehörte er bereits zum Kern der ersten Mannschaft und wurde von Nationaltrainer Patrick Fischer für die WM aufgeboten. 2021, und nachdem er den Sprung nach Nordamerika gewagt hatte, wurde er nach nur 18 Spielen im AHL-Farmteam zu Arizona in die NHL beordert. Bald schon war er der Coyotes-Spieler mit der meisten Eiszeit.

Janis Jerome Moser vom EHC Biel, links, nimmt den Preis fuer den Youngster of the year von Patrick Graf, Leiter Corporates Postfinance, rechts, entgegen, bei den Swiss Ice Hockey Awards am Freitag, 2. August 2019 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Und nun also spielt er mit 24 an der Seite Victor Hedmans, einem der besten Verteidiger der Welt. Der Kontrast könnte grösser kaum sein. Die Arizona Coyotes waren gewissermassen das ungeliebte Stiefkind der NHL: überschuldet, unpopulär und weitgehend erfolglos. Immerhin konnte sich Moser in diesem Umfeld ohne Druck entwickeln. Als das Team auf diese Saison hin nach Utah dislozierte, ging er davon aus, weiterhin ein Teil von diesem zu sein. Verhandlungen wurden bereits geführt, Moser nahm gar einen Augenschein vor Ort – Teampräsentation vor Publikum inklusive. Das alles änderte sich mit dem Anruf von GM Armstrong.

Tampa Bay gilt als Vorzeigeorganisation in der NHL, 2020 und 2021 gewannen die Lightning den Stanley-Cup. Das spüre er jeden Tag, sagt Moser. «Es gibt hier gewisse Standards. Wenn ein Training nicht läuft, wird das nicht akzeptiert.» Das helfe jedoch im Spiel, «weil du weisst, dass du dadurch gut vorbereitet bist». Beeindruckt ist Moser von seinen Teamkollegen. Er erwähnt etwa Weltklassestürmer Nikita Kutscherow: «Wenn ich sehe, wie akribisch er an Details arbeitet, wie rigoros seine Vorbereitung ist, wird klar: Es ist kein Zufall, dass er zu den Besten der Welt gehört.»

Hinzu kommt die soziale Komponente, die ihn an seinem neuen Arbeitgeber beeindruckt. Miteigentümer Jeff Vinik – ein schwerreicher Investor – unterstützt mehrere karitative Projekte in Tampa. Als er im Oktober einen Teil seiner Anteile verkaufte, liess er alle fest angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran teilhaben – in Form eines Bonus zwischen 50’000 und 66’000 Dollar. Wobei damit jene gemeint sind, die rundherum alles in Schuss halten, etwa das Putzpersonal – nicht jedoch die ohnehin bereits gut bezahlten Spieler. Moser sagt: «Jeff Vinik gibt allen das Gefühl, dass sie wichtig sind.» Und das spüre man in der Stadt, die Unterstützung für die Lightning sei gross.

Lieber kein Wahlkampf in der Garderobe

Aber nicht nur auf dem Eis hat sich Moser gut eingelebt. Er fühlt sich wohl im sonnigen Florida, auch wenn er bereits die Schattenseiten des Lebens an der Küste kennen gelernt hat. Zwei Hurrikane fegten im Herbst über den Staat, «Milton» zog die Region Tampa übel in Mitleidenschaft: Flutwellen, anhaltender Regen und Tornados richteten schwere Schäden an und kosteten mehrere Menschenleben.

Moser, der zunächst in einer Hotelanlage wohnte, musste beim ersten Sturm evakuiert werden. «Aber ich hatte Glück und konnte bei einem Teamkollegen übernachten.» Anderen Mitspielern erging es schlechter. Das Wasser stand meterhoch in ihren Garagen, Autos gingen kaputt. Deshalb überrascht es einigermassen, dass diese jeweils im Herbst auftretenden Stürme nicht mehr jeden in Angst und Schrecken versetzen. Moser erzählt von Teamkollegen, die sich vor dem Unwetter zusammengetan hätten, um das Ganze gemeinsam auszusitzen. «Sie nennen es Hurricane Party.»

Mit ähnlichem Galgenhumor verfolgten die Spieler den Wahlkampf in den USA. Sie hätten sich einen Spass daraus gemacht, die Kandidaten zu parodieren, sagt Moser. Ernsthafte politische Diskussionen seien dafür kaum geführt worden. Der Seeländer erklärt sich das mit dem äusserst gehässigen Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris. «Viele halten sich zurück, wer möchte sich in der Garderobe schon positionieren, wenn das Thema dermassen polarisiert?», fragt Moser.

«Trump hat in den USA ein ganz anderes Image»: Janis Moser.

Seit 2021 lebt er nun schon in den USA, zuerst in Arizona, nun in Florida, zwei Bundesstaaten, in denen Trump viel Zuspruch erfahren hat. Telefoniert Moser mit seiner Familie, nimmt er durchaus wahr, wie negativ dessen Wiederwahl in der Schweiz aufgenommen wurde. Doch er sagt: «Trump hat in den USA ein ganz anderes Image. Was ich in Gesprächen festgestellt habe: Viele Amerikaner finden ihn zwar speziell, aber sehen in den Demokraten keine bessere Alternative.»

Das kommt für ihn nicht von ungefähr. Moser hat mit einem gewissen Unbehagen beobachtet, wie sehr das Thema Fake News den Wahlkampf begleitet hat. «Du bekommst hier den Eindruck, dass jeder TV-Sender Partei ergreift und es kaum unabhängigen Journalismus gibt.»

Gleichwohl möge er nicht schwarzmalen. Und zum US-Korrespondenten tauge er wohl auch nicht, meint er lakonisch. Lieber konzentriere er sich auf den Sport. Denn da hat Moser Grosses vor, er will mit Tampa Bay um den Stanley-Cup spielen. Und dann ist da noch ein anderes Projekt, das ihn beschäftigt: Vor ein paar Jahren hat er in der Heimat den Bootsführerschein gemacht. Doch weil dieser in den USA nicht gültig ist, muss er nun nochmals lernen. «Die Amerikaner haben nicht den grössten Respekt vor einer Prüfung, die auf dem Bielersee abgelegt wurde», sagt Moser und lacht.