Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

James Gruntz im Interview
«In der Schweiz werden Hits nicht gemacht, sondern nachgemacht»

James Gruntz: «Meine Partnerin holt die Kinder, ich mache Znacht, das ist der Deal». Gruntz hat als Vater sein Musikerleben neu organisieren müssen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Sieben Jahre sind seit dem letzten Album vergangen, jetzt ist James Gruntz zurück mit elf neuen Songs und einer ausgedehnten Tournee. Seine cool reduzierten Lieder sind allgemeines Kulturgut, mit «You» und «Heart Keeps Dancing» hat Gruntz für Aufsehen gesorgt: Swiss Music Awards, Chartsplatzierungen, ausverkaufte Konzerte.

Der 37-Jährige ist wieder nach Biel gezogen, wo er mit seiner Familie und den Schwiegereltern unter einem Dach lebt, im Parterre hat er sein Studio eingerichtet. Die Musikwelt ist mittlerweile eine andere, und auch die des Musikers selbst.

James Gruntz, 2017 erschien Ihr letztes Album, Sie sind in der Zwischenzeit Vater zweier Kinder geworden. Hat Sie die Familie vom Musikmachen abgehalten?

Nein. Ich bin vier Tage die Woche am Arbeiten.

Ihr letztes Album stieg auf Platz 5 der Charts ein. Wie viel Druck haben Sie sich beim jetzigen Werk gemacht?

Musik mache ich für mich, ein Album mache ich fürs Publikum. Auf meinem Handy sind sehr viele Songideen. Wenn ich allein auf einer Insel wäre, würde ich wohl einfach so weitermachen und kein Album veröffentlichen. Aber ich bin nicht allein auf einer Insel. Ich habe jetzt eine Familie und damit auch Verantwortung für andere.

Sprich: Es musste Geld reinkommen?

Geld zu verdienen, ist sicher ein Teil davon. Musik ist mein Beruf, ich mache nichts anderes und habe nie etwas anderes gemacht. Aber Geld kann nicht der Antrieb sein. Alle, die in der Schweiz Musik machen, tun das nicht, um reich zu werden. Sondern, weil sie gern Musik machen. Musik ist hier kein Business wie in anderen Ländern. Mit dem neuen Album kann ich jetzt wieder Konzerte spielen, das ist für mich entscheidend. Es ist sehr schön, Feedback zu erhalten.

Wenn Sie vier Tage die Woche an der Musik dran sind: Wie teilen Sie sich zu Hause Arbeit und Betreuung auf?

Ich arbeite 80 Prozent, meine Partnerin 70 Prozent. Montags ist mein Betreuungstag, da habe ich die Kinder. Ich bin jeweils von 8 Uhr morgens bis 17.30 Uhr im Studio, das nehme ich wirklich ernst. Meine Partnerin holt die Kinder aus der Kita, weil es für sie auf dem Arbeitsweg liegt. Ich mache dafür das Znacht parat. Das ist momentan unser Deal.

Swiss musician James Gruntz performs at the Gurten music open air festival in Bern, Switzerland, Thursday, July 16, 2015. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Kreativ sein zu Bürozeiten, funktioniert das?

Am schwierigsten ist es, pünktlich abends Schluss zu machen. Gerade, wenn ich mitten in einem Prozess stecke. Für die Beziehung ist das nicht immer einfach.

Weshalb?

Man muss sich die Zeit als Paar nehmen, die kommt nicht von allein. Songs zu schreiben, kann aber einnehmend sein, es lässt sich nicht exakt planen und verfolgt mich auch, wenn ich nicht gerade am Klavier sitze. Es kommt oft vor, dass ich abends nochmals ins Studio verschwinde. Und wenn eine gute Idee kommt, dann muss ich sie möglichst in dem Moment umsetzen.

Dafür braucht es Verständnis seitens Ihrer Partnerin.

Ja. Die Schwiegereltern wohnen aber auch im Haus, das ist ein Vorteil. Und weil das Studio im Parterre ist, nehme ich abends einfach das Babyphone mit, wenn meine Partnerin unterwegs ist.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Sie schreiben also laufend und an mehreren Tagen pro Woche Lieder. Da haben Sie doch Unmengen an Material zusammen?

Ja, es sind Hunderte Ideen. Ich nehme sie auf dem Handy auf und lade sie dann auf meinen Laptop. Dort bin ich sehr gut organisiert. Ich habe ein klares System, wie ich die Aufnahmen ordne.

Sie haben Songs geschaffen, die am Radio rauf und runter liefen und Millionen Streams erreichten. Nach mehreren Singles ist der nächste Hit bisher ausgeblieben. Was braucht es in der Schweiz für einen Hit?

Gute Songs werden geschrieben, Hits werden gemacht. Das braucht Arbeit und Kontakte, Videos, Engagement auf Social Media. In der Schweiz läuft es aber oft anders. Hier werden Hits nicht gemacht, sondern nachgemacht. Wenn eine Künstlerin oder ein Künstler möglichst gut imitiert, was gerade erfolgreich ist, dann kommt es in die Radios. Die Radios haben immer noch grossen Einfluss. Ich will lieber die Musik machen, die aus mir heraus kommt.

«Streaming gibt Musikerinnen und Musikern mehr Freiheit.»

Warum hat es früher geklappt? «Heart Keeps Dancing» oder «You» haben es in die Single-Charts geschafft und Goldstatus erreicht.

Zufall? Ich weiss es nicht. Und es ist auch zu früh, um zu sagen, dass auf dem neuen Album kein Hit ist. Das kann sich noch entwickeln. Wir haben gute Platzierungen auf Playlists in Deutschland erreicht. Was schön ist: Heute gibt es die Radio-Hits und die Streaming-Hits. Das sind oft ganz unterschiedliche Typen von Songs. Streaming gibt Musikerinnen und Musikern mehr Freiheit. Ich bin sicher sehr geprägt vom Radio, von der klassischen Popstruktur. Ich will schon Lieder schreiben, die im Radio funktionieren. Aber es gibt für mich auch eine Grenze, wie sehr man sich dem unterwerfen will. Ich will nicht alles machen, nur damit es dem Schweizer Radiomuster entspricht.

Wie sehr profitieren Sie finanziell noch von den bereits veröffentlichten Songs?

Da kommt vom Streaming und der Suisa schon stetig etwas rein. Aber wenn ich ein Album mache, dann kostet mich das vor allem. Ich muss investieren. Und ich kann nicht erst damit anfangen, wenn alles Ersparte schon aufgebraucht ist, sonst hätte ich ein Problem.

«Früher war es einfacher, egoistisch zu sein», sagt James Gruntz zum Schaffensprozess.
Foto: Lara Zehnder

Viele Musikkarrieren sind kurz. Sie sind jetzt schon 17 Jahre dabei. Wie gelingt das?

Entscheidend ist, dass man es nicht zu sehr für andere macht. Ich muss selbst zufrieden sein damit.

Ist Musikmachen egoistisch?

Zu einem gewissen Grad sicher. Das wird aber von Menschen, die Musik machen, auch erwartet. Sie müssen nah bei sich sein, sich gut spüren, sensibel sein, und das dann verarbeiten. Früher war es für mich einfacher, egoistisch zu sein. Da konnte ich sieben Tage die Woche Songs schreiben und auch eine Weile abtauchen, wenn ich ein Album produzieren wollte. Das geht jetzt nicht mehr. Jetzt stehen halt plötzlich die Kinder im Studio. Was natürlich sehr schön ist, ich will mich da gar nicht abgrenzen. Ich schliesse die Tür nicht ab.

Was machen Sie zum Ausgleich?

Joggen. Mein Ziel sind jeweils 1500 Kilometer im Jahr, das macht gut 30 Kilometer pro Woche. Joggen ist für mich die ultimative Entspannung.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

James Gruntz: «Blink Twice» ist jetzt erhältlich. Live: 14.11. Luzern, 15.11. Aarau, 16.11. Chur. Weitere Daten bis April 2025.